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EU: Türkei besteht auf Verhandlung-Beginn

Der türkische Außenminister Abdullah Gül hat die Europäische Union aufgefordert, ihre Zusagen einzuhalten und in der kommenden Woche die Beitrittsverhandlungen mit Ankara aufzunehmen.

Neue Bedingungen werde Ankara nicht akzeptieren, erklärte Gül am Samstag in Istanbul. In einer Krisensitzung wollten die EU-Außenminister am (morgigen) Sonntag den Weg für den Beginn der Verhandlungen freimachen. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana zeigte sich zuversichtlich, dass eine Einigung erreicht werden könne.

„Wenn die Europäische Union beschließt, ihr Wort nicht einzuhalten, wenn ihre Führer neue Bedingungen stellen, die die Türkei niemals akzeptieren werde, dann kann es eine solche Partnerschaft nicht geben“, erklärte der türkische Außenminister weiter. Österreich blockiert einen vorliegenden Entwurf für den Verhandlungsrahmen mit der Türkei, den die EU-Staaten einstimmig beschließen müssen.

Wien fordert laut Diplomaten, dass aus dem Papier der Satz „Das gemeinsame Ziel der Verhandlungen ist der Beitritt“ ersatzlos gestrichen wird. Vielmehr müsse in dem Verhandlungsrahmen eine klare Alternative für den Fall formuliert werden, dass die Türkei der EU am Ende der Verhandlungen nicht beitreten könne. Dies sei der Fall, wenn entweder die Türkei die Bedingungen nicht erfülle, oder die EU einen Beitritt des Landes nicht verkraften könne.

Die übrigen 24 EU-Staaten lehnen Änderungen an dem Entwurf ab, der sich im Wesentlichen an einem Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs vom Dezember 2004 orientiert. Darin heißt es, dass die Verhandlungen zwar ergebnisoffen geführt werden, das Ziel aber der Beitritt der Türkei sei. Laut Diplomaten argumentiert Österreich, dass sich seit dem Dezember für die EU einiges geändert habe. So sei das Nein der Franzosen und der Niederländer zur Verfassung auch auf Bedenken gegen die Türkei zurückzuführen.

Staatssekretär Hans Winkler erklärte einem Interview mit der Tageszeitung „Kurier“ (Samstagsausgabe): „Der Fall der Türkei ist einzigartig. Sollte die Türkei EU-Mitglied werden, wird sie das größte Land sein. Die Entwicklung des Landes in wirtschaftlicher, politischer, sozialer und menschenrechtlicher Hinsicht wirft Fragen auf. Deswegen ist es gerechtfertigt, dass man eine Reihe von Bedingungen formuliert, die es noch nie gegeben hat.“

Solana erwartete dennoch eine Lösung. „Entscheidungen, die die Türkei betreffen, sind auch in der Vergangenheit immer erst in letzter Minute getroffen worden“, wird er in der „Bild am Sonntag“ zitiert. Die Beitrittsverhandlungen seien keine Vorentscheidung über die Aufnahme der Türkei in die EU, betonte er. Die Gespräche würden ergebnisoffen geführt. Der Botschafter der EU in der Türkei, Hansjörg Kretschmer, äußerte im Deutschlandradio Kultur die Überzeugung, dass die Gespräche mit der Türkei trotz der Blockade Österreichs pünktlich am Montag begännen. Man werde diese „historische Gelegenheit“ nicht verstreichen lassen, erklärte er.

Gelingt eine Einigung am Sonntagabend nicht, können die Beitrittsverhandlungen nicht wie geplant am Montagnachmittag in Luxemburg eröffnet werden. Eine Rolle spielt dabei auch die Frage, wann die EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien aufnehmen wird. Der Beginn der Gespräche liegt zurzeit auf Eis, weil das Land nicht uneingeschränkt mit dem Haager UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien zusammenarbeitet.

Über Fortschritte Kroatiens wollen die EU-Außenminister ebenfalls am Montag beraten. Dazu werden auch UNO-Chefanklägerin Carla Del Ponte und der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader erwartet.

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