Führerschein-Causa Vorarlberg 2025 – Chronologie einer Affäre
Ein ehemaliger Fahrprüfer packte aus und berichtete, dass Prüfer Kandidaten willkürlich durchfallen lassen konnten – "egal wie gut er fährt", wie der Ex-Prüfer sagte. Recherchen zeigten auffällig hohe Durchfallquoten von fast 50 Prozent - das ist der österreichweite Negativrekord.
Der Verdacht: Ein Netzwerk von Fahrprüfern (darunter auch Beamte wie Polizisten und sogar Richter) könnte absichtlich viele Fahrschüler durchfallen lassen, um an Wiederholungsprüfungen mitzuverdienen. Diese Führerschein-Causa erschütterte das Vertrauen in die Fairness der Prüfungen sofort massiv.
Binnen kurzer Zeit berichteten auch nationale Medien darüber, und die Affäre wurde zu einem bundesweiten Thema.
Politische Reaktionen und erste Maßnahmen
Die Enthüllungen schlugen hohe Wellen in Vorarlberg und darüber hinaus. Es kam ans Licht, dass einige Prüfer erhebliche Nebeneinkünfte erzielten – teils bis zu 50.000 Euro jährlich – durch ihre Prüfertätigkeit.
Dieser mögliche Interessenkonflikt alarmierte die Politik. Landeshauptmann Markus Wallner und Landesstatthalter Christof Bitschi, zeigten sich empört. "Die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger haben ein Recht auf faire Fahrprüfungen", betonten sie. Beide versprachen maximale Transparenz bei der Aufklärung.
Bereits Mitte August wurden erste Konsequenzen gezogen: Alle Polizisten und Staatsanwälte in Vorarlberg, die nebenbei als Fahrprüfer tätig waren, wurden umgehend von Prüfertätigkeiten abgezogen, um jeden Anschein von Befangenheit zu vermeiden.
Parallel präsentierte die Landesregierung ein erstes Maßnahmenpaket, um das Prüfungssystem gerechter zu gestalten und weiteres Fehlverhalten zu verhindern.
Zu den angekündigten Schritten gehörten:
- Begrenzung der Prüfungen pro Prüfer: Max. 40 Prüfungen pro Monat und höchstens zwei Prüfertage im Monat für Landesbedienstete, um übermäßige Prüfungsaktivität und Verdienstmöglichkeiten einzuschränken.
- Externe Qualitätskontrollen: Regelmäßige Audits der Prüfer durch Kontrolleure aus anderen Bundesländern statt durch Vorarlberger Kollegen. Auch die Kommission zur Aufnahme neuer Fahrprüfer sollte um externes Personal erweitert werden, um Vetternwirtschaft vorzubeugen.
- Transparente Neubesetzungen: Geplante öffentliche Ausschreibungen für neue Fahrprüferposten, um zusätzliches Personal zu gewinnen und die Prüfkapazitäten zu sichern.
Mit diesen Maßnahmen wollte man die Objektivität erhöhen und gleichzeitig das Prüfungsangebot stabil halten. "Wir wollen Verbesserungen umsetzen und sicherstellen, dass auch in Zukunft ausreichend Fahrprüfer zur Verfügung stehen", erklärten Wallner und Bitschi gemeinsam.
Untersuchung und Folgen
Trotz der raschen Gegenmaßnahmen riss die Diskussion nicht ab. Die Vorwürfe wurden politisch aufgearbeitet: Die Opposition – allen voran SPÖ, Neos und Grüne – forderte volle Aufklärung.
SPÖ-Klubobmann Mario Leiter drängte auf einen Kontrollausschuss im Landtag, um die Causa parlamentarisch zu untersuchen. Er und andere kritisierten, dass das Vertrauen in staatliche Verfahren durch den Verdacht der Willkür schwer erschüttert worden sei und sprachen von möglichen "Geschäftsmodellen" zulasten der Prüflinge.
