Keine vorbehaltlose Zustimmung Österreichs zu EU-Klimaziel
    Auf Journalistennachfrage bezüglich der Rahmenbedingungen nannte Totschnig etwa eine Verlängerung der Frist für Gratis-Zertifikate im Rahmen des Emissionshandels, Flexibilität beim Carbon Management oder auch einen "verpflichtenden Netto-Null-Pfad für alle Mitgliedsländer". Es gehe bei der Thematik nicht nur um das Klima, sondern auch um den Wirtschaftsstandort, die Erhaltung des Wohlstands, die Sicherung von Arbeitsplätzen und um Ernährungssicherheit. "Es gibt Nachbesserungsbedarf", unterstrich Totschnig. Man müsse die Klimaneutralität mit Rahmenbedingungen erreichen, "die solide sind", so der Minister. In der öffentlichen Sitzung des Ministerrats verlangte Totschnig bezüglich der Verlängerung der Frist für Gratis-Zertifikate "ein klares Bekenntnis im Text".
Uneinigkeit über "internationale Gutschriften"
Der deutsche Umweltminister Carsten Schneider machte sich in der öffentlichen Sitzung für eine Entscheidung stark, "die Nachhall in der Welt hat". In Bezug auf die "internationalen Gutschriften" - es soll zulässig sein, einen Teil der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen über Maßnahmen in Drittländern zu erreichen - sprach sich Schneider für eine Höchstgrenze von drei Prozent aus, während die französische Ministerin Monique Barbut feststellte: "Wir akzeptieren nichts unter fünf Prozent." Tschechien, Ungarn oder auch die Slowakei gaben sich grundsätzlich skeptisch bezüglich des Klimaziels. 90 Prozent seien nicht erreichbar, so die ungarische Politikerin Aniko Raisz. Sie kündigte an, "den Text nicht zu unterstützen". Für eine Einigung ist eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsländer notwendig.
Kommissionsvertreter Wopke Hoekstra erkannte am Ende des ersten Teils der öffentlichen Sitzung zu Mittag eine "deutliche Mehrheit für das, was auf dem Tisch liegt" und hoffte auf eine Einigung in den nachfolgenden Gesprächen. Lars Aagaard als Vertreter des dänischen Ratsvorsitzes sah eine "breite Mehrheit, die heute einen Deal erreichen möchte, wir sind aber noch nicht dort angelangt".
Zuletzt hatte sich beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende Oktober die Haltung abgezeichnet, dass das von der EU-Kommission angestrebte Ziel akzeptiert werden könnte. Im Gegenzug werden die Maßnahmen zur Zielerreichung wohl weniger streng ausfallen als ursprünglich erwartet - es also in die Richtung gehen wird, die Totschnig verlangt. So ist etwa an eine Aufweichung des Emissionshandels gedacht, auch das für 2035 anvisierte "Verbrenner-Aus" wird neu diskutiert - auch wenn diese Themen am Dienstag nicht auf der Tagesordnung stehen. Überhaupt soll in das Klimaziel 2040 eine "Revisionsklausel" eingebaut werden. Für die Wissenschaft stellt eine Absenkung der CO2-Emissionen um 90 Prozent bis 2040 das absolute Minimum dar.
Beschluss überfällig
Der Beschluss für das EU-Klimaziel 2040 ist angesichts der Weltklimakonferenz (COP30) im brasilianischen Belém (10. bis 21. November) überfällig. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Antonio Costa werden persönlich nach Südamerika reisen und dort die Interessen der EU vertreten. Totschnig drückte sich so aus: "Europa darf nicht mit leeren Händen nach Belém reisen."
Gelingt eine Einigung auf ein Klimaziel 2040, wird am Dienstag auch das EU-Ziel für 2035 daraus abgeleitet. Einer Absichtserklärung der Länder zufolge wird ein Reduktionswert zwischen 66,25 und 72,5 Prozent im Vergleich zu 1990 angestrebt. Für einen diesbezüglichen Beschluss muss aber - anders als beim Zielwert für 2040 - Einstimmigkeit herrschen. Ein Zielwert für 2035 ist auch deshalb von großer Bedeutung, weil bei der COP30 über die weltweiten Klimaziele für 2035 verhandelt wird. Die Klimaziele sind Teil des 2015 geschlossenen Pariser Klimaschutzabkommens, das die globale Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius beschränken möchte - auch wenn UNO-Generalsekretär António Guterres selbst vor wenigen Tagen das Verfehlen des 1,5 Grad-Ziels in den kommenden Jahren bereits als "unvermeidlich" bezeichnet hat.
(APA)
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