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Europa droht Dürrekatastrophe

Während sich Urlauber auch in diesem Sommer wieder an der Mittelmeerküste in der Sonne braten, dürften die Bauern im Süden Europas wenig Spaß an der sengenden Sonne finden.

Nicht nur die Arbeit bei hohen Temperaturen treibt den Landwirten Schweißperlen auf die Stirn: Es ist vor allem der ausbleibende Regen, der ihre Erträge wieder dramatisch schrumpfen lässt. Das dritte Jahr in Folge sind weite Teile Europas einer Hitze- und dadurch hervorgerufenen Dürreperiode ausgesetzt. Einem halben Dutzend Ländern droht nach Angaben von Experten eine ernste Wasserknappheit.

Mehrere Jahre überdurchschnittlich hohe Temperaturen, unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen und der hohe Wasserbedarf für Landwirtschaft, Ferienhäuser und dicht besiedelte Gebiete bildeten die „idealen Bedingungen für eine Dürre“, sagt Carlo Lavalle, Experte für Risikoanalysen an der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU in der italienischen Stadt Ispra. Betroffen sei ein Gebiet, das sich von der Iberischen Halbinsel über Südfrankreich und Italien bis zu den griechischen Inseln erstrecke.

Viele der betroffenen Länder haben sich noch nicht einmal von der Hitze- und Dürreperiode erholt, die im Juli und August 2003 einen Großteil Zentral- und Westeuropas lähmte. Tausende vor allem alte und kranke Menschen erlagen dem heißen, trockenen Wetter; die Wirtschaft erlitt nach Angaben der EU-Kommission Einbußen in Höhe von mehr als zwölf Milliarden Euro.

Seitdem verging kein Sommer ohne Katastrophenmeldungen über Dürre, Hitze und Waldbrände. Experten lesen anhand der Daten aus den vergangenen zehn Jahren einen Trend: „Die Sommer werden heißer, die Nachfrage nach Wasser wird größer und gleichzeitig gehen die Regenmengen zurück“, sagt Ronan Uhel von der Europäischen Umweltagentur (EAA) in Kopenhagen. „Besonders Besorgnis erregend ist die Lage in Ländern wie Spanien und Griechenland, in denen es immer weniger regnet, während die Temperaturen immer weiter steigen.“ Sogar im knochentrockenen Südosten Englands drohen Wasserengpässe.

In Südspanien, das sich seit den achtziger Jahren zu einem riesigen Obst- und Gemüseanbaugebiet entwickelt hatte und zugleich immer mehr Touristen anzieht, sind die Wasserreserven in diesem Sommer so gering wie seit zehn Jahren nicht mehr. Nach der Dürre vom vergangenen Jahr konnten sich die Reservoirs und das Grundwasser noch nicht erholen – 2005 herrschte in der Region die schwerste Dürre seit dem Beginn von verlässlichen Klimaaufzeichnungen 1947. Auch in Portugal gilt die Rekord-Dürre 2005 als die schlimmste seit 60 Jahren.

Italien leidet noch immer unter der Trockenperiode von 2003; der Norden muss sich außerdem von der Dürre des Jahres 2005 erholen. Auf der Apenninen-Halbinsel wird derzeit ein Fünftel mehr Wasser verbraucht als die Reservoirs nachliefern. In Frankreich versuchen die Behörden seit Monaten, die Menschen für drohende Wasserengpässe am Atlantik und am Mittelmeer zu sensibilisieren. Anfang Juni ließ Landwirtschaftsminister Dominique Busserau das nationale Dürrekomitee wieder aufleben, das die Wasserverfügbarkeit für Bauern überwachen soll. In den ländlichen Gegenden der westlichen Departements Charente-Maritime und Deux-Sevres gelten bereits jetzt Nutzungsbeschränkungen.

Einige Regionen Nord-, Zentral- und Osteuropas waren bis April ebenfalls eine nahezu regenfreie Zone – bis dann vier Wochen lang vor allem in Polen und in den Baltenrepubliken Estland, Lettland und Litauen Dauerregen einsetzte. Im Norden Großbritanniens gab es in diesem Jahr ebenfalls besonders ergiebige Niederschläge – es gibt also Ausweichmöglichkeiten für hitzegeplagte Südländer und Touristen.

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