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Friseure am Abgrund: Christoph Schobel reicht's!

Friseur Christoph Schobel aus Höchst hat genug und richtet einen Wut-Brief an den Bundeskanzler.
Friseur Christoph Schobel aus Höchst hat genug und richtet einen Wut-Brief an den Bundeskanzler. ©handout/Schobel
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Landes-Innungsmeister Stellvertreter Christoph Schobel (Salon Haarscharf Höchst) richtet sich in einem emotionalen Wut-Brief an den Bundeskanzler und hochrangige Politiker.

Besonders hart trifft der Lockdown Branchen, die Dienstleistungen direkt am Körper erbringen, z.B. Tattoo-Studios, Kosmetiker oder eben die Friseure. Einer davon ist Christoph Schobel, Landesinnungsmeister Stellvertreter der Friseure Vorarlberg. "Jeden Tag rufen uns Kunden an, die verzweifelt auf der Suche nach einem Haarschnitt sind. Auch teilweise unmoralische Angebote sind im Spiel, die wir selbstverständlich ablehnen. Wir würden einfach gerne unserem Beruf nachgehen, natürlich auch unter den Hygienebestimmungen", erklärt der passionierte Friseur. Außerdem würde die Situation die Schwarzarbeit beflügeln, auch wenn hohe Strafen drohen. Ein Salon z.B. kann mit bis zu 30.000 Euro Strafe rechnen, wenn er im Lockdown die Pforten öffnet. Aktuell hält man den Betrieb mittels Kurzarbeit, Ausfallbonus und Härtefallfonds über Wasser, die Luft wird aber immer dünner. Der Höchster Salonunternehmer macht seinem Ärger in Form eines emotionalen Briefes an den Kanzler Luft.

Hier der Brief im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,  

Ich bin selbständig und  habe seit 1999 ein Friseurunternehmen. Aktuell habe ich sechs Mitarbeiter. Wir haben schon nach dem ersten Lockdown, wie auch alle anderen Friseure, die Hygienemaßnahmen, die uns von Ihrer Regierung vorgeschrieben worden sind, eingehalten. Es gab nur eine begrenzte Anzahl an Kunden im Geschäft, was es für uns zusätzlich schwer gemacht hat, den Umsatz zu generieren, den wir benötigen, um alles am Laufen zu halten. Wir haben aber trotzdem die Regeln strikt eingehalten und pro Kunde zehn Quadratmeter Salonfläche verwendet. Nach jedem Kunden wurde alles desinfiziert. Friseurstuhl, Werkzeuge usw. Es wurde nach jedem Kunden der Schneideumhang sofort entfernt und mit 60 Grad und einem Desinfektionswaschmittel gewaschen.

Alle tragen bei uns Masken und das nun bald schon ein Jahr. Ich weiß nicht, ob sie auch 8 bis 10 Stunden am Tag permanent eine FFP2-Maske tragen und somit wissen wie schwer es ist,  gerade für Leute, die mit Allergien zu kämpfen haben, Luft zu bekommen.

Trotzdem haben wir auch das gemacht. Wir Friseure haben keine Chance, über einen Onlinehandel Geld zu generieren. Wir leben von der Dienstleistung. Dem Dienst am Kunden. Ohne das verdienen wir kein Geld.

Warum darf ein Physiotherapeut arbeiten und wir nicht? Näher am Kunden als ein Physiotherapeut sind wir auch nicht und wir erfüllen genauso alle Richtlinien, die uns von Ihrer Regierung aufgetragen wurden. Wir machen das alles, auch wenn es uns sehr viel Geld und wertvolle Zeit kostet. Zeit, die wir eigentlich dem Kunden schenken sollten. Können sie sich vorstellen, wieviele Kunden uns täglich kontaktieren und fragen, ob wir Ihnen die Haare schneiden können? 

Wir erklären das den Kunden immer und immer wieder, das, wir das nicht dürfen und auch auf KEINEN FALL machen.

Da kommt dann allerdings ein ziemliches Unverständnis von den Kunden in Bezug auf das, was sie vom Fernsehen her kennen. Sie sehen unsere Regierung, unsere Spitzenpolitiker und ALLE sind top-frisiert und haben die Haare geschnitten.

WIE DAS???? Haben sie eine Ausnahme-Genehmigung für einen perfekten Haarschnitt, obwohl ALLE Friseure in ganz Österreich NICHT arbeiten dürfen?

Wieso läuft das mit den Friseuren nicht so wie z.B. in der Schweiz? Dort erfüllen die Friseure so ziemlich genau wie bei uns die Anforderungen, die Ihnen vom Bundesrat gestellt worden sind, und dürfen dann geöffnet haben.

Hier geht es ja definitiv um mehr, als sich nur die Haare zu kürzen. Alle Menschen haben ein sehr schwieriges Jahr hinter sich. Bei allen hat die Corona-Situation an den Nerven und an der Seele gekratzt.

GENAU dort, kann der Friseur ein wertvoller Freund und Helfer sein. Die Leute blühen auf, wenn sie frisch frisiert vom Stylisten kommen. Das macht ihnen Freude und ist Balsam für die Seele. Etwas, was in der jetzigen Zeit sehr, sehr wichtig wäre. Ich denke, das wird ja auch noch eine ganze Weile dauern mit Corona und genau darum wäre unser Dienst an den Mitmenschen so WICHTIG.

Wir bewirken etwas sehr Positives bei den Menschen, was Ihnen Kraft gibt in dieser schwierigen Situation, wieso helfen sie uns nicht, dieses kleine Wunder zu sein.

Lassen Sie uns endlich wieder unserer Berufung, unsere Mission, nachgehen und ein bisschen Licht in diese Zeit bringen.

Helfen Sie uns und lassen Sie uns endlich am 8. Februar 2021 wieder unsere Geschäfte aufsperren, damit nicht nur die Toppolitiker in den Genuss dieses schönen Gefühls kommen.

Hochachtungsvoll 

Schobel Christoph 

LIMST. der Vorarlberger Friseure

Adressiert wurde der Brief an folgende Empfänger:
Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Norbert Hofer, Rendi-Wagner, Karlheinz Kopf, Landeshauptmann Markus Wallner, Arbeitsminister Martin Kocher, Wirtschaftslandesrat Marco Tittler, Bundesministerin Schramböck, Klubobfrau Beate Meinl, Wirtschaftskammerpräsident Mahrer, BIM Wolfgang Eder, Vorarlberger WKO Präsident Hans Peter Metzler, Präsident der Intercoiffeure Österreich Andi Innfeld und LIM Günther Plaickner.

(VOL.AT)

Alle Infos zur Corona-Pandemie im VOL.AT-Special.

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