Fotos im Netz: Kickls blaue Wahlparty ohne Presse und mit Rechtsextremen

Zwar ist die FPÖ nicht viel stärker als unter Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache, doch hat Kickl den Wählerpool weit rechts zusammengehalten, während sich die Parteien links und in der Mitte zersplitterten.
Rechts von der FPÖ hat nichts mehr Platz
Dies ist strategisch gesehen wohl die größte Leistung des nicht unbedingt zum Strahlemann taugenden Spitzenkandidaten. Während sich Vorgänger stets von den ganz rechten Bewegungen zu distanzieren versuchten, hat Kickl keinerlei Berührungsängste etwa zu den Identitären. Die FPÖ wurde so positioniert, dass rechts von ihr keine Konkurrenz mehr wachsen konnte.
Kickl über Haider: "Ich glaube, er wäre stolz auf uns"
Deutlich wurde dies auch bei der blauen Wahlparty am Sonntag in einem Wiener Bierlokal. Den Höhepunkt erreichte die Stimmung erwartungsgemäß, als Kickl eintraf. "Genießt es alle miteinander, saugt es auf mit jeder Faser eures Körpers, es ist ein Stück Geschichte, dass wir heute geschrieben haben", lautete sein Appell. Auch sein politisches Vorbild Jörg Haider, dessen Ergebnis die FPÖ getoppt hatte, blieb nicht unerwähnt: "Ich glaube, er verzeiht es uns. Ich glaube sogar, er wäre stolz auf uns."
Journalisten mussten Party nach Kickl-Rede verlassen
"Ihr braucht euch keine Sorgen machen, diese 29 Prozent sind gut investiert", meinte Kickl außerdem in Hinblick auf eine mögliche blaue Regierung. "Wir haben eine Tür aufgestoßen zu einer neuen Ära." Danach wollte die FPÖ alleine feiern und bat alle Medienvertreter und -vertreterinnen, das Lokal zu verlassen.
Die Party danach: Kickl Arm in Arm mit Identitären
Auf der Wahlparty, bei der anschließend ohne Presse weitergefeiert wurde, fanden sich auch mehrere Mitglieder der Identitären, die ausgelassen mit Herbert Kickl den Wahlsieg feierten. Im Netz kursiert ein Foto von Kickl und einem Mann mit einer Handgeste, die von rechtsextremen Gruppen als Code für "White Power" verwendet wird. Die drei abgespreizten Finger stehen dabei für ein "W", Daumen und Zeigefinger sollen ein "P" symbolisieren. Das ursprüngliche "Okay"-Handzeichen wird seit 2017 zunehmend von extremen Rechten gekapert.
Einer der auf den Bildern identifizierten Männer scheint auch eine Rolle bei einer Darbietung vor den Räumlichkeiten der FPÖ-Wahlparty gespielt zu haben.
Strategisches Denken und plumpe Slogans
Strategisches Denken zeichnete Kickl schon aus, als er Haiders Gagschreiber war und später etliche Wahlkämpfe für die Freiheitlichen leitete. Auch wenn sich der FP-Chef gerne selbst als Philosoph gibt, scheute er nie vor noch so plumpen Slogans zurück.
Corona und "Wokeness" als willkommene Themen
Geschickt nutzte der Kärntner die Corona-Pandemie, während der er vom Lockdown-Rufer zum Impf-Verweigerer wurde, um für seine Partei ein neues, stimmenbringendes Thema aufzubereiten. Auch die negative Grundstimmung vor allem der ländlichen Bevölkerung gegenüber der "political correctness", von ihm als "Wokeness" bekämpft, nahm Kickl entschlossen auf.
Thema Ausländer im Basis-Programm
Beim Ausländer-Thema brauchte der FPÖ-Chef gar nicht mehr groß aufdrehen. Da gelten die Freiheitlichen den rechten Wählern ohnehin als der Schmied, der keinen Schmiedl braucht. In seiner kurzen Zeit als Innenminister unter Türkis-Blau hatte Kickl zwar keine überragende Bilanz, symbolische Schritte wie die Umbenennung der Erstaufnahmestelle Traiskirchen in ein "Ausreisezentrum" blieben aber in der Erinnerung haften. Dies gilt allerdings auch für den Image-Schaden des Verfassungsschutzes durch eine unter Kickl eingeleitete Razzia.
Abberufung nagt bis heute an ihm
Eigentlich soll es Kickl gar nicht so in die Regierung gezogen haben. Die Klubführung hätte ihm besser gefallen, wird auch in der FPÖ erzählt. Doch als er einmal an den Hebeln der Macht war, fand Kickl daran Gefallen und auch am Licht der Öffentlichkeit. Seine von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bewirkte Abberufung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen nagt sichtlich bis heute an ihm. Diese Scharte will Kickl unbedingt ausbessern, wie schon sein ziemlich brachialer Vorstoß an die FPÖ-Spitze zu Ungunsten Norbert Hofers bewies.
Die meisten Politiker sind, wenn einmal die Kameras ausgeschaltet sind, andere Menschen. Bei Kickl ist das nicht so. Zwar werden die Worte weniger harsch, doch bleibt der eisern disziplinierte Freiheitlichen-Chef stets professionell distanziert. Anbiederungen an Medien oder Prominente interessieren Kickl im Gegensatz zu Haider und Strache nicht. Das Bad im Volk gehört übrigens nicht zu seinen politischen Lieblingsdisziplinen, ist mehr Pflichtübung als Vergnügen. Sein Privatleben, verheiratet und Vater eines Sohnes, hält er komplett bedeckt. Viel mehr, als dass er durch Österreichs Berge klettert und in Niederösterreich wohnt, weiß man vom privaten Kickl nicht.
FP-Chef adressierte schon im Wahlkampf die ÖVP
Aufgewachsen ist der FPÖ-Obmann in einer Arbeiter-Familie, Sozialthemen galt so lange auch seine politische Leidenschaft. Während ihn von der Volkspartei schon vor der gemeinsamen Regierungserfahrung eine gehörige Distanz trennte, hätte Kickl wohl gerne ein Bündnis mit den Sozialdemokraten geschmiedet. Doch ist er Realo genug zu wissen, dass dies in absehbarer Zeit kaum machbar erscheint. So adressierte der FP-Chef dann in diesem Wahlkampf auch die ÖVP, als er ein Wirtschaftsprogramm vorlegen ließ, das wohl auch in der Industriellenvereinigung einige die Zunge schnalzen ließ.
Ob das ausreicht, die Volkspartei von ihrem Nein zu einem "Volkskanzler" Kickl abzubringen, werden die kommenden Wochen zeigen. Eines scheint jedenfalls fix. Der Partei zuliebe zurückziehen wird sich der bald 56-Jährige wohl nicht, jetzt, wo er die FPÖ in lichte Höhen zurückgeführt hat.
(APA, VOL.AT)
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