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Forscher warnen: Satellitenabstürze könnten Ozonschicht langfristig schädigen

Laut Forschern könnte Elon Musk die Atmosphäre quasi "im Alleingang" verändern
Laut Forschern könnte Elon Musk die Atmosphäre quasi "im Alleingang" verändern ©AFP
Jeden Tag verglühen mehrere Starlink-Satelliten von Elon Musks SpaceX in der Erdatmosphäre. Wissenschaftler warnen: Die dabei freigesetzten Partikel könnten langfristig die Ozonschicht schädigen.

Die Explosion einer "Starship"-Rakete von SpaceX im November 2023 hatte spürbare Auswirkungen auf die obere Erdatmosphäre. Russische Forscher konnten mithilfe satellitengestützter Navigationssysteme nachweisen, dass die Detonation ein sogenanntes Plasmaloch verursachte – einen Bereich, in dem geladene Elektronen plötzlich verschwanden.

Im Januar endete ein Test von Starship, der gigantischen nächsten Generation der Megarakete, mit einer Explosion über dem Atlantik ©AFP

"Normalerweise entstehen solche Löcher durch chemische Prozesse, aber in diesem Fall war es eine direkte Folge der Explosion", erklärte der Forscher Juri Jasjukewitsch vom Institut für Solar-Terrestrische Physik in Irkutsk gegenüber der russischen Nachrichtenagentur TASS. Das Loch schloss sich nach etwa einer Stunde wieder, doch die freigesetzten Partikel könnten länger nachwirken.

Elon Musks Satellitenflotte dominiert den Erdorbit

Das größere Problem sind jedoch nicht einzelne Raketenstarts, sondern die wachsende Anzahl an Satelliten, die SpaceX ins All bringt – und dort nach wenigen Jahren wieder verglühen.

Seit 2019 hat das Unternehmen rund 7.000 Starlink-Satelliten gestartet, langfristig könnten es bis zu 42.000 werden. Derzeit gehören etwa zwei Drittel aller Objekte im niedrigen Erdorbit (LEO) zu Musks Satellitenflotte. Da jeder Starlink-Satellit nur etwa fünf Jahre aktiv ist, werden ständig neue ins All geschickt, während die alten in der Atmosphäre verglühen.

Astrophysiker Jonathan McDowell schrieb im Jänner 2024 auf X, dass derzeit täglich vier bis fünf Starlink-Satelliten kontrolliert zum Absturz gebracht werden. Die Zahl wird in den kommenden Jahren noch steigen – mit möglicherweise gravierenden Folgen für die Atmosphäre.

Metallpartikel in der Stratosphäre nehmen zu

Eine Analyse der US-Wetterbehörde NOAA aus dem Jahr 2023 zeigte, dass bereits jetzt bis zu 10 Prozent der Partikel in der Stratosphäre aus geschmolzenen Metallfragmenten bestehen, die verdächtig nach Satellitenüberresten aussehen.

Besonders besorgniserregend: Die Forscher fanden Spuren von Niob und Hafnium – seltene Elemente, die in der Natur nicht vorkommen, aber in Satelliten verbaut werden.

"Wir verändern die Zusammensetzung der Stratosphäre erheblich", sagte McDowell gegenüber CNET. Das sei besonders problematisch, weil die Stratosphäre nicht nur das Erdklima reguliert, sondern auch die Ozonschicht schützt.

Ozonabbau durch Satellitenverglühung möglich

Eine von der NASA finanzierte Studie, veröffentlicht in den „Geophysical Research Letters“, untersuchte die Auswirkungen verglühender Satelliten auf die Ozonschicht. Die Forscher kamen zu einem besorgniserregenden Ergebnis:

  • Ein einziger Satellit setzt beim Wiedereintritt rund 30 Kilogramm Aluminiumoxid-Nanopartikel frei.
  • Zwischen 2016 und 2022 hat sich die Menge dieser Partikel verachtfacht.
  • Künftig könnten jährlich bis zu 360 Tonnen Aluminiumoxid-Nanopartikel in die Stratosphäre gelangen.

Diese Partikel lösen chemische Prozesse aus, die Ozon abbauen – und bleiben über Jahrzehnte in der Atmosphäre, ohne sich zu zersetzen.

Joseph Wang, Raumfahrtforscher an der University of Southern California, ist Mitautor der Studie. "Wir haben eine jährliche Überschreitung des natürlichen Aluminiumoxid-Niveaus um mehr als 640 Prozent errechnet", sagte er. Das könnte zu einem erheblichen Abbau der Ozonschicht führen. "Wir sind sehr besorgt."

Forschung noch in den Anfängen

Während einige Forscher Alarm schlagen, mahnen andere zur Zurückhaltung. "Abwarten", lautet der Tenor. Die genauen Auswirkungen seien noch nicht vollständig erforscht.

"Wenn viele Tonnen Aluminiumoxid pro Tag in die Atmosphäre gelangen, könnte das die Ozonschicht sicherlich beeinträchtigen", sagte McDowell. "Es ist aber auch möglich, dass die Mengen noch nicht ausreichen, um große Schäden anzurichten."

Manuel Metz, Experte für Weltraummüll am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, zog im Gespräch mit der Tagesschau eine Parallele zum Mikroplastikproblem in den Ozeanen:

"Wir erzeugen ein Mikropartikel-Problem in der Atmosphäre und verstehen noch gar nicht, welche Konsequenzen das langfristig haben wird."

(VOL.AT)

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