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Frankreich: Sarkozy hat 53,06 Prozent

Nach seinem klaren Wahlsieg will der künftige französische Präsident Nicolas Sarkozy eine parteiübergreifende Regierung ernennen. Ergewint mit 53,06 Prozent. Sieger und Verlierer | Royal mahnt Partei | Pressestimmen zur Wahl | Deutsch-französische-Kooperation | Fischer gratuliert | Gusenbauer hofft auf Dynamisierung

Dem Kabinett werden Vertreter des Zentrums und Persönlichkeiten aus dem linken Lager angehören, wie Sarkozys Berater Francois Fillon ankündigte, der als Favorit für das Amt des Premiers gilt. Sarkozys Wahlkampfchef Claude Gueant versprach am Montag rasche Reformen. Die befürchteten Unruhen blieben in der Nacht aus. Die Polizei meldete in einer ersten Bilanz 367 brennende Autos und 270 Festnahmen, aber keine „großen Krawalle“ in den Problemvierteln.

Sarkozy setzte sich in der Stichwahl um das höchste Staatsamt mit 53,06 Prozent der Stimmen gegen die Sozialistin Segolene Royal mit 46,94 Prozent durch. Die Entscheidung über den Nachfolger von Staatspräsident Jacques Chirac lockte mehr als 37 Millionen Wähler an die Urnen. Die Beteiligung erreichte mit 83,97 Prozent den höchsten Wert seit der Stichwahl zwischen dem Sozialisten Francois Mitterrand und Chirac im Jahr 1988.

„Die Franzosen erwarten, dass wir schnell handeln“, sagte Gueant gegenüber dem Sender RTL. Das neue Kabinett werde Ausdruck der Erneuerung sein. Sarkozy zog sich nach dem Wahlabend zunächst aus der Öffentlichkeit zurück. Der künftige Staatschef werde sich eine Auszeit von einigen Tagen nehmen, erklärte Fillon am Sonntagabend. Dem Vernehmen nach will der konservative Politiker auf Korsika entspannen und die Übernahme des Präsidialamtes am 16. Mai vorbereiten.

Fillon erklärte, die neue Regierung werde am 19. oder 20. Mai ihre Arbeit aufnehmen. Sie soll zunächst nur 15 Minister umfassen und nach Geschlechtern paritätisch besetzt sein. Die Opposition richtete den Blick unterdessen auf die Parlamentswahl im Juni. Der Vorsitzende der Sozialisten, Francois Hollande, rief seine Partei auf, einig in den bevorstehenden Wahlkampf zu ziehen und sich jetzt nicht in Machtkämpfen zu verlieren. Die Sozialisten setzten für Samstag einen Kleinen Parteitag an.

Bereits am Wahlabend war aus der PS Kritik an Royal laut geworden, die selbst den Anspruch auf eine Führungsrolle anmeldete. Der frühere Wirtschafts- und Finanzminister Dominique Strauss-Kahn versicherte am Montag zwar, dass er keine Köpfen rollen sehen wolle. Doch müsse sich die Linke inhaltlich grundlegend reformieren. Der Parteilinke Laurent Fabius forderte, die PS müsse mit einer kollegialen Führung in die Parlamentswahl ziehen. Darin habe auch Royal ihren Platz.

Sarkozy-Berater Patrick Devedjian sagte, die von ihm gewünschte „starke Mehrheit“ für den neuen Staatschef solle „nicht alle Macht“ haben. „Wir wollen die Machtverteilung im Parlament neu ausgleichen“, betonte Devedjian. An die Adresse von Sozialisten-Fraktionschef Jean-Marc Ayrault gerichtet sagte er: „Wir reichen Ihnen die Hand. Wie wollen die Dinge mit Ihnen ändern. Dafür müssen Sie nicht die Wahlen gewinnen.“ Ayrault hatte sich besorgt gezeigt, dass unter Sarkozy alle Macht in einer Hand gebündelt werde.

In der Nacht nach der Wahl wurde landesweit 270 Menschen festgenommen. Insgesamt habe es keine „großen Krawalle“ in den Problemvierteln gegeben, erklärte die Polizei. Nur vereinzelt hätten kleinere Gruppen Autos und Mülltonnen in Brand gesteckt. In den Stadtzentren unter anderem von Lyon, Nantes, Paris, Toulouse und Rennes seien Kundgebungen in Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften ausgeartet. Landesweit protestierten laut Polizei rund zehntausend Menschen auf diese Weise gegen Sarkozys Wahl. Tausende zusätzliche Polizisten waren im Einsatz, um Ausschreitungen zu verhindern.

Zahlreiche internationale Spitzenpolitiker übermittelten dem Wahlsieger ihre Glückwünsche. US-Präsident George W. Bush, der britische Premier Tony Blair und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierten Sarkozy telefonisch. Der israelische Regierungschef Ehud Olmert zeigte sich überzeugt, dass die Beziehungen seines Landes zu Frankreich unter Sarkozy enger würden. Zurückhaltend reagierte Russland, weil der künftige Präsident für seine transatlantischen Sympathien bekannt sei.

Bundespräsident Heinz Fischer verwies in einem Glückwunschschreiben auf die „weit in die Geschichte zurückreichenden engen und vertrauensvollen Beziehungen“ zwischen Frankreich und Österreich. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) sagte, er erhoffe sich eine Dynamisierung in der EU, da sich nach dem Urnengang wieder die politischen Verhältnisse stabilisieren sollten. ÖVP-Bundesparteiobmann Wilhelm Molterer erinnerte am Sonntagabend an die Schlüsselrolle Frankreichs bei wichtigen Fragen in der EU.

BZÖ-Klubobmann Peter Westenthaler bezeichnete das Wahlergebnis als „klare Absage gegen einen Linksruck“. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, wertete Sarkozys Erfolg als „Rückschlag für ein soziales und ökologisches Europa“ und sah auch einen Rückschlag für die EU-Verfassungsdebatte. Der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer erklärte am Montag in einer Aussendung, nach der Wahl Sarkozys sei abzuwarten, ob seinen Worten von einer privilegierten Partnerschaft mit der Türkei auch Taten folgen würden. Aufklärungsbedürftig sei die Haltung des künftigen französischen Präsidenten zur EU-Verfassung.

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