Politik in Erklärungsnot
Tatsächlich beschloss der Landtag noch im September 2025 die Einsetzung dieses Kontrollausschusses. In einer Sitzung Mitte September wurden die bekannten Fakten und Verantwortlichkeiten beleuchtet. Dabei kam heraus, dass jahrelang Beschwerden über strenge Prüfer bei der Verkehrsrechtsabteilung des Landes eingegangen waren – sogar direkt an Verkehrslandesrat Marco Tittler –, ohne dass sich etwas änderte.
Im Gegenteil: Die Durchfallquoten stiegen in den letzten Jahren weiter an. Grünen-Abgeordnete Eva Hammerer sprach von einem möglichen "Machtzirkel" rund um diese Abteilung und forderte, die Reaktion der politisch Verantwortlichen auf die Warnsignale offenzulegen.
Im Ausschuss selbst mussten dann hochrangige Auskunftspersonen Rede und Antwort stehen, darunter der Leiter der Verkehrsrechtsabteilung, die Landesrechnungshofdirektorin, der Landesvolksanwalt sowie Vertreter der Fahrschulen. Auch Landesrat Tittler und Landesstatthalter Bitschi wurden vor dem Gremium befragt, ebenso indirekt Landeshauptmann Wallner – ein ungewöhnlicher politischer Druck, der den Ernst der Lage widerspiegelte.
Chaos nach Prüfer-Flucht in Vorarlberg
Während die Untersuchungen liefen, zeigten sich spürbare Folgen im Prüfalltag. Da mehrere Prüfer (insbesondere nebenberufliche Polizisten und Juristen) aufgehört hatten, drohte ein Prüfermangel. "Wenn eine Firma plötzlich um ein Drittel weniger Mitarbeiter hat, gibt es natürlich Chaos", erklärte Bitschi die angespannte Lage.
Fahrschulen berichteten von zahlreichen verschobenen Prüfterminen und Prüflingen, die aus Verzweiflung in andere Bundesländer auswichen, um dort ihre Fahrprüfung abzulegen. Gleichzeitig deutete sich jedoch an, dass die Vorwürfe Substanz hatten: "Über Nacht" halbierte sich die Durchfallquote in Vorarlberg nahezu. Lag die Misserfolgsquote 2024 noch bei rund 48 Prozent, sank sie nach den Enthüllungen und Umstellungen zeitweise auf etwa 24 Prozent.
Mit anderen Worten: Plötzlich bestanden drei von vier Prüflingen auf Anhieb, während zuvor fast jeder Zweite durchgefallen war. Diese dramatische Verbesserung werteten viele als letzten Beweis dafür, "dass es [vorher] Willkür war", wie ein Branchenkenner es formulierte. Die Fahrlehrer im Land begrüßten zwar die faireren Bedingungen, beklagten aber weiterhin ein "Chaos" im System und lange Wartezeiten für Prüftermine. Für Unternehmen wie Speditionen, die dringend Fahrer suchten, war der Führerschein-Stau ebenfalls problematisch.
Abschluss der Causa
Ende Oktober 2025 folgte der formale Schlusspunkt der Führerschein-Affäre. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck, welche die Ermittlungen aus Neutralitätsgründen übernommen hatte, gab am 28. Oktober 2025 bekannt, keinen Anfangsverdacht für strafbare Handlungen zu sehen. Damit wurde die Führerschein-Causa strafrechtlich ad acta gelegt. Zur Begründung hieß es, dass trotz fragwürdiger Praktiken kein gerichtsfestes Beweismaterial für Amtsmissbrauch oder Korruption vorliege.
Das Amt der Vorarlberger Landesregierung hatte zwar "unaufgefordert zahlreiche Prüfungsprotokolle" der Jahre 2024/25 von zwei betroffenen Prüfern an die Ermittler übermittelt. Diese Unterlagen und die Überprüfung durch das Oberlandesgericht Innsbruck ergaben jedoch kein klares Indiz für vorsätzliche Gesetzesverstöße – etwa Bestechung oder abgesprochene Manipulationen –, sondern "nur" ein extremes Ausreizen des Ermessensspielraums. Somit blieb es bei politischen und administrativen Konsequenzen, strafrechtliche Folgen gab es keine.
(VOL.AT)
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