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Experte: Suche nach Juwelen ist "Wettlauf mit der Zeit"

Trotz Großfahndung nach Louvre-Raub bisher keine Spur von Diebesbande.
Trotz Großfahndung nach Louvre-Raub bisher keine Spur von Diebesbande. ©APA/AFP
Die aus dem Pariser Louvre geraubten Juwelen sind nach den Worten des niederländischen Kunstdetektivs Arthur Brand unverkäuflich.
Diese Schmuckstücke wurden gestohlen
Raub im Louvre - Beute von "unschätzbarem Wert"

"Niemand will sich an diesen Stücken die Finger verbrennen", sagte Brand der Deutschen Presse-Agentur in Amsterdam. Auch ein Käufer der gestohlenen Objekte mache sich strafbar.

Brand ist ein internationaler Experte bei der Aufklärung von Kunstdiebstählen. Unter anderem arbeitete er auch mit den niederländischen Behörden nach dem spektakulären Juwelenraub auf der Kunst- und Antikmesse Tefaf 2022 in Maastricht zusammen.

Experte: Steine werden wahrscheinlich einzeln verkauft

Nach Einschätzung des Experten würden die Diamanten und anderen Edelsteine sehr wahrscheinlich aus den Schmuckstücken gelöst und einzeln verkauft. "Dann sind sie nicht mehr zu finden."

Die Suche nach den Juwelen werde ein "Wettlauf mit der Zeit", sagte Brand. "Die Diebe werden sicher gefasst, aber die Beute wird dann schon längst verkauft sein." Es sei sehr zweifelhaft, ob man jemals die Hintermänner fassen werde.

Rechnungshof ortete zahlreiche Sicherheitslücken

Wie aus einem der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden, bisher unveröffentlichten Bericht hervorgeht, kritisierte der französische Rechnungshof erst kürzlich den mangelhaften Schutz der im Louvre ausgestellten Werke. Es gebe zahlreiche Sicherheitslücken. So seien in einem der Gebäudeflügel drei Viertel der Säle nicht mit Überwachungskameras ausgestattet. Die 2010 eingeleiteten Arbeiten zur Verbesserung des Brandschutzes seien noch immer nicht abgeschlossen.

Justizminister Darmanin sorgt sich indes gegenüber dem Sender France Inter, dass der Diebstahl im größten Museum der Welt auch einen Imageschaden nach sich ziehe könnte. Dies vermittele "ein sehr negatives Bild von Frankreich". Die französische Kulturministerin Rachida Dati räumte ein, dass der Schutz der Museen lange vernachlässigt worden sei. "Hier haben wir es mit organisierter Kriminalität zu tun, deswegen müssen wir jetzt die nötigen Mittel bereitstellen", sagte sie dem Sender Europe 1.

"Wir werden die Werke wiederfinden"

Regierungspolitiker reagierten zutiefst empört über den Raubzug durch den Louvre - und kündigten an, die Einbrecher mit allen nötigen Mitteln zur Strecke bringen zu lassen. Präsident Emmanuel Macron brandmarkte das Verbrechen als Attacke auf die französische Kultur als Ganzes. "Der Diebstahl im Louvre ist ein Angriff auf ein Kulturgut, das wir schätzen, weil es Teil unserer Geschichte ist", sagte der Staatschef. "Wir werden die Werke wiederfinden und die Täter vor Gericht stellen. Unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Paris wird überall alles getan, um dies zu erreichen."

Fahndung nach kriminellem Roller-Quartett

Laut der Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau wird nach einem "Kommando" von vier Personen gefahndet, das maskiert zu dem spektakulären Diebstahl anrückte und danach "auf leistungsstarken Motorrollern" floh. Möglicherweise habe es sich bei den Tätern bloß um Handlanger gehandelt, also eher kleine Fische, hinter denen eine kriminelle Organisation als Auftraggeber stecke. Bei ihrer Fahndung können sich die Ermittler auch auf Bilder der Videoüberwachung des Museums stützen, das zu den größten Touristenattraktionen in Paris zählt.

Innenminister Laurent Nuñez sagte, der Diebstahl sei offensichtlich von einem "sehr erfahrenen Team" begangen worden. Er sei aber "zuversichtlich, dass die Täter und die gestohlenen Gegenstände sehr schnell gefunden werden". Zumindest ließen die Täter bei ihrem Coup, der alles in allem rund sieben Minuten dauerte, Handschuhe, Werkzeuge und ein Funkgerät am Tatort zurück. Unweit vom Museum verloren sie außerdem eine Warnweste. Beweismittel wie diese könnten den Fahndern Hinweise auf die Einbrecher und ihre Hintermänner liefern.

Per Hebebühne auf den Museumsbalkon

Für ihren dreisten Raubzug bei helllichtem Tage hatten die Täter am Sonntagmorgen einen mit einer Hebebühne ausgestatteten Lkw an der zur Seine gelegenen Seite des Museums auf dem Gehsteig geparkt und Warnkegel auf der Straße aufgestellt. Während zwei der Täter auf Motorrollern an der Straße warteten, gelangten die anderen beiden mit der Hebebühne auf einen Balkon im ersten Stock des Museums. Dort zerstörten sie mit einem Trennschleifer eine Scheibe, um direkt in den Ausstellungsraum in der Galerie d'Apollon zu gelangen und dort auf Beutezug zu gehen.

Im Innern des Prachtbaus bedrohten sie nach Angaben der Staatsanwältin das Museumspersonal und brachen zwei Vitrinen auf. Anschließend verließen die Diebe den Louvre wieder und entkamen mit ihrer Beute.

Kopfschütteln über mangelnde Sicherheit

Dass die Einbrecher derart einfach in den Louvre gelangen konnten, sorgt für Kopfschütteln und Verwunderung. Das Kulturministerium begegnete der Kritik mit einer Stellungnahme: "Die Alarmanlagen am Außenfenster der Apollon-Galerie sowie an den beiden betroffenen Vitrinen wurden ausgelöst", stellte die Behörde klar. Außerdem hätten "zum Zeitpunkt des besonders schnellen und brutalen Einbruchs" fünf Museumsmitarbeiter sofort eingegriffen.

"Dank der Professionalität und der schnellen Reaktion der Mitarbeiter des Louvre konnten die Täter in die Flucht geschlagen werden und ließen ihre Ausrüstung sowie eines der gestohlenen Objekte zurück, nämlich die Krone der Kaiserin Eugénie, deren Zustand derzeit untersucht wird", teilte das Ministerium mit.

Die Krone der Kaiserin Eugénie vor dem Raub. ©APA/AFP

Wurde das Gold schon eingeschmolzen?

Macron betonte, dass das im Jänner vorgestellte Projekt zur Modernisierung des Louvre auch eine Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen vorsehe. "Es wird die Erhaltung und den Schutz dessen gewährleisten, was unser Gedächtnis und unsere Kultur ausmacht", sagte der Präsident. Einstweilen ist ein Teil dieses kulturellen Erbes jedoch verloren.

(DPA/APA)

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