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"Fat Bear Week": Bärenwahl wird zum weltweiten Phänomen

Tragödie, Titelkampf und Klimakrise – Fat Bear Week sorgt für Emotionen
Tragödie, Titelkampf und Klimakrise – Fat Bear Week sorgt für Emotionen ©CANVA/Screenshot Instagram
Was einst als skurrile Spielerei für Tierliebhaber begann, hat sich zur publikumsstarken Institution entwickelt: Die „Fat Bear Week“ im Katmai-Nationalpark begeistert inzwischen Millionen Menschen weltweit – und erzählt weit mehr als nur die Geschichte von dicken Bären.

Im Katmai-Nationalpark in Alaska dreht sich jeden Herbst alles um pralle Pelzträger: Bereits zum elften Mal findet dort die „Fat Bear Week“ statt – ein Online-Voting, bei dem der stattlichste, beeindruckendste oder sympathischste Braunbär gekürt wird. Was als kleiner Spaß für Naturfreunde begann, zieht heute ein Millionenpublikum in seinen Bann.

Das Prinzip ist einfach: Auf der Plattform Explore.org treten insgesamt zwölf Bären in einem K.-o.-System gegeneinander an. Jeden Tag werden zwei Tiere präsentiert, die Community entscheidet per Klick, wer eine Runde weiterkommt. Im Finale stehen sich schließlich nur noch zwei Kolosse gegenüber. Über eine Million Stimmen aus rund 100 Ländern wurden allein in den letzten beiden Jahren abgegeben – ein deutlicher Beleg für das gewachsene Interesse an dem Wettbewerb.

Medieninteresse explodiert

Wurde das Spektakel in den Anfangsjahren noch vorwiegend von regionalen Medien aufgegriffen, ist die Berichterstattung inzwischen global: Vom US-Fernsehen bis zu europäischen Tageszeitungen berichten Redaktionen über die „dicken Stars“ Alaskas. Und nicht nur der Humor oder die Optik der wuchtigen Tiere stehen im Vordergrund – auch ökologische Botschaften werden mittransportiert.

Mehr als nur Masse: Was einen Sieger ausmacht

Obwohl das Gewicht der Bären natürlich eine zentrale Rolle spielt – es ist nicht allein ausschlaggebend. Auch das Verhalten der Tiere wird bewertet: Wie geschickt sind sie beim Fischen? Zeigen sie strategisches Fressverhalten? Wie ist ihr Wesen, wie treten sie in Erscheinung? Die Jury – also das Online-Publikum – lässt sich oft von Geschichten und Persönlichkeiten der Bären leiten, die auf der Website mit Biografien vorgestellt werden.

Zur Vorbereitung auf den Winter müssen die Tiere enorme Fettreserven anlegen. Zwischen Frühjahr und Herbst legen sie teils dutzende Kilo zu, denn in der eisigen Winterruhe verlieren sie bis zu ein Drittel ihres Körpergewichts.

Klassiker im Wettbewerb: Grazer gegen Chunk

Auch heuer wird das Finale wohl wieder auf ein Duell hinauslaufen, das treue Fans schon kennen: Die 20-jährige Bärin „Grazer“, Siegerin von 2023 und 2024, könnte ihren Titel ein drittes Mal verteidigen. Ihr Herausforderer ist erneut „Chunk“, ein massiver Bär mit markanter Narbe an der Schnauze und über 500 Kilo Lebendgewicht.

Bereits 2020, sowie in den letzten beiden Jahren, musste sich Chunk geschlagen geben – stets knapp hinter „Grazer“. Doch heuer ist seine Ausgangslage noch prekärer: Laut Park-Rangern wurde Chunk im Sommer mit einem gebrochenen Kiefer gesichtet. Er mied daraufhin Auseinandersetzungen mit anderen Bären und veränderte sogar sein Fressverhalten – eine Anpassung, die auch bei den Zuschauern Eindruck hinterließ.

Ein Vorfall mit Folgen

Chunk verlor jedoch nicht nur an Gewicht – auch sein Image hat gelitten. Im Sommer 2024 kam es zu einem Vorfall: Zwei Jungtiere der Bärin „Grazer“ stürzten über einen Wasserfall und landeten in Chunks Revier. Eines der Jungen soll dort von ihm getötet worden sein, wie aus Parkinformationen hervorgeht. Grazer konnte nur eines ihrer Jungen retten – ein Ereignis, das viele Fans tief berührte.

Ironie der Geschichte: Das überlebende Jungtier gewann heuer den eigenen Nachwuchswettbewerb, der seit einigen Jahren parallel zur Hauptwahl veranstaltet wird. Bereits im Vorjahr hatte es dort den zweiten Platz belegt.

Ernsthafter Hintergrund hinter dem Bärenspaß

So verspielt und unterhaltsam die „Fat Bear Week“ auf den ersten Blick wirken mag – der Wettbewerb verfolgt ein ernstes Ziel: Der Katmai-Nationalpark will damit auf das fragile Ökosystem und die Bedrohung des Lebensraums der über 2.000 dort lebenden Braunbären aufmerksam machen.

Besonders drastisch könnte der Klimawandel das Gleichgewicht stören. Von Juni bis Oktober fangen die Bären an den Wasserfällen des Brooks-Flusses Lachse – fällt diese Nahrungsquelle wegen steigender Wassertemperaturen oder ausbleibender Wanderungen aus, stünden viele Tiere vor dem Aus.

Mitmachen und helfen

Neben dem Abstimmen können Unterstützerinnen und Unterstützer auch für den Park spenden. Der „Otis Fund“, benannt nach dem allerersten Sieger der Fat Bear Week von 2014, sammelt Geld für Schutzmaßnahmen. Otis – bekannt dafür, einst 42 Fische in einer einzigen Stunde gefangen zu haben – wurde seit Jahren nicht mehr gesehen. Doch sein Name lebt weiter – als Symbol für das Gleichgewicht zwischen Natur, Beobachtung und Schutz.

(VOL.AT)

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