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EU-Kommission will Stahlzölle deutlich ausweiten

Die EU-Kommission will die heimische Stahlindustrie mit deutlich höheren Zöllen vor billiger Konkurrenz aus Ländern wie China schützen. Zudem soll die Menge für zollfreie Importe nahezu halbiert werden, teilte der zuständige EU-Kommissar Stéphane Séjourné mit. Konkret solle der Zollsatz für Importe, die darüber hinausgehen, auf 50 Prozent verdoppelt werden.

Bevor die neuen Regeln in Kraft treten können, müssen auch das Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen. Es gehe darum, die europäischen Stahlproduzenten und Arbeitsplätze zu retten. "Das ist die Reindustrialisierung Europas", so Séjourné.

Überkapazitäten im Fokus

In der Kommission wird von deutlich mehr als 600 Millionen Tonnen weltweiter Überkapazitäten gesprochen. Damit sind in der Regel Waren gemeint, für die es keine Abnehmer gibt. Weltweite Überkapazitäten sind jüngst relevanter geworden, nachdem die USA ihre Einfuhrzölle massiv erhöht haben.

In der EU steht die Befürchtung im Raum, dass Exporte, die bisher nach Nordamerika verkauft wurden, nun nach Europa umgeleitet werden. Dadurch könnten europäische Hersteller zusätzlich unter Druck geraten. Die meisten Stahlimporte in die EU kamen nach EU-Angaben bisher aus der Türkei, Südkorea, Indien, Vietnam, China, Japan, dem Vereinigten Königreich und der Ukraine. Stahlimporte in die EU sind bis zu einer bestimmten Menge pro Jahr zollfrei, für große Lieferanten wie die Türkei und Indien gelten spezifische Quoten. Überschreitet die Einfuhrmenge die jeweilige Obergrenze, wird bisher ein Zoll von 25 Prozent fällig, den die Kommission nun verdoppeln will.

Importe über der neuen Zollfreimenge sollen sich nicht mehr lohnen

Ziel ist es, dass sich Einfuhren in die EU oberhalb der neuen, niedrigeren Obergrenze nicht mehr lohnen. Die Importe sollen also sinken, die Produktion innerhalb der EU steigen.

Die EU wirft insbesondere China vor, seiner Stahlindustrie mit staatlichen Hilfen einen unfairen Vorteil zu verschaffen und dafür zu sorgen, dass weltweit zu viel Stahl auf dem Markt ist. Zahlen des Weltstahlverbands zufolge produzierte China im vergangenen Jahr mehr als 1.000 Millionen Tonnen und damit mehr als die Hälfte des Stahls weltweit. Zum Vergleich: Die deutsche Industrie kam auf rund 37 Millionen Tonnen Stahl.

Neue Quoten auf Dauer - EU-Länder müssen noch beraten

Die europäischen Hersteller leiden unter hohen Energiepreisen, außerdem sind sie von den US-Zöllen betroffen. Zugleich ist die Umstellung der energieintensiven Stahlproduktion auf grüne Energie sehr teuer. Hersteller wie die Stahlsparte von Thyssenkrupp oder der Konzern AcelorMittal stecken deshalb in der Krise.

Die neuen Quoten sollen dauerhaft gelten. Sie sollen eine bisherige Regelung ersetzen, die zum 1. Juli 2026 ausläuft. Zuvor müssen aber noch das Europaparlament und die 27 EU-Länder über das Gesetz verhandeln.

Österreichs Stahlbranche sieht nur "ersten Schritt"

Die Vorschläge seien "erste wichtige Schritte. Doch das reicht nicht", damit die energieintensive Stahlindustrie in Europa überleben kann, schreibt WKÖ-Fachverbandsobmann Bergbau-Stahl, Andreas Henckel-Donnersmarck, in einer Aussendung nach der Bekanntgabe. Nötig sei ein konkreter Plan, wie die Energiepreise in Europa rasch gesenkt werden können. Der Grenzausgleichsmechanismus für Kohlendioxid (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM), auch "CO2-Zoll" genannt müsse ausgeweitet werden. Die freie Zuteilung von Emissionszertifikaten brauche eine Verlängerung. Die Importzölle müssten auf das Niveau wie in den USA und Kanada steigen. Die Infrastruktur sei auszubauen. Für Grünen Stahl aus Europa müsse ein Markt geschaffen werden und Schrott müsse als strategischer Rohstoff in Europa bleiben.

(APA/AFP)

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