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EU beschloss Ausstieg aus russischem Gas bis Ende 2027

Einigung zwischen EU-Staaten und EU-Parlament zu Gasimporten
Einigung zwischen EU-Staaten und EU-Parlament zu Gasimporten ©APA/dpa
Die EU will bis Ende 2027 schrittweise aus russischen Gasimporten aussteigen und die Abhängigkeit von russischer Energie beenden. Vertreter der EU-Staaten und des Europäischen Parlaments erzielten Mittwochfrüh eine entsprechende Einigung. Diese basiert auf Vorschlägen, die die EU-Kommission im Juni vorgelegt hatte, um die Lieferungen des ehemals wichtigsten Gaslieferanten der EU nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 zu beenden. Widerstand kam aus Ungarn.

Die Vereinbarung sieht vor, dass Importe von Flüssigerdgas (LNG) bis Ende 2026 und die von Pipeline-Gas bis Ende September 2027 auslaufen. "Heute beenden wir diese Importe endgültig", erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Mitteilung. "Indem wir Putins Kriegskasse austrocknen, stehen wir solidarisch an der Seite der Ukraine und richten unseren Blick auf neue Energiepartnerschaften und Chancen für den Sektor." Für bestehende Verträge gelten unterschiedliche Fristen.

Auch Ölimporte sollen bis Ende 2027 auslaufen

Der Kreml verurteilte die