Die britische Agrarministerin Margaret Beckett sprach am Donnerstag in Brüssel von schwierigen Verhandlungen und einem historischen Tag. Die Preise für Zucker von derzeit 631,9 Euro pro Tonne – dem Dreifachen des Weltmarktpreises – sollen bis 2009/10 um 36 Prozent gesenkt werden. Damit soll es gelingen, die EU-Zuckerproduktion um etwa zwei Fünftel auf rund 12 Mio. Tonnen zu senken.
Die Rübenbauern sollen für den Einkommensverlust, der ihnen durch die Preissenkungen entsteht, zu 64,2 Prozent durch eine von der Produktion unabhängige Prämie entschädigt werden. Die EU-Kommission hatte ursprünglich Preissenkungen von 39 Prozent und Kompensationszahlungen von 60 Prozent vorgesehen.
In vielen Regionen und Ländern unrentabel
Zudem wurde für beinahe jedes Land ein besonderes Zugeständnis in den Kompromiss aufgenommen. Österreich erhält etwa Einmalzahlungen bis zu 9 Mio. Euro für Investitionen, die durch die Reform notwendig werden. Griechenland und Polen, die bis zuletzt gegen die Reform opponiert hatten, waren leer ausgegangen. Für den EU-Haushalt soll die Reform aufkommensneutral sein, weil die Ausgleichszahlungen aus den Einsparungen der bisher bezahlten Export- und Produktionserstattungen – insgesamt rund 1,5 Mrd. Euro – finanziert werden.
Klagen stattgegeben
Landwirtschaftsminister Josef Pröll (V) zeigte sich mit dem gefundenen Kompromiss zufrieden. Die Reform sei gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen der EU-Kommission in wesentlichen Punkten entschärft worden, sagte Pröll vor Journalisten in Brüssel. Damit hätten die meisten Rübenbauern in Österreich eine Zukunft. Österreich zähle zwar zu den wettbewerbsfähigsten Standorten für die Zuckerproduktion in der EU, dennoch seien in der geplanten Reform Abschwächungen notwendig gewesen. Aus der jetzt beschlossenen Reform lasse sich die Notwendigkeit einer Standortschließung nicht ableiten, sagte Pröll an die Adresse der Agrana, die immer wieder erklärt hatte, dass eine der drei Zuckerfabriken nach einer Zuckermarktreform nicht zu halten sein werde. Der Druck werde aber größer. Nach der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik 2003 und der heute beschlossenen Zuckermarktreform müsse aber Schluss sein mit Reformen im Agrarsektor. Jetzt muss Ruhe einkehren, so Pröll. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, dass in der Zuckermarktreform bis 2013 keine Revisionsklausel vorgesehen sei.
Der neue deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer hat die heutige Einigung ebenfalls begrüßt. Ich denke, dass das eine faire Geschichte gegenüber allen Betroffenen ist. Ein Scheitern der Reform hätte katastrophale Auswirkungen für den Zuckermarkt in Europa gehabt. In Deutschland als relativ günstigem Standort für Zucker werde die Reform voraussichtlich nicht zu einem nennenswerten Rückgang der Erzeugung führen, allerdings seien Verlagerungen von Standorten zu erwarten.