Es war ein Foto eines alten Zeitungsverkäufers, der deprimiert auf die von Präsident Roosevelts Tod berichtenden Zeitungen blickt, mit dem der Hobbyfotograf Kubrick (1928-1999) im April 1945 bei “Look” anheuerte. Was wie ein Schnappschuss anmutete, war bereits “oftmals geprobte Regiearbeit”, wie Kuratorin Lisa Ortner-Kreil der APA bei einem Vorab-Rundgang durch die Schau erzählte. Rund 27.000 Aufnahmen schoss Kubrick bis 1950 als Auftragsfotograf für “Look”, etwa 1.000 davon wurden in Form von essayistischen Fotoreportagen publiziert.
Fotos von Stanley Kubrick in Wien
Mit 20 dieser Essays bemüht sich das Kunstforum um ein breites Spektrum und führt Ansätze von Kubricks späterer kompositorischer Filmästhetik vor Augen. Während andere Reportagefotografen vielfach auf spontane Aufnahmen setzten, so Ortner-Kreil, sind Kubricks Fotos hochgradig inszeniert. So arbeitete er stets filmisch, verwendete Close-Ups, kreierte für seine Geschichten besondere Settings, engagierte Schauspieler, legte mehr Wert auf Tableaus denn auf das Motiv.
Dabei porträtierte der gebürtige New Yorker meist einsame Menschenschicksale und schuf zugleich Abbilder seiner Heimatstadt und aufstrebenden Metropole. So begleitete er einen Schuhputz-Jungen, folgte dem Boxer Walter Cartier bei dessen Wettkampfvorbereitungen bis in die Dusche, fotografierte ein Liebespaar in der New Yorker U-Bahn, lichtete Schauspieler Montgomery Clift oder den jungen Broadway-Star Betsy von Fürstenberg ab oder warf einen Blick hinter die Kulissen eines riesigen Zirkus und ins Innere der Columbia University. Die Fotos wirken dabei in der groß angelegten Schau für sich, aber auch im Zusammenspiel mit redaktionellem Text, wie aus Original-Ausgaben ersichtlich wird.
“Eyes Wide Open” im Kunstforum
Ein einziges Mal ist Kubrick in “Eyes Wide Open” selbst zu sehen: So selbstbewusst, wie er sich neben dem Showgirl Rosemary Williams in deren Umkleide im Spiegel positioniert, wird er auch in einem “Look”-Artikel umschrieben. Selten, dass ein hauseigener Fotograf so hervorgehoben wird, sagt Ortner-Kreil, und dann auch noch als “Veteran mit 19” bezeichnet wird. Seine Kollegen hätten schon damals gewusst, dass Kubrick Großes bevorsteht; “Bringing up Stanley” nannten sie ihren internen Club.
Es ist ebendieser Artikel, in dem der junge Kubrick von seinem ersten Dokumentarfilm träumt. Sein 12-minütiges Regiedebüt “Day of the Fight” auf einem Bildschirm im letzten Raum schlägt dann auch die Brücke zum filmischen Werk, das 1951 seinen Anfang nehmen sollte. Zu sehen: Boxer Walter Cartier, dem Kubrick auch schon ein Fotoessay gewidmet hatte.
Informationen zur Ausstellung:
- “Eyes Wide Open. Stanley Kubrick als Fotograf”
- Von 8. Mai bis 13. Juli
- Wo: Bank Austria Kunstforum, Freyung 8, 1010 Wien
- Wann: Täglich 10-19 Uhr, Freitag 10-21 Uhr
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