Nach übereinstimmenden Angaben von EU-Diplomaten am Freitag in Brüssel drängt Österreich auch darauf, das Ziel eines türkischen EU-Beitritts aus dem umstrittenen Mandat zu streichen. Die Positionen vor dem Krisentreffen der EU-Außenminister am Sonntag in Luxemburg haben sich damit verhärtet. Nach den Wünschen Österreichs sollte der Satz Das gemeinsame Ziel der Verhandlungen ist der Beitritt in dem Verhandlungsrahmen entfallen.
Eine Einigung der EU über den Text ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme der Beitrittsgespräche mit Ankara. Bisher hatte Österreich lediglich eine zusätzliche, möglichst starke alternative Anbindung der Türkei an die EU gefordert, sollte das Land die Bedingungen für eine Mitgliedschaft in der Union nicht erfüllen.
“Faire finanzielle Verteilung”
Außenministerin Ursula Plassnik (V) untermauerte die österreichische Position in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Österreichs Bedenken, ob die Europäische Union bereit und fähig ist, die Türkei als Vollmitglied zu akzeptieren, … werden in ganz Europa geteilt, erklärte sie darin.
Deshalb dürften die Verhandlungen nicht nur mit dem Ziel der Vollmitgliedschaft geführt werden. Was wir vorschlagen, ist eine Option für den Fall, dass eine Mitgliedschaft nicht funktioniert.
Blair pro Beitritt
Erdogan optimistisch
Chancen auf Einigung 50:50
Dem Wunsch der Bundesregierung nach Streichung des Beitrittsziels in dem Mandat geben EU-Diplomaten keinen Aussicht auf Erfolg. Die 24 anderen EU-Länder seien bereit, den vorliegenden Text anzunehmen, bestätigten mehrere EU-Diplomaten. Man könne nicht kurz vor den Verhandlungen die Zielmarken in internationalen Beziehungen verändern, kritisierte ein hochrangiger Diplomat. Zudem steht diese Forderung nach Ansicht der britischen EU-Ratspräsidentschaft und anderer EU-Staaten im Widerspruch zu den Beschlüssen des EU-Gipfels vom Dezember 2004, in denen das Beitrittsziel für die Türkei festgeschrieben worden ist.
“Grundlegend geänderte Situation”
Rolle Kroatiens
Bei dem Krisentreffen der Außenminister am Sonntagabend soll nach bisherigen Planungen nur über das Türkei-Mandat verhandelt werden. Die EU-Taskforce zu Kroatien soll erst am Montag früh zu Beratungen mit der UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte zusammenkommen.
Türkei-Experte hält Platzen der Beitrittsverhandlungen für möglich
Der Türkei-Experte Faruk Sen hält es für möglich, dass die Türkei die für Montag geplanten Beitrittsverhandlungen mit der EU von sich aus platzen lässt. Immer neue Beitrittskriterien der Europäischen Union, die den Eindruck erweckten, sie sollten absichtlich unüberwindbare Hürden errichten, seien für die türkische Regierung kaum noch dem Wähler zu vermitteln, erklärte der Direktor des Zentrums für Türkei-Studien an der Universität Duisburg-Essen am Freitag.
Der Rückhalt für den Beitrittsprozess sei in der Türkei schon in den vergangenen Monaten deutlich geschwunden, fügte Sen hinzu. Nunmehr sei die Stimmung vollends gekippt. Angesichts der dynamischen Wirtschaftsentwicklung sei die Überzeugung, dass ein EU-Beitritt in jedem Fall einen großen wirtschaftlichen Gewinn für das Land bedeuten würde, längst nicht mehr so ausgeprägt wie noch vor einiger Zeit. Die Türkei könne den Verhandlungsbeginn von sich aus aussetzen, um die EU zu einer eindeutigen Positionierung zu bewegen, sagte Sen.
Erdogan ermahnt EU zu Redlichkeit
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die EU zu Redlichkeit bei der Entscheidung über den noch immer ungewissen Beginn von Beitrittsgesprächen aufgefordert. Andernfalls werde die Türkei eine ganz andere Antwort geben, als dies bisher der Fall gewesen sei, sagte Erdogan am Freitag nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Er gehe davon aus, dass die EU beim Verhandlungsrahmen ebenso redlich handeln werde, wie die Türkei dies nach dem EU-Gipfelbeschluss vom 17. Dezember getan habe.
Damals hatten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union der Türkei Beitrittsverhandlungen mit dem Ziel einer künftigen Mitgliedschaft zugesagt.
Die Türkei-Skeptiker in der EU forderte Erdogan auf, seinem Land unvoreingenommen entgegenzutreten. Es gibt einige in der EU, die ein Opfer des Fanatismus geworden sind, sagte Erdogan. Es gibt welche, die sich von Vorurteilen nicht freimachen können. Es gibt welche, die die Türkei schief ansehen. All diese fordere er zu einer richtigen Sichtweise auf.
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