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Fall Gurlitt: Kunstsammler einigt sich mit deutscher Regierung

8 Werke aus dem spektakulären Münchner Kunstfund, bei denen laut Behördenangaben «der begründete Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug» besteht.
8 Werke aus dem spektakulären Münchner Kunstfund, bei denen laut Behördenangaben «der begründete Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug» besteht. ©Staatsanwaltschaft Augsburg/ dpa
Der Kunstsammler Cornelius Gurlitt hat sich Monate nach Bekanntwerden des spektakulären Münchner Bilderfundes mit der deutschen Bundesregierung geeinigt und einen Vertrag über den weiteren Umgang mit seinen Kunstwerken geschlossen.

Er erklärt sich darin dazu bereit, alle unter Raubkunstverdacht stehenden Bilder freiwillig auf ihre Herkunft untersuchen zu lassen. Das teilten die deutsche Bundesregierung, das bayerische Justizministerium und Gurlitts Anwälte am Montag in einem gemeinsamen Schreiben mit.

“Er verpflichtet sich zur freiwilligen Rückgabe der in Frage kommenden Raubkunstbilder”, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters dem 3sat-Magazin “Kulturzeit”. “Wir sind sehr froh, dass wir mit Herrn Gurlitt und seinen Anwälten einen Vertrag abschließen konnten, unabhängig vom laufenden Strafverfahren.”

Bilder werden binnen eines Jahres überprüft

Laut der Einigung zwischen Cornelius Gurlitt und der deutschen Bundesregierung soll der 81-Jährige seine Bilder spätestens innerhalb eines Jahres wieder zurückbekommen. Die beschlagnahmten Werke, die unter Raubkunstverdacht stehen, bleiben so lange in gesichertem Gewahrsam und außerdem in der Online-Plattform “Lostart”.

“Kunstwerke, für die innerhalb der Jahresfrist die Provenienzrecherche durch die Taskforce nicht abgeschlossen wurde, werden an Cornelius Gurlitt herausgegeben”, heißt es in der Mitteilung. “Soweit Restitutionsansprüche angemeldet wurden oder bestehen können, bleiben die Werke auch nach Jahresablauf in treuhänderischer Verwahrung.”

Gurlitt darf künftig zumindest einen Wissenschafter an die Taskforce entsenden, damit die Wahrung seiner Interessen garantiert bleibt. Die Kosten für die Provenienzrecherche übernehmen der Bund und der Freistaat Bayern. Das gilt auch für Bilder aus dem Besitz Gurlitts, die zurzeit nicht beschlagnahmt sind.

Kein Zugriff auf Bilder in Salzburger Haus

Auch in seinem Salzburger Haus waren zahlreiche wertvolle Bilder gefunden worden, auf die die deutschen Behörden allerdings keinen Zugriff haben. In dem verwahrlost wirkenden Anwesen wurden 238 Kunstgegenstände gefunden – darunter Ölgemälde und Aquarelle von Monet, Renoir, Manet, Gauguin, Liebermann, Cézanne und Nolde sowie Zeichnungen von Picasso und Munch.

Rund 1.280 Kunstwerke beschlagnahmt

Anfang 2012 hatten Steuerfahnder im Zuge von Ermittlungen in der Münchner Wohnung Gurlitts rund 1.280 Kunstwerke entdeckt und beschlagnahmt. Rund 500 der zum Teil sehr wertvollen Objekte stehen im Verdacht, Nazi-Raubkunst zu sein.

“Auf der ganzen Welt schaut man darauf, welche Antwort wir auf diese Fragen finden – und diese Vereinbarung ist eine gute Antwort”, sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU). “Ich wollte immer, dass mit Herrn Gurlitt geredet und eine einvernehmliche Lösung für den weiteren Umgang mit den Bildern gefunden wird. Er steht zu seiner moralischen Verantwortung. Das erkenne ich ausdrücklich an.”

Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters freute sich über die Einigung und sagte: “Mit der nun getroffenen Vereinbarung schaffen wir die notwendige Grundlage für faire und gerechte Lösungen insbesondere durch Restitution.”

Weiterer Anspruchsteller fordert Matisse-Bild

Indes fordert ein weiterer Anspruchsteller das Gemälde “Sitzende Frau” von Henri Matisse aus der Sammlung Gurlitt zurück. Das teilte der Anwalt von Cornelius Gurlitt, Christoph Edel, am Montag in München mit. Eigentlich stand die Rückgabe des Bildes an die Erben des jüdischen Kunsthändlers Paul Rosenberg kurz bevor – jetzt wird sie sich zumindest verzögern.

“Vor diesem Hintergrund bin ich rechtlich verpflichtet, vor Herausgabe des Bildes erst die Ansprüche des neuen Anspruchstellers zu überprüfen”, betonte Edel. “Andernfalls mache ich mich als gerichtlich bestellter Betreuer persönlich schadenersatzpflichtig, sollte das Bild an die nicht berechtigte Person irrtümlicherweise herausgegeben werden.”

(APA/dpa/red)

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