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EU-Kommission distanziert sich

Zwischen der EU-Kommission und der italienischen EU-Rats-präsidentschaft ist ein Streit über die Haltung zur russischen Yukos-Affäre und zur Moskauer Tschetschenienpolitik entbrannt.

Die Brüsseler Kommission distanzierte sich am Freitag von Äußerungen des italienischen Ministerpräsidenten und EU-Ratspräsidenten Silvio Berlusconi, der Russlands Präsident Wladimir Putin am Vortag auf dem EU-Russland-Gipfel gegen Kritik verteidigt hatte. Die italienische Regierung wies die Vorwürfe aus Brüssel zurück. Frankreichs Präsident Jacques Chirac und Putin trafen unterdessen in Paris zusammen.

„Wir teilen nicht die Sichtweise von Ministerpräsident Berlusconi“ über Tschetschenien und die Yukos-Affäre, sagte EU-Kommissionssprecher Reijo Kemppinen. Bei Berlusconis Äußerungen handle es sich um „persönliche Bemerkungen“. Auch die Position der EU-Mitgliedstaaten entspreche „nicht genau“ den Äußerungen Berlusconis.

Bei der Pressekonferenz nach dem EU-Russland-Gipfel am Donnerstag in Rom hatte Berlusconi Putin gegen Kritik an seiner Tschetschenien-Politik verteidigt und sich zugleich überzeugt gezeigt, dass die russische Justiz im Fall Yukos nicht durch die Politik missbraucht werde. Unter anderem sagte Berlusconi, die europäischen Medien erzählten „Märchen“ über die Lage in der Kaukasusrepublik.

Die EU-Kommission wiederholte am Freitag ihre Bedenken im Fall Yukos. „Auch wenn die Affäre eine juristische Angelegenheit Russlands ist, hat sie größere Auswirkungen“, sagte Kommissionssprecher Kemppinen. Ausländische und insbesondere europäische Geschäftsleute hätten ein Recht darauf, dass eine „gewisse Sicherheit von Investitionen in Russland garantiert ist.“ Der Hauptaktionär des Ölkonzerns Yukos, Michail Chodorkowski, war am 25. Oktober unter anderem wegen Betrugs verhaftet worden. International wurde die Befürchtung geäußert, dass hinter der Verhaftung ein Machtkampf zwischen einflussreichen Geschäftsleuten und der russischen Regierung steht.

Die italienische Regierung warf der EU-Kommission vor, erst einen Tag nach dem Gipfel Stellung zu nehmen. Wenn die Kommission und ihr Präsident Prodi etwas anderes als Berlusconi zur Yukos-Affäre oder zu Tschetschenien zu sagen gehabt hätten, „dann hätten sie dies tun können, entweder während der Sitzung mit Präsident Putin oder während der langen und lebhaften Pressekonferenz im Anschluss“, sagte Berlusconis Sprecher Paolo Bonaiuti. „Die, die nicht einverstanden waren, hätten das sofort sagen können“, sagte Bonaiuti. Statt dessen habe sich Prodi nach Abschluss der Pressekonferenz geäußert und der Kommissionssprecher erst 24 Stunden später.

Nach einem Vier-Augen-Gespräch mit Chirac reiste Putin am Nachmittag aus Paris ab; vor der Presse äußerten sich die Präsidenten nicht. In einer ungewöhnlichen Geste begleitete Chirac seinen Gast in dessen Limousine zum Flughafen. Laut Chiracs Sprecherin Catherine Colonna sollten EU-Themen sowie die Situation im Nahen Osten und im Irak besprochen werden. Zudem werde sich Putin für Chiracs Meinung zur Yukos-Affäre interessieren. Frankreich hatte sich bisher mit Kommentaren zurückgehalten. Am Mittwoch hatte Finanzminister Francis Mer gesagt, die Affäre werde „unzweifelhaft rasch in Ordnung gebracht“.

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