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Fünf EU-Staaten fordern Sparkurs für Gemeinschaft

Mitten in der EU-Schuldenkrise zeichnet sich ein Streit über die langfristigen Ausgaben der Europäischen Union ab. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Finnland und die Niederlande setzten sich am Wochenende dafür ein, den Anstieg des EU-Budgets bis 2020 zu begrenzen. Die fünf Länder forderten in einem gemeinsamen Brief, dass das langfristige Budget der EU ab dem Jahr 2013 nicht stärker als die Inflation steigen solle.

“Bei den öffentlichen Ausgaben Europas darf keine Ausnahme von den erheblichen Anstrengungen der Mitgliedstaaten gemacht werden, ihre eigenen öffentlichen Ausgaben unter Kontrolle zu bringen”, hieß es in dem Schreiben an EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Der Präsident des EU-Parlaments, Jerzy Buzek, warnte vor einer politischen Krise wegen des Budgets. “Wir können nicht mehr Europa haben mit weniger Geld”, sagte er gegenüber der Online-Ausgabe der “Financial Times Deutschland”.

Der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas sagte am Sonntag, das Schreiben komme “einem Blockadeversuch der Weiterentwicklung der Europäischen Union zur politischen Union gleich”. Man solle nicht Briefe schreiben, sondern Verantwortung für die Zukunft der Union übernehmen, so Karas gegenüber der APA. Er erwarte, dass in Österreich Finanzminister Josef Pröll (V) und Bundeskanzler Werner Faymann (S) dem Schreiben eine klare Absage erteilten.

Es sei “höchste Zeit, dass auch die EU endlich ein Sparbudget vorlegt”, betonte hingegen BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner in einer Aussendung. “Im Frühjahr haben wir 2,3 Mrd. Euro nach Griechenland geschickt, seit vergangenen Freitag haften wir auf Dauer mit 14 Mrd. Euro für alle EU-Pleiteländer”, rechnet Ebner vor. Es werde Zeit, dass sich die Regierung “endlich mal um die Interessen der Österreicher kümmert und aufhört, unser Geld bei den EU-Fenstern rauszuwerfen”. Deshalb sollte die Regierung mit allem Nachdruck die Initiative von Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Finnland und den Niederlanden unterstützen, so Ebner.

Der Brief, der von Großbritanniens Premierminister David Cameron, der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, dem niederländischen Premier Mark Rutte und der finnischen Ministerpräsidentin Mari Kiviniemi unterzeichnet wurde, beruht auf einer Initiative Großbritanniens und wurde am Samstag von Frankreich veröffentlicht. Cameron hatte bereits am Freitag anlässlich des EU-Gipfels in Brüssel für den Vorschlag geworben. Die Sparanstrengungen der Mitgliedstaaten müssten zum Maßstab auch für das Budget der EU gemacht werden, heißt es nun in dem Brief. Als Nettozahler der Gemeinschaft übertreffen die Beiträge der fünf Länder an den EU-Etat die Summe der Mittel, die aus dem gemeinsamen Topf an die einzelnen Staaten zurückfließen.

Die Beratungen über die nächste Budgetperiode von 2014 bis 2020 beginnen Mitte nächsten Jahres. Die EU-Kommission hat bisher noch keinen Vorschlag vorgelegt. Im kommenden Jahr erreicht der EU-Etat einen Umfang von 126,5 Milliarden Euro. Mehr als 40 Prozent sind dabei für die Landwirtschaft eingeplant und ein Drittel für Hilfen für ärmere Regionen.

Die fünf Staaten fordern, dass der Anstieg des EU-Budgets künftig auf jeden Fall unter der jeweiligen Inflationsrate liegt. Basisjahr für die Inflationsberechnungen soll das Jahr 2013 werden. Durch den Vorschlag würde das Budget langfristig deutlich unter die Marke von einem Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden. Buzek sagte, schon vor 20 Jahren habe das gemeinsame EU-Budget ein Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Heute seien es noch immer ein Prozent, obwohl es neue Aufgaben gebe wie gemeinsame Innen- und Sicherheitspolitik, Energiepolitik, Klimapolitik oder den Europäischen Auswärtigen Dienst. Die Mitgliedsstaaten hätten mehr Europa beschlossen, sagte Buzek. “Mehr Europa und weniger Geld, das ist unmöglich.” In Krisenzeiten sollten die Mitgliedstaaten vereint auftreten, statt dass jeder seinen eigenen Weg gehe, sagte er. So lasse sich die Wachstumsstrategie EU 2020 “bei dauerhaft gleichem Budget nur sehr, sehr schwer umsetzen.”

Cameron selbst steht in seinem Land auch innenpolitisch unter großem Druck, weil er auf einen strengen Sparkurs eingeschwenkt ist. Beim Gipfeltreffen im Oktober hatte der britische Premier einen ähnlichen Vorstoß für eine Begrenzung des EU-Budgets im Jahr 2011 gestartet. Tatsächlich folgte das Europäische Parlament dem Wunsch der Staats- und Regierungschefs, das EU-Budget im kommenden Jahr nicht wie geplant um 6,2 steigen zu lassen, sondern nur um 2,9 Prozent. Die für 2011 erreichte Begrenzung soll nach Ansicht der fünf Staaten nun auch in den Folgejahren fortgesetzt werden.

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