EU-Kommission präsentiert Roadmap für Verteidigung

"Die jüngsten Bedrohungen haben gezeigt, dass Europa in Gefahr ist", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Vorstellung des Fahrplans. Man müsse nun mit Einigkeit, Solidarität und Entschlossenheit reagieren. Der Verteidigungsfahrplan lege dafür einen klaren Plan mit gemeinsamen Zielen und konkreten Etappenzielen auf dem Weg bis 2030 vor.
Kaja Kallas, Außenbeauftragte der Europäischen Union, sagte auf einer Pressekonferenz in Brüssel, dass die Gefahr auch nach dem Ende des Krieges in der Ukraine nicht verschwinden werde. "Es ist klar, dass wir unsere Verteidigung gegen Russland verstärken müssen", hieß es weiter.
Zu den vier vorgeschlagenen Aufrüstungsprojekten gehören neben der Drohnenabwehr-Initiative (auch als Drohnenwall bezeichnet), auch die sogenannte "Eastern Flank Watch" zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeiten der östlichen EU-Mitgliedstaaten und das "European Air Shield" zur Stärkung der EU-Luftverteidigung. Zudem ist ein "European Defence Space Shield" geplant, um den Schutz europäischer Satelliten sicherzustellen. Deutschland will nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius die Führung beim geplanten "European Air Shield" übernehmen.
Die Finanzierung soll vor allem über die Mitgliedstaaten und über bereits bestehende EU-Programme erfolgen. Mittelfristig könnten dann zusätzliche Gelder über den nächsten Langfrist-Haushalt der EU fließen, der derzeit für die Jahre 2028 bis 2034 geplant wird. EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius erklärte, über die NATO hätten die meisten EU-Staaten bereits zugesagt, ihre Verteidigungsausgaben bis 2035 massiv zu erhöhen. Im Schnitt müssten insgesamt zusätzlich 288 Milliarden Euro pro Jahr ausgegeben werden.
"Eastern Flank Watch" und Drohnenabwehr besonders dringlich
Die Kommission bezeichnete die zwei Leitprojekte "Eastern Flank Watch" und die Drohnenabwehr-Initiative als besonders dringlich. Beide Projekte sollen nach dem Willen der Brüsseler Behörde bis Ende nächsten Jahres eine erste Einsatzfähigkeit erreichen. Das Drohnenprojekt soll ein Jahr später voll funktionsfähig sein, die "Flank Watch" Ende 2028. Mit der Drohnen-Initiative soll laut dem Fahrplan ein mehrschichtiges Hightech-System mit Fähigkeiten zur Erkennung, Verfolgung und Neutralisierung feindlicher Drohnen aufgebaut werden, das auch in der Lage ist, mittels eigener Drohnentechnik präzise Schläge gegen Bodenziele auszuführen.
Über den Fahrplan wird kommende Woche beim EU-Gipfel in Brüssel beraten. Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten müssen die Vorschläge für die Leitprojekte billigen. Zudem müssen sie festlegen, wer die Projekte leitet, die grünes Licht erhalten. Die Vorschläge spiegeln die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geschürte Furcht wider, dass Russland in den kommenden Jahren ein EU-Mitglied und damit auch einen NATO-Staat angreifen könnte. Zudem reagiert die EU-Kommission auf die Forderungen von US-Präsident Donald Trump, dass Europa mehr für seine eigene Sicherheit tun müsse.
Europäische Verteidigung für SPÖ "notwendig", FPÖ übt Kritik
Andreas Schieder, SPÖ-Delegationsleiter im Europäischen Parlament, teilte am Donnerstag der APA mit, dass die jüngsten Drohnenangriffe Russlands gezeigt hätten, dass kein Land in Europa sicher sei - auch Österreich nicht. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis solche Störaktionen auch unseren Luftraum erreichen. Der Ausbau der europäischen Verteidigung ist daher ohne Frage notwendig", so Schieder. Russland führe längst einen hybriden Krieg gegen Europa, daher müsse auch in den Schutz vor Desinformation, Cybersicherheit und in den sozialen Zusammenhalt investiert werden. "Soziale Instabilität untergräbt das Vertrauen in die Demokratie und öffnet Russland Tür und Tor für jegliche Einflussnahme", heißt es weiter.
Die FPÖ-EU-Abgeordnete Petra Steger teilte hingegen am Donnerstag in einer Presseaussendung mit, dass der Fahrplan zum Ziel habe, die Mitgliedsstaaten bis 2030 "bereit für die Schlachtfelder von morgen" zu machen und eine "Sicherstellung von Frieden ist längst nicht mehr das Ziel der Kommission". Besonders kritisch sehe Steger die finanziellen Maßnahmen und spricht weiters von einem "Ausverkauf der österreichischen Souveränität und Neutralität". Die österreichische Bundesregierung sei daher aufgerufen, "den demokratischen Souverän durch eine Befragung des Volks zu Wort kommen zu lassen, bevor das Land ungefragt in eine Kriegsunion gedrängt wird oder im schlimmsten Fall selbst in einen Krieg hineingezogen wird."
EU-Staaten hatten Fahrplan gefordert
Nach den Verletzungen der Lufträume mehrerer europäischer Staaten hatte die Kommission einen "Europäischen Drohnenwall" sowie eine "Eastern Flank Watch" zur Stärkung der Kapazitäten der EU-Staaten an der Ostgrenze vorgeschlagen. Der Fahrplan wurde von den EU-Chefs bereits bei ihrem Gipfel im März gefordert. In der Gipfelerklärung riefen sie dazu auf, "die Arbeit in allen Bereichen zu beschleunigen, um die Verteidigungsbereitschaft Europas in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu erhöhen".
Dies wurde von den EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem informellen Treffen Anfang Oktober in Kopenhagen bekräftigt. Auch Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) hatte dabei erklärt, Europa müsse "zeigen, dass wir bereit sind, uns zu verteidigen" und nicht nur den Willen, sondern auch die Fähigkeit dazu habe. Der Fahrplan wurde auch von den EU-Verteidigungsministerinnen und -ministern beim Arbeitsessen Mittwochabend in Brüssel diskutiert.
(APA/dpa/Reuters)
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