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Fillon neuer Premier Frankreichs

Frankreich - Einen Tag nach seinem Amtsantritt hat Frankreichs Präsident Sarkozy den ehemaligen Minister Franñois Fillon zum Chef seiner neuen Regierung ernannt.

Dies teilte der Elysée- Palast am Donnerstag mit. Der 53 Jahre alte Fillon war im Präsidentschaftswahlkampf einer der engsten Berater Sarkozys und löst nun den bisherigen Premierminister Villepin ab, der seit Juni 2005 die Regierung geführt hatte.

Kühler Pragmatiker für heiße Eisen

Wenn man die Ära Chirac bilanziere, „wird man sich an nichts erinnern, außer an meine Reformen“. Das sagte Franñois Fillon vor zwei Jahren, als der damalige französische Präsident Jacques Chirac seinen Bildungsminister im Zuge einer Regierungsumbildung gerade in die Wüste geschickt hatte. Die wenig bescheidene Einschätzung hat Fillon nicht geschadet. Der neue Präsident Nicolas Sarkozy hat den 53-Jährigen am Donnerstag zu seinem Premierminister ernannt. Er zählt auf den kühlen Pragmatiker, um seine ehrgeizige Reformagenda ohne Massenproteste durchsetzen zu können.

Der 2. Juni 2005 war ein Schlüsselmoment in der Karriere des Juristen aus dem nordwestlichen Département Sarthe. Der langjährige Chiracianer, der vier Ministerposten bekleidete, stellte sich nach dem Verlust seines Regierungsamtes hinter Sarkozy. Der hatte damals den Machtkampf um die Präsidentschaftskandidatur der rechtsbürgerlichen UMP noch lange nicht für sich entschieden. Die beiden bildeten fortan ein ungleiches Komplizengespann, große Teile von Sarkozys Wahlprogramm stammen aus der Feder Fillons. Und dieser versuchte in der hitzigen Kampagne mehrfach, den Heißsporn Sarkozy im Zaum zu halten.

Die Charaktere könnten unterschiedlicher kaum sein. Fillon gilt als farblos, zurückhaltend, kompromissbereit. Sarkozy als knallharter Machtmensch. Gerade deswegen braucht er Fillon: Als eine Art Sozialarbeiter kann dieser zum zentralen Vermittler werden. „Er wird zum Bindemittel, wenn Sarkozy verbrannte Erde hinterlassen würde“, sagt ein Vertrauter.

Die heißesten Eisen, die Aushebelung der 35-Stunden-Woche und die Einführung eines Minimalservices bei Streiks im Nahverkehr, hat Fillon bereits geschmiedet. Sein Credo: wirtschaftliche Effizienz mit sozialer Gerechtigkeit versöhnen. Dass er dies umzusetzen versteht, bewies er 2003 als Sozialminister: Er brachte eine Rentenreform durch, die längere Einzahlungen sowie die Angleichung der Beiträge im Öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft festlegte. In der Tat war dies einer der wenigen innenpolitischen Erfolge in den zwölf Jahren Chirac.

Fillon begann seine politische Karriere 1981. Mit 27 Jahren eroberte er ein Parlamentsmandat für die neogaullistische Sammlungsbewegung RPR, er war damals der jüngste Abgeordnete. 1999 scheiterte er beim Versuch, sich zum Parteivorstand wählen zu lassen, gehörte später zu den Gründungsmitgliedern von Chiracs rechtsbürgerlicher UMP.

Nach seinem Erfolg mit der Rentenreform 2003 verbrannte sich Fillon allerdings mit seinem nächsten Projekt die Finger: Als Bildungsminister versuchte er 2004, durch eine Rückbesinnung auf die „alte Schule“ den zunehmenden Schwächen der Schüler in ihrer Muttersprache zu Leibe rücken: Er wollte Diktate schreiben und Gedichte auswendig lernen lassen und sah das Heil in der Vermittlung von Kernfähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Das vorbereitete Reformgesetz erstickte im Protest von 100.000 Schülern.

Doch mit dem energischen Sarkozy wird Fillon bei den künftigen Projekten stärkeren Rückhalt haben als bei Chirac. Zugleich wird ihm weniger Gestaltungsspielraum bleiben als seinem glücklosen Vorgänger Dominique de Villepin: Sarkozy hat klar gemacht, dass er die Tagespolitik weit stärker bestimmen will. Schon die Wahl des Kabinetts, die eigentlich dem Regierungschef vorbehalten ist, erledigte „Speedy Sarko“ weitgehend in Eigenregie. Der sozialistische Ex-Premier Lionel Jospin frotzelte, Fillon bleibe nur die Rolle des „Kabinettsdirektors“. Wenn sich die Erfolge einstellen, muss dies dem Mann mit den buschigen Augenbrauen und dem schüchternen Lächeln nicht unrecht sein, schließlich stünde er dann auch weit weniger in der Schusslinie.

Fillon ist seit 1980 mit der Waliserin Penelope Clarke verheiratet, mit der er fünf Kinder hat. Seine Freizeit verbringt er mit Bergsteigen und Fußballspielen, ist aber auch ein begeisterter Hobbyrennfahrer. Seit Jahren setzt er sich Mitte Juni beim 24-Stunden-Oldtimer-Rennen in Le Mans in einen Ferrari 250 GTO und drückt ordentlich aufs Gaspedal.

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