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Eurofighter-U-Ausschuss: keine Bestechungsnachweise

Der Eurofighter-Abschlussbericht wurde einstimmig angenommen
Der Eurofighter-Abschlussbericht wurde einstimmig angenommen ©APA
Immerhin habe man aber Zahlungsflüsse zu Unternehmensnetzwerken mit Schein- und Offshorefirmen verfolgen können.
Aufregung um Ersatzteile für Eurofighter

Mit der einstimmigen Annahme des Abschlussberichts von Verfahrensrichter Ronald Rohrer ist am Mittwoch der dritte Eurofighter-Untersuchungsausschuss des Parlaments zu Ende gegangen. Die letzte Sitzung dauerte nur knapp zwanzig Minuten lang. Rohrer zeigte sich danach zufrieden. Man habe einen äußerst komplexen Sachverhalt wirklich durchleuchten können.

Was allerdings nicht gelang, war der Nachweis individueller Bestechung oder Bestechlichkeit von Politikern oder anderer Entscheidungsträger, sagte Rohrer nach der Sitzung in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und den Fraktionschefs der im Ausschuss vertretenen Parteien. Immerhin habe man aber Zahlungsflüsse zu Unternehmensnetzwerken mit Schein- und Offshorefirmen und "teilweise fünfstöckigen Firmenkonstruktionen" verfolgen können.

"Mein Name ist Dr. Rohrer, ich war hier der Verfahrensrichter", paraphrasierte er humorig jenen Einleitungssatz, den er jeder einzelnen der 51 Zeugenbefragungen des U-Ausschusses an den Anfang gestellt hatte. "Ich darf Ihnen sagen, dass ich stolz bin, diese Funktion ausgeübt zu haben."

Der Flugzeughersteller Airbus bzw. EADS habe dieses Verfolgen der Zahlungsflüsse immer wieder kritisiert, doch sei dies von der Verfassung gedeckt, wie Rohrer betonte: "Weil wir müssen ja wissen, was an deren Ende steht." Gelungen ist dies allerdings nicht. Grund für einen weiteren, dann schon vierten Ausschuss ist dies für ihn dennoch nicht. Er zweifle, ob ein weiterer Ausschuss noch mehr Material finden würde. Aus dem Vorliegenden Schlüsse zu ziehen, sei nun eindeutig Aufgabe der Strafverfolgungsbehörde, sagte Rohrer.

Im über 400-seitigen Bericht übt er nicht nur an Airbus Kritik, sondern auch an Mitgliedern der schwarz-blauen Regierung unter Wolfgang Schüssel (ÖVP). Kritisiert wird etwa der damalige FPÖ-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, aber auch sein Parteikollege, Verteidigungsminister Herbert Scheibner, weil sie durch die Typenentscheidung für die teuren Eurofighter gegen den gesetzlichen Grundsatz zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Verwaltung verstoßen hätten.

Explizit keine endgültige Bewertung wird im Bericht über den 2007 unter SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos abgeschlossenen Vergleich mit Eurofighter abgeben. Andererseits wird aber darauf hingewiesen, dass eine Umrüstung der von Darabos abgespeckten Eurofighter auf die ursprünglich bestellte Ausstattung 650 Mio. Euro kosten würde; und das bei nur 250 Mio. Euro Nettopreisreduktion durch den Deal.

Schwere Kritik setzt es beim Gegengeschäftsvertrag, bei dem es zur Missachtung vergaberechtlicher Grundsätze und zu Nachverhandlungen gekommen sei, die die Position der Republik Österreich geschwächt hätten. Auch Schüssel selbst kommt hier in die Ziehung, denn es sei dessen ausdrücklicher Wunsch gewesen, die abzuschließenden Gegengeschäfte mit "international unüblichen" 200 Prozent der Kaufsumme festzusetzen.

Nationalratspräsident Sobotka wertete den harmonischen Abschluss des U-Ausschuss als Beweis dafür, "dass parlamentarische Kontrolle funktioniert", wie er danach sagte. In den einzelnen Fraktionen wurde das zwar grundsätzlich ähnlich gesehen, Kritik gab es aber auch. Eine Person glänzte durch Abwesenheit, nämlich Peter Pilz, der lange Jahre in offenen Eurofighter-Wunden gebohrt hatte.

