Obendrein war einer seiner Frontzähne – vermutlich unfallbedingt – abgestorben, wie Forscher vom Zentrum für Evolutionäre Medizin (ZEM) der Universität Zürich nachweisen konnten.
An der Gletschermumie hätten sich “erstaunlicherweise zahlreiche, auch heutzutage noch weit verbreitete Erkrankungen an den Zähnen und dem Zahnhalteapparat” gezeigt, erklärte Professor Frank Rühli, der Leiter der Studie, zu den am Dienstag veröffentlichten Untersuchungsergebnissen. Sie würden interessante Hinweise geben auf das Ernährungsverhalten des neolithischen Mannes aus dem Eis und zur Evolution von medizinisch bedeutenden Zahnkrankheiten.
“Ötzis” Zähne bislang kaum beachtet
Obwohl seit mehr als 20 Jahren an der berühmten Mumie geforscht wird, waren die Zähne kaum beachtet worden. Der Zürcher ZEM-Dentist Roger Seiler sowie Forscherkollegen in den USA und Italien werteten computertomografische Daten zum Gebiss “Ötzis” aus. “Der Schwund des Zahnhalteapparates war schon immer eine sehr häufige Erkrankung, wie Schädelfunde aus der Steinzeit oder die Untersuchung ägyptischer Mumien zeigen”, erklärte Seiler. “”Ötzi” erlaubt uns einen speziell guten Einblick in eine solch frühe Form dieser Erkrankung.”
Fortgeschrittene Parodontitis
Dreidimensionale Rekonstruktionen von Gebiss und Mundhöhle zeigten, wie sehr der “Eismann” unter einer fortgeschrittenen Parodontitis litt. Vor allem im Bereich der hinteren Backenzähne fand Seiler einen Verlust des parodontalen Stützgewebes, der beinahe die Wurzelspitze erreichte. Zwar habe “Ötzi” wohl kaum seine Zähne geputzt. Die abschleifende Nahrung hatte den Experten zufolge jedoch viel zur Selbstreinigung beigetragen.
Parodontitis wird auch mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems in Zusammenhang gebracht. Frühere Untersuchungen “Ötzis” hatten bereits gezeigt, dass er unter Arterienverkalkungen litt. Die Karies, die bei dem “Eismann” festgestellt wurde, führen die Forscher hingegen auf eine sehr stärkehaltige Nahrung wie Brot und Getreidebrei zurück. Diese sei durch den aufkommenden Ackerbau in der Jungsteinzeit vermehrt konsumiert worden. (APA)
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