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Farbenblind: Wer bekommt die Rose?

Die Pressestunde am Sonntag brachte die dritte Auflage der Elefantenrunde
Die Pressestunde am Sonntag brachte die dritte Auflage der Elefantenrunde ©APA/Stiplovsek
Im Meinungsblog “Farbenblind” analysiert Gerold Riedmann auf VOL.AT kleine und große Begebenheiten im Vorfeld der Landtagswahl am 21. September 2014.

gerold23Irgendwie ist das als Journalist mit dem Wahlkampf so wie das früher mit „Wetten, dass …?“. Man freut sich irsinnig drauf, dann schaut man im Nicki-Pyjama hochkonzentriert zu – und schon ist’s vorbei. Und auch wenn man streckenweise den Eindruck hatte, eine gute Zeit zu erleben, blieb so gut wie nichts – außer einer gewissen Ernüchterung.

Heuer wurde der Intensivwahlkampf – im Interesse aller – auf 4 Wochen verkürzt. Den Höhepunkt hätten zwei Wahldiskussionen, „Elefantenrunde“ im Journalistensprech, liefern sollen. Je 90 bzw. 120 Minuten lang boten sie genügend Zeit, seinen Standpunkt klar zu machen oder etwas Würze zu bringen. Streckenweise ist das dann gestern bei einer weiteren Auflage der Elefantenrunde, nämlich der ORF-Pressestunde, gelungen. Aber neue Themen oder Überraschungen hat man auch dort nicht gehört, alle haben ihre Sprüchlein, die sie verlässlich wiederholen. Und mich erinnert die Chose nun leider verstärkt ans „Bachelorette“-Finale: Ein paar Typen buhlen um die schöne Braut.

Wie bei „Bachelorette“

Ins Finale geschafft haben es der Grüne Johannes Rauch und Dieter Egger (FPÖ). Leider macht’s Wallner spannend, mit wem er zu koalieren gedenkt, gibt betont den Landeshauptmann. Er lässt nicht durchblicken, wer die Rose bekommt. Väterlich-sausgruberisch ermahnt er die Kandidaten, sich a) an Spielregeln zu halten und nicht untergriffig zu werden (Ritsch), b) sich für antisemitische Äußerungen von 2009 zu entschuldigen (Egger) oder c) nach den kritischen Tunnelspinne-Meldungen von Johannes Rauch, keine Verhinderungspolitik zu betreiben. Klar, die Aufgabe eines konservativen Politikers naturgemäß, vieles zu bewahren (und manches zu verbessern). Dass die Absolute weg ist, bezweifelt aber auch in den eigenen Reihen niemand. Um so wichtiger, dass zwei Parteien zusammenfinden, die Vorarlberg dann auch tatsächlich weiterbringen.

Strukturen sprengen

Michael Ritsch versteifte sich auf die Gartenzwerge (stellte gestern – natürlich! – auch einen auf den Tisch), zeigte sich angriffslustig, implizierte eine ÖVP-Hörigkeit der Feldkircher Staatsanwaltschaft, propagierte die Abschaffung der Bezirkshauptmannschaften und die Verschmelzung der Bregenzerwälder Gemeinden. Als Wahlziel hat er ein zusätzliches Mandat für Manuela Auer ausgegeben, tatsächlich kämpft Ritsch (letztes Mal 10 Prozent) sieben Tage vor der Wahl gegen die Einstelligkeit.

Verblasst Pink?

Nur NEOS schienen im bisherigen Wahlkampf deutlich glückloser als die anderen. Je mehr Sabine Scheffknecht sagte, desto mehr Fragen blieben – und dass Leider-Nicht-Kandidat Chris Alge im Hochwahlkampf nochmal alte Schmutzwäsche auspackt, zeugt auch nicht davon, dass die Pinken in ihrem Kernland die Fäden in der Hand halten. So glamourös die Bundespartei, mit einem Vorarlberger an der Spitze! So viele Elfmeter im Land nicht verwandelt. Ob es NEOS gelingt, die Partie in den letzten Minuten zu drehen? Dieses Wochenende war Bundesparteitag in Hohenems, Strolz motivierte so vor allem sein Vorarlberger Bodenpersonal. Ziel seien „acht bis neun Prozent“ – also jedenfalls Klubstatus im Landtag – stapelt man bei NEOS tief. Vor einem Jahr, bei der Nationalratswahl, waren es 13 Prozent.

Es wird überzogen

Der Wahlsonntag wird – soviel steht jetzt schon fest – nicht alle Fragen beantworten. Welche Partei Wallner auf die Regierungsbank rutschen lässt, ist zum Beispiel so eine Sache, die erst schleppend in den Wochen danach klarer werden wird. Damit ist’s dann doch wieder wie früher bei „Wetten, dass …?“ – zum angekündigten Schlusspunkt war’s nie vorbei.

 

Gerold Riedmann (Twitter: @geroldriedmann) ist Vorarlberger Journalist und kommentiert als Geschäftsführer von Russmedia Digital für VOL.AT kleine und größere Episoden aus dem Vorarlberger Landtagswahlkampf. Riedmann war bis 2011 stv. Chefredakteur der VN und arbeitete zuvor in München, unter anderem für den Bayerischen Rundfunk und elektronische Medien der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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