Sobotka betonte, dass man bei kommenden Beschaffungen der Republik auf Erkenntnisse und den Erfahrungsgewinn aus dem Ausschuss zurückgreifen könne. Für die ÖVP nahm Andreas Ottenschläger diesen Ball auf, der vormittags dazu auch einen eigenen Medientermin abgehalten hatte. Seine Fraktion gesteht auch in ihrem eigenen Bericht zu, dass Gegengeschäfte "nach dem alten Muster" nicht mehr vertretbar seien. Künftig müsse es bei der inländischen Wertschöpfung einen direkten Zusammenhang mit dem zu bestellenden Produkt geben. Die ÖVP spricht hier vom Schweizer Modell.

Kritik übt sie wenig überraschend am 2007 besiegelten Vergleichsvertrag des damaligen SPÖ-Verteidigungsministers Norbert Darabos, der die Position der Republik "deutlich verschlechtert" und die Eurofighter "massiv entwertet" habe. Auch an der Eurofighter-Anzeige des späteren SP-Ressortchefs Hans Peter Doskozil lässt die ÖVP kein gutes Haar.

Gänzlich anders sieht das die SPÖ, wie deren Fraktionschef Rudolf Plessl ausführte. Grobe Fahrlässigkeit ortete er bei der Typenentscheidung und dem Vertragsabschluss unter Schwarz-Blau 2002/03. Die Life-Cycle-Kosten seien etwa nicht berücksichtigt worden. Hätte man es getan, hätte man den Eurofighter nicht kaufen dürfen.

Die Republik sei um 183,4 Mio. Euro belogen und betrogen worden, so Plessl weiter, der Schaden insgesamt betrage maximal 1,1 Mrd. Euro. Für die SPÖ ist klar, dass es bei Rüstungsbeschaffungen keine Gegengeschäfte mehr geben dürfe. Es brauche auch mehr Ressourcen für die Justiz und einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt.

Die FPÖ sah sich wie auch die ÖVP in der Erkenntnis schon des zweiten Ausschusses bestätigt, dass kein Korruptionsbeweis bei Entscheidungsträgern erbracht werden konnte. Reinhard Bösch übte ebenfalls Kritik am Darabos-Vergleich. Ein neuer Aspekt war für ihn die Notwendigkeit, dass ein parlamentarischer U-Ausschuss eine funktionierende Justiz als Gegenüber brauche.

"Wir weichen deutlich von der Deutung des Verfahrensrichters ab", meinte hingegen Michael Bernhard (NEOS). Zwar seien Zahlungsempfänger der in Schwarzgeldkassen geflossenen Gelder vertuscht worden. Zuletzt sei aber ein Scheck im Ausmaß von 1,5 Mio. Euro an eine Politikerin aufgetaucht, spielte er auf die frühere FPÖ/BZÖ/Stronach/Team-NÖ-Politikerin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger an. Er forderte für die Zukunft, Untersuchungsgegenstand und -zeitraum noch im Nachhinein erweitern zu können, um neue Informationen berücksichtigen zu können.

Eine Ende der Gegengeschäfte verlangte auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber von der Liste Jetzt. Außerdem müsse es angesichts der klammen Finanzlage des Bundesheeres einen Ausstieg aus dem System Eurofighter geben. Weiters gelte es das Finanzprokuraturgesetz zu ändern, damit diese nicht mehr (wie unter Darabos) von Vertragsverhandlungen ausgeschlossen werde können.

Dass Listengründer Pilz - der im ersten Eurofighter-U-Ausschuss gemäß der damaligen Verfahrensordnung sogar Vorsitzender war - an der letzten Sitzung nicht teilnahm, interpretierte Holzinger als Anerkennung ihrer Arbeit. Dass er diesen Auftritt ihr überlassen habe, mache ihren eigenen Beitrag an der Ausschussarbeit sichtbar, meinte Holzinger: "Ich habe mich darüber gefreut."

(APA)

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