Tochter und Enkelin wollten das großmütterliche Haus in Satteins gemeinsam nutzen. Sanierung und Ausbau waren unabdingbar. Architektin Catharina Fineder befreite den Bestand sehr behutsam von seiner vormaligen Schwere und setzte ein unorthodoxes, neues Dach auf. Eine gedämmte, hinterlüftete Fassade aus silbergrauer Fichte, Dreischeibenverglasung und Erdwärmepumpe reduzierten den Energieverbrauch auf ein Zehntel, sehr zufrieden wohnen beide nun gartennah und im luftigen Loft unterm Dach.
Die Familie ist voller starker Frauen, beim Hausbau stand die Großmutter der jüngeren Bauherrin selbst an der Mischmaschine. Das Haus steht in Satteins auf einem trapezförmigen Grundstück, das nach Osten zur Straße hin stark abfällt. Daher sind Garage, Vor- und Hobbyraum auf Straßenniveau, obwohl sie für die darüberliegende Wohnebene den Keller bilden. Erstere setzt rückseitig direkt am Felshang auf. Die Küche, das gesellige, nährende Herz des Familienlebens, liegt privilegiert im Südwesten am Garten, Schlaf und Kinderzimmer waren im Norden, das Wohnzimmer im südöstlichen Eck angeordnet, das Dach blieb ungenutzt. „Ich habe großen Respekt vor dem Haus, die Oma machte vieles selbst“, sagt die Enkelin. Als die Oma ins Altersheim musste, zog sie, die nie in einem Dorf leben wollte, "probehalber" ein. Sie freundete sich bald mit Satteins an. "Es liegt auf der Sonnenseite, man hat die Berge vor der Tür und ist aber auch sehr rasch in Feldkirch." Während der Corona-Lockdowns schätzte sie diese Nähe zur Natur noch mehr.
Das Haus musste saniert werden, ein guter Anlass zu Ausbau und Nachverdichtung. Tochter und Enkelin wollten es – jede in ihrer eigenen, autonom zugänglichen Wohneinheit – gemeinsam nutzen. Die Recherche nach einer Architektin führte zu Catharina Fineder. Sie verstanden sich auf Anhieb. Im Bestand gab es einen "altmodischen Spannteppich", die Stiege hatte schmiedeeiserne Geländer und einen grauen Teppichläufer, alles wirkte dunkel. Es wurde mit Gas geheizt, die Bauherrinnen wollten Erdwärme nutzen und wünschten sich Holz als Baumaterial.
Der Bebauungsplan zählt die Garage als Vollgeschoß, obwohl sie schon im Erdreich steckt und flächenmäßig etwa die Hälfte der darüberliegenden Wohnebene ausmacht. Diese gilt als erster Stock. Für den Umbau bedeutet das, dass man kein ganzes Geschoß aufbauen kann. "Wir haben sehr früh um eine Ausnahme angesucht", sagt Fineder. "Ich will nicht, dass meine Bauherrinnen in Zukunft Probleme bekommen. Architektur muss technisch einwandfrei geplant sein." Dem Ansuchen wurde stattgegeben, die mittlere Traufhöhe durfte 7,2 Meter betragen. Genug für einen Dachausbau.
Statt des alten Dachstuhls setzte die Architektin einen Holzriegelbau auf den Bestand, dessen Tragfähigkeit sie von einem Statiker prüfen ließ. Um einen schönen, hochwertigen Lebensraum zu schaffen, wählte sie eine sehr unkonventionelle Dachform. Sie behielt die alte Traufkante im Norden bei, drehte den First um 90 Grad und ließ im Südwesten eine Sonnenterrasse aus der Dachfläche ragen. Eine einläufige Außentreppe aus Streckmetall führt seitlich an der Nordfassade nach oben, wo das überdachte Podest zum MiniBalkon vor dem Eingang wird. In der Wohnküche spielt die spezifische Dachform ihren subtilen Reiz aus. Zwei flachwinkelige Grate schaffen einen sehr besonderen Raum. Die Mutter, die hier wohnt, ist Sportlehrerin. Das luftige Loft hat noch weitere drei Zimmer – in einem steht das Trampolin – und ein Bad. Es lässt sich gut zu mehreren hier wohnen.
Der Grundriss in der unteren Wohnung blieb weitgehend gleich, auch die Fensteröffnungen wurden übernommen. Zwei Durchbrüche schaffen eine durchlässige Verbindung zwischen Wohnzimmer, Vorraum und Küche, die nach Westen hin etwas erweitert wurde. Ein Stahlträger ermöglicht, dass sich im Süden eine Glaswand mit Schiebetür zur Sonnenterrasse am Garten öffnen kann. 16 cm Mineralwolledämmung, Holzaluminiumfenster mit Dreischeibenglas und eine Wärmepumpe mit Tiefenbohrung verbessern die Energiebilanz eklatant. Von vormals 296 kWh/m2 und Jahr sank der Heizwärmebedarf auf 29,5 kWh/m2 im Jahr. Das ist jetzt wertvoller als je vermutet.
Die neue Fassade aus grau lasierten, schmalen, vertikalen Fichtenlatten gibt dem Haus eine unaufdringliche Eleganz, im Osten wurde ein offener Carport angebaut, dessen bepflanztes Dach den Garten erweitert. Catharina Fineder plante auch das Innere. Weiße Wände, Eichenparkett, eigens entworfene Möbel und Regale aus Weißtanne schaffen eine freundliche Atmosphäre, viele aufmerksame Details sind zu entdecken. Wandregale umarmen das Fenster, unter dem ein Regalbord zur Sitzbank mutiert – die perfekte Lesenische!
Daten und Fakten
Objekt Haus P.
Architektur Catharina Fineder, Feldkirch www.catharinafineder.com
Statik Ing. Gehrer, Höchst
Fachplanung Bauphysik: BDT, Frastanz; Baustellenkoordination: Kurt Gau, Feldkirch
Planung 05/2020–02/2021
Ausführung 02/2021–12/2021
Grundstück 669 m²
Nutzfläche 240 m² (zzgl. Keller)
Bauweise Bestand Keller/Erdgeschoß in Massivbauweise; Dachgeschoß Holzständerbauweise; Sparrendach ausgedämmt; hinterlüftet mit Stehfalzeindeckung; Fassade gedämmt mit hinterlüftetem Holzschirm; Fenster: Holz-Alu; Garage: Stahlbeton mit begrüntem Flachdach; Heizung: Erdwärme über Fußbodenheizung
Ausführung Baumeister: Moosbrugger, Lauterach; Zimmerer: Sutter, Ludesch; Spengler: Entner, Rankweil; Fenster/Innentüren: Stuchly, Thüringen; Trockenbau: Milan, Rankweil; Verputz: Preite, Bürs; Böden: Inbau, Klaus; Fliesen: Willi Matt, Sulz; Schlosser: Werkraum, Göfis; Heizung: Stadelmann, Alberschwende; Elektro: Kollmann, Rankweil; Garten: Heel, Satteins
Energiekennwert 29,5 kWh/m² im Jahr (HWB)
Text: Isabella Marboe | Fotos: Petra Rainer
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