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Fliegenfischen für Frauen

©VN-D.Krappe
In Norwegen können die Frauen in eine Männerdomäne einbrechen.

Snorre hat Geduld. Viel Geduld. „Geraldine, du musst den Arm fest am Körper halten. Nur den Unteram vor- und zurückbewegen und dir eine Uhr vorstellen. Dann nimmst du die Angelrute bei acht Uhr auf, schwingst sie auf ein Uhr zurück und wirfst sie auf halb elf nach vorne”, ruft er gegen den Wind, während Geraldine sich abmüht, beim Hin- und Herschwingen keinen Knoten in die Schnur zu bekommen.
Richtige Wurftechnik
Claudia, Geraldine, Karen und Alexandra, vier Frauen aus Deutschland, üben auf einer grünen Wiese am Ufer der Trysileva die richtige Wurftechnik fürs Fliegenfischen. Trysil, drei Autostunden von Oslo entfernt, ist ein gutes Angelrevier für Forellen, Äschen, Felchen und Hechte. Das an den Fluss angrenzende Trysilfjellet-Gebirge ist das größte Skigebiet Norwegens.
Snorre Grønnæss ist Lehrer und seit neun Jahren auch Fliegenfischer-Guide in Trysil. An diesem Wochenende setzt er alles daran, die vier Lernwilligen in die hohe Kunst des Fliegenfischens einzuweihen. Dabei geht es nicht um Kraft, sondern um die richtige Technik, Geschick und Geduld.
„Tausend Fliegen habe ich immer in meinen Holzschachteln dabei, wenn ich zum Fischen losziehe”, meint Snorre, „trotzdem fehlt manchmal die richtige.” Denn Fliegenfischen ist eine Wissenschaft für sich. „Man muss den Fluss genau beobachten”, sagt der 62-Jährige: „Entdecken, von welchen Insekten sich die Fische gerade ernähren, und dann die richtige Fliege einsetzen.”
Fischen und freilassen
Der Name Fliegenfischen entstand durch die Art der Ködernachahmung. Man imitiert die natürlichen Beutetiere der Fische. Aber es kommen auch frei erfundene, farbenfrohe Reizfliegen zum Einsatz. Ab und zu fischt Snorre mal fürs Mittag- oder Abendessen. Aber eigentlich ist das Fliegenfischen nur ein Sport. Man(n) und auch Frau fischt, um zu fischen. Die meisten Fische werden wieder ins Wasser entlassen. Mit etwas Gespür lassen sie sich ganz einfach von der Fliege lösen und ziehen sich auch keine Verletzungen zu.
„Tierquälerei ist es nicht. Fische sind dumm”, behauptet Snorre und grinst: „Sie „denken” nur ans Fressen und schnappen wieder zu, wenn ihnen die richtige Fliege serviert wird.” Auch die Köder lassen sich viele Male wieder verwenden. „Zirka 30 Fische kann man mit derselben Fliege fangen.”
Nach drei Stunden Trockenübungen verabschiedet sich Snorre. Er wohnt einige Kilometer flussabwärts und vermietet dort Hütten an Angelfreunde. Vor der Hütte „Fliegenzone” mit Blick auf die Trysilelva erwartet der Guide die vier Frauen am nächsten Vormittag. Er verteilt Wathosen (wasserdichte Gummihosen), Schirmmützen und Polarisationsbrillen. „Um sich vor Verletzungen beim Werfen der Fliege zu schützen, sollte man immer eine Brille und eine Mütze tragen”, rät er.
Wathosen und Stöcke
Damit man auf dem steinigen oder sandigen Untergrund im Fluss nicht ausrutscht, hat der 62-Jährige aus starken Ästen für jede Frau eine Art Nordic-Walking-Stock gebas¬telt, den sie sich um die Hüfte binden kann und der Halt gibt. Langsam tasten sich die angehenden Fliegenfischerinnen auf den glitschigen Steinen ins Wasser hinein. Trotz der Wathosen ist es ziemlich kalt. Bei Bilderbuchwetter lässt die Sonne Sterne auf dem Wasser tanzen. Auf der gegen¬überliegenden Seite thront das mächtige Trysilfjellet-Gebirge. Nacheinander werfen die vier Frauen ihre Angelruten aus. So, wie sie es am Tag zuvor gelernt haben. „Ihr müsst aufs Wasser und nicht in die Luft schauen”, ruft Snorre vom Ufer aus: „Ihr müsst auf den Fisch zugehen. Der Fisch kommt nicht zu euch.”
Der erste Fang
Geduldig lassen die vier immer wieder die Schnur um ihren Kopf schwirren und auf dem Wasser tanzen. „Hier zappelt etwas”, kreischt es plötzlich von der Mitte des Flusses. Snorre greift zu Kamera und Watstock und eilt der Fischerin zur Hilfe. Es ruckt an der Schnur. Tatsächlich. Bei Claudia hat eine kleine Äsche angebissen. „Bitte kurz fürs Erinnerungsfoto in die Luft halten.” Schon schwimmt der Fisch wieder im Wasser und wartet auf die nächste Fliege.

