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F: Gemischte Gefühle für neuen Premier

Eine erste Umfrage ergab einen Vertrauensvorschuss für den Dominique de Villepin. In einer zweiten Befragung zeigte sich jedoch eine ebenfalls klare Mehrheit überzeugt, dass Villepin nicht weit kommen werde.

Die Franzosen begegnen ihrem neuen Premierminister Dominique de Villepin mit gemischten Gefühlen. Eine erste Umfrage ergab am Donnerstag einen Vertrauensvorschuss für den 51-Jährigen. In einer zweiten Befragung zeigte sich jedoch eine ebenfalls klare Mehrheit überzeugt, dass der Premier und seine bürgerliche Regierung bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht weit kommen werden. Seine Regierungserklärung will Villepin kommenden Mittwoch vor der Nationalversammlung abgeben.

Als erste Amtshandlung besuchte der neue Premier am Donnerstagnachmittag ein Arbeitsamt unweit des Disneyland-Vergnügungsparks östlich von Paris. Unterdessen sah er sich mit seinem ersten Sozialkonflikt konfrontiert: Beschäftigte der Staatsbahn SNCF traten zum vierten Mal seit Jahresbeginn in einen Streik, der in weiten Teilen des Landes den Verkehr beeinträchtigte.

58 Prozent der Franzosen: Ernennung Villepins sei “gute Sache”

Die Ernennung Villepins zum Regierungschef sei eine „gute Sache“, sagten 58 Prozent der Franzosen in einer CSA-Umfrage für die Zeitung „Le Parisien“. Nur 30 Prozent äußerten die gegenteilige Ansicht. Auch der Wiedereinzug von UMP-Parteichef Nicolas Sarkozy ins Kabinett wurde mit klarer Mehrheit (59 Prozent) begrüßt. 35 Prozent äußerten gegenüber der Ernennung des 50-Jährigen zum Innenminister und Vize-Regierungschef Vorbehalte. Eine Mehrheit (53 Prozent) verspricht sich demnach von der neuen Regierung, dass sie der Politik „neuen Elan“ verleiht – doch nur 44 Prozent trauen ihr Erfolge beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu.

Staatspräsident Jacques Chirac hatte Premierminister Jean-Pierre Raffarin nach dem Debakel beim EU-Referendum abgelöst und angekündigt, Beschäftigung werde das Hauptziel der Regierung Villepin. Der neue Premier versprach bei seinem ersten Fernsehauftritt am Mittwochabend, er werde den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit „persönlich anführen“. Eine Arbeitslosenquote von mehr als zehn Prozent könne nicht hingenommen werden. Villepin bezeichnete sich als „Pragmatiker“, der dem französischen Sozialmodell „zutiefst verbunden“ sei. Er versprach baldige Vorstöße für Reformen am Arbeitsmarkt, die aber im Dialog mit den Sozialpartner erfolgen sollten. Zudem wolle er den Franzosen innerhalb von hundert Tagen verloren gegangenes Vertrauen zurückgeben.

40 Prozent gegen Berufung Villepins zum Premier

Bei diesem Ziel werde er nicht weit kommen, sagten allerdings 57 Prozent der Befragten in einer Ipsos-Umfrage für die Freitag-Ausgabe von „Le Monde“. In der Befragung sprachen sich zudem 40 Prozent gegen die Berufung des bisherigen Innenministers an die Regierungsspitze aus, nur 36 Prozent befürworteten den Schritt.

Villepin verteidigte sich gegen Vorwürfe, dass er selbst sich noch nie zur Wahl gestellt habe: Chirac habe ihm eine Mission anvertraut, auch habe er vor allem in seiner letzten Tätigkeit als Innenminister viel über die Sorgen und Anforderungen der Bürger an die Politik erfahren. Die Franzosen empfänden Unsicherheit angesichts der sozialen Lage und der Globalisierung, zudem warteten sie aber voller Ungeduld auf Reformen, sagte Villepin. Die gleichzeitige Ernennung Villepins und Sarkozys wurde selbst im Regierungslager mit Skepsis aufgenommen. Villepin ist einer der engsten Vertrauten von Chirac, Sarkozy dessen wichtigster konservativer Rivale. Sowohl Villepin als auch Sarkozy hegen Ambitionen auf das höchste Staatsamt 2007.

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