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EZB scheint im Endspiel um Euro zu (fast) allem bereit

Eskalierende Schuldenkrise und Polit-Ungewissheit setzen Notenbank unter Druck
Eskalierende Schuldenkrise und Polit-Ungewissheit setzen Notenbank unter Druck ©AP
Die Zinssitzung des EZB-Rats an diesem Donnerstag wird ohne Übertreibung eines der wichtigsten Treffen der Euro-Notenbanker seit Bestehen der Währungsunion.

Dass EZB-Präsident Mario Draghi wegen der immer mehr schwächelnden Konjunktur die Gelegenheit zu einer weiteren Zinssenkung nicht verstreichen lassen dürfte, gilt als so gut wie sicher. Schwieriger wird es schon, wenn man die Experten bittet, eine Meinung zur möglichen Höhe des Zinsschritts abzugeben: 25 oder 50 Basispunkte? Beides scheint möglich – obwohl die Frankfurter Währungshüter selbst in den schlimmsten Momenten der Finanzkrise nach dem Fall von Lehman Brothers ihren Zins niemals unter ein Prozent gekappt hatten. Der Schlüsselzins steht aktuell bei 1,25 Prozent.

Druck auf EZB wächst

Doch die eskalierende Schuldenkrise und die Ungewissheit, ob die Politik die Rettung des Euro beim Brüsseler Gipfel am Freitag hinbekommt, lassen den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) von Stunde zu Stunde wachsen. Sogar US-Finanzminister Timothy Geithner fliegt über den Atlantik und nimmt neben diversen Politikern am Dienstag auch Draghi und Bundesbank-Chef Jens Weidmann ins Gebet. Dass die Währungshüter freilich das ganz ganz große Geschütz auffahren und unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Ländern kaufen, scheint dann eher unwahrscheinlich: “Zahlreiche EZB-Ratsmitglieder haben in den letzten Tagen betont, dass es weder sinnvoll noch gesetzlich erlaubt wäre, wenn die Notenbank Staaten monetär finanzieren würde”, sagt etwa Commerzbank-Ökonom Michael Schubert, einer der besten Kenner europäischer Geldpolitik.

Dem Eindruck aber, dass die EZB im Endspiel um den Euro allerdings zu (fast) allem bereit scheint, kann sich spätestens seit vergangener Woche kaum noch jemand entziehen.Am Mittwoch teilten die wichtigsten Zentralbanken der Welt mit, dass sie die Märkte mit billigen Dollars fluten werden, damit die Reservewährung Nummer eins auf keinen Fall knapp wird. Die Aktienmärkte jubilierten und bei vielen Beobachtern kam die konzertierte Aktion der Herren des Geldes gut an – wie eine Rückversicherung, falls bei der bevorstehenden politischen Notoperation am Euro etwas schief geht. Am Donnerstag dann eine denkwürdige Rede Mario Draghis vor dem Europäischen Parlament: Zwar schrieb der Italiener den Staats- und Regierungschefs für ihren Gipfel in Brüssel wie gewohnt ins Stammbuch, dass sie die Krise lösen müssten und nicht die EZB. Dann allerdings fügte er folgenden Satz hinzu, der aufhorchen lassen sollte: “Weitere Elemente können folgen, aber die Abfolge ist entscheidend.”

Seitdem rätseln viele, um welche “weiteren Elemente” es sich dabei handeln könnte. Am wahrscheinlichsten scheint vielen Beobachtern, dass die nationalen Notenbanken der Euro-Länder Geld an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überweisen, damit dieser im Zweifelsfall auch große europäische Länder stützt. Die Spekulationen, welcher Betrag nötig wäre, dauern an. Fest steht: rechtlich ist dieser Weg wohl gangbar. Die EZB selbst jedoch kann ihn nicht gehen und muss hoffen, dass alle 17 Euro-Notenbanken und andere Zentralbanken aus aller Welt mitmachen. Für Draghi hätte das enorme Vorteile – er wäre gar nicht offiziell beteiligt an der Aktion und niemand könnte der EZB vorwerfen, sie finanziere Staaten quasi durch die Hintertür. Ob freilich Bundesbank-Präsident Weidmann mitzieht, bleibt abzuwarten.

Und was kann die EZB selbst tun?

Sie kann und wird nach Informationen von Reuters wohl bereits am Donnerstag über ultra-langlaufende Refinanzierungsgeschäfte mit den Banken ihren Beitrag leisten, damit das Finanzsystem wetterfest bleibt, wenn weitere Stürme kommen. Im Gespräch sind zwei oder sogar drei Jahre laufende Operationen. Zusätzlich könnte die EZB die Anforderungen an Sicherheiten, die sie von den Banken für frisches Zentralbankgeld fordert, senken. Auch der Ankauf von Bankschuldverschreibungen wäre eine Option. Hintergedanke all dieser Übungen: Nur stabile Banken können im schlimmsten Fall den großen Knall überleben. Julian Callow, EZB-Beobachter von Barclays Capital in London, reicht das noch immer nicht: “Die EZB wird noch viel weiter gehen müssen und die Notenpresse richtig anwerfen.” Das Endspiel um den Euro hat begonnen.

EZB bereitet Rettungspaket von 1 Billion Euro vor

Einem Bericht der britischen “Sunday Times” zufolge soll die EZB eine Kapitalspritze in Höhe von 1 Billion Euro für die kriselnde Eurozone vorbereiten.

Die Vorbereitungen gingen dem politischen Gipfeltreffen am Ende der Woche voraus, zitiert Dow Jones aus dem Zeitungsbericht. Eine Quelle für die Information nennt das Blatt nicht. Der Plan solle nur umgesetzt werden, wenn sich die europäischen Regierungschefs auf eine strengere Kontrolle der Staatsfinanzen durch die EU einigen können. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wolle der EZB – allerdings unter Bedingungen – ein weitergehendes Mandat erteilen, um die Staatsschuldenkrise im Euroraum einzudämmen.

(APA/ Reuters)

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