8 Jahre war Torill Kolbu (r.) alt, als ihr Vater sie zum ersten Mal zum Fliegenfischen mitnahm. Inzwischen hat die 45-Jährige neben der norwegischen Meisterschaft auch den WM-Titel gewonnen. Neun Jahre lang betrieb sie den Sport als Vollprofi.

Fliegenfischen Das Fliegenfischen ist eine Methode beim Angeln. Der Köder, im Allgemeinen Fliege genannt, ist zum Werfen zu leicht – deswegen wird das Gewicht der besonderen Schnur als Wurfgewicht verwendet. Dies verlangt eine besondere Wurftechnik und spezielles Angelgerät.

Die Tipps Wer sich über die Geheimnisse der Gewässer der Region informieren möchte, geht ins Angler-Café in Trysil Hyttegrend. Dort geben die einheimischen Guides Tipps.

Der Guide Snorre Grønnæss ist Lehrer und seit neun Jahren auch Fliegenfischer-Guide in Trysil. Zum ersten Mal gefischt haben soll er bereits mit drei Jahren.

Die „Fliegen“ Gefertigt werden die Fliegen aus Fell, Federn, Kunststoff und einem Haken. Je nachdem, ob der Köder auf oder unter der Wasseroberfläche eingesetzt werden soll.

REISETIPPS

Trysil: Ein kleiner Ort 150 Kilometernördlich von Oslo. Der Fluss Trysilelva fließt 100 km durch die Gemeinde Trysil, und sie besitzt zirka 100 Seen und Teiche. Ein Angelschein ist beim Trysil Turistkontor erhältlich. Für Jugendliche unter 16 Jahren ist er kostenlos.
Engerdal. Ein kleiner Ort 50 Kilometernördlich von Trysil. Der Fluss Trysilelva heißt hier Femundselva. Ein Drittel der Gemeinde Engerdal ist Nationalpark. Es gibt 800 Seen, Teiche, Flüsse und Bäche, in denen man die Angelroute auswerfen kann. Den Angelschein kann man im Internet unter www.inatur.no, im Engerdal Turistkontorund in verschiedenen Geschäften des Ortes kaufen. Für Jugendliche unter 16 Jahren ist er kostenlos.
Filmtipp. Richtigbekannt wurde das Fliegenfischen in Europa 1992 durch Robert Redfords Film „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ mit Superstar Brad Pitt. Er erzählt die Geschichte zweier charakterlich ungleicher Brüder und ihres strengen Vaters, die nur die Liebe zum Fliegenfischen verbindet.

Fliegenfischen-Infos

Fliegenfischer Guides
Trysil: Snorre Grønnæss, Tel. +47 62456012oder +47 90164139, www.fluefiske-trysil.com. Espen André Eilertsen, Tel. +47 40415677, www.callofthewild.no.
Engerdal: Torill Kolbu, Tel. +47 95704833.Per Roar Aarnes, NO-2443 Drevsjø, Tel. +47-62459721, www.galtengard.no.

Literatur
Fachmagazin FliegenFischen, Tel. +49 4038906129, www.fliegenfischen.de. Fliegenfischen-Internet Magazin unter www.fliegenfischer-forum.de.

REISEINFORMATIONEN

Anreise. Der internationale Flughafen Oslo Gardermoen ist nur knapp eine Autostunde von Villmarksriket Hedmark entfernt, diverse Fähren aus Dänemark und Deutschland.
Unterkunft. Region Trysil: Trysil Hyttegrend in Øråneset (modernisierte Jugendherberge mit 10 DZ und vielen Hütten), Tel. +47 90132761, www.trysilhytte.com; GjerfloenFluefiske (Hütten direkt am Fluss Trysilelva), Tel. +47 62456012 oder +47 90164139, www.fluefisketrysil.com. Region Engerdal: Bauernhof Galten Gard, Tel. +47 62459721, www.galtengard.no, HotelEngerdalstunet (2008 neu eröffnetes einfaches Hotel direkt am See), Tel. +49 62458200, www.engerdalstunet.no.
Allgemeine Infos. Trysil Turistkontor, Tel. +47 62451000, www.trysil.com/sommer; EngerdalTuristkontor, Tel.+47 62459900 oder +47 62456670, www.engerdal.info. Visit Norway, Tel.+49 180 5001548, E-Mail: germany@innovationnorway. no, Internet www.visitnorway.com.

(VN-D.Krappe)

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