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Farbenblind: Von Krawatten und schwulen Zwergen

Schwule Zwerge auf Internet-Sujets der SPÖ-Kampagne.
Schwule Zwerge auf Internet-Sujets der SPÖ-Kampagne.
Im Meinungsblog „Farbenblind“ analysiert Gerold Riedmann auf VOL.AT kleine und große Begebenheiten im Vorfeld der Landtagswahl am 21. September 2014.

gerold-farbenblindIch weiß nicht, ob Sie’s gesehen haben – aber Landeshauptmann Markus Wallner trägt seit heute eine Krawatte. In Echt tut er das eh öfters, aber nun eben auch auf den offiziellen ÖVP-Plakaten, wo er bislang betont leger im schwarzen Hemd dastand.

Neue Sujets

Während dem 4-Wochen-Intensiv-Wahlkampf gibt es zur Halbzeit eine neue Plakatserie, die affichiert wird – und somit schärfen nahezu alle Parteien ihre Slogans und Auftritte für die letzten zwei entscheidenden Wochen vor der Landtagswahl.

  • Dein Vorarlberg kann mehr. (Grüne)
  • Vorarlberg gehört uns allen. Nicht nur einer Partei. (NEOS)
  • Vorarlberg stärken. (ÖVP)
  • Vorarlberg zuerst. (FPÖ)

Nur die SPÖ hat keinen dieser Vorarlberg-Irgendwas-Slogans, sondern konzentriert sich auch in dieser Disziplin – erraten – auf die Zwerge („Wer ist der stärkste Zwerg in Vorarlberg?“).

Schwul, na und?

Denn die Überraschung der zweiten Wahlkampfhälfte sind (wieder) die Zwerge! Heute war das erste SPÖ-Vorarlberg-Motiv auf VOL.AT zu sehen, das Schwulsein in den Mittelpunkt stellt. „Schwul * Na und – Unstoppable * Tolerant“. Es dürfte – außerhalb Jogy Wolfmeyers Anstrengungen bei Kleinstparteien – das erste so tolerante Plakat einer Vorarlberger Landtagspartei sein. (Ich lass mich aber aufgrund eines unvollständigen Wahlkampfarchivs gern eines bessern belehren.)

„Eine Verpartnerung können Homosexuelle in Vorarlberg noch immer nicht zelebrieren, wie in anderen Bundesländern. In Vorarlberg ist das ein ganz nüchterner Akt auf der Bezirkshauptmannschaft“, sagt Reinhold Einwallner zur Motivation der Internet-Only-Sujets. Vor allem von jungen Menschen habe er im Verlauf des Tages äußerst positive Rückmeldungen erhalten.

Auf den Großplakaten gibt sich die SPÖ freilich etwas zugeknöpfter und generalistischer. Mit „Stark sozial. Stark gerecht.“ wird ab heute das bisherige Zwerge-Schneewittchen-Motiv überklebt.

Zwerge abgelehnt

Übrigens, weil sich schon zu viele Legenden um die Urheberschaft der Zwerge-Kampagne ranken: Michael Ritsch war von der initialen Zwerge-Idee seines Vaters so beseelt, dass er auch mit dem Auftrag, Gartenzwerge in Szene zu rücken, manche Vorarlberger Werbeagentur abklapperte. Entweder hatte dann aber die Agentur abgewunken (wie aus der Agenturszene zu hören ist) – oder der SPÖ waren die Vorschläge dann zu halbherzig (wie die SPÖ sagt).

Für die Zwergen-Kampagne verantwortlich ist nun der oberösterreichische Werber Alexander Altmüller, den SPÖ-Wahlkampfleiter Einwallner von früheren Kooperationen kannte. Altmüller zeichnete bereits für andere SPÖ- und Arbeiterkammer-Wahlkampf-Motive verantwortlich.

Man kann die Zwerge mögen (oder eben nicht) – aber der direkte Vergleich zum Allerweltsplakat von 2009 zeigt den dramatischen Unterschied. Damals war das Wahlergebnis verheerend. Nun ist mit Spannung zu erwarten, was die unterschiedliche Verpackung der Vorarlberger SPÖ-Politik für einen Unterschied zu machen vermag.

SPÖWahl-Blog „Farbenblind”

Gerold Riedmann (Twitter: @geroldriedmann) ist Vorarlberger Journalist und kommentiert als Geschäftsführer von Russmedia Digital für VOL.AT kleine und größere Episoden aus dem Vorarlberger Landtagswahlkampf. Riedmann war bis 2011 stv. Chefredakteur der VN und arbeitete zuvor in München, unter anderem für den Bayerischen Rundfunk und elektronische Medien der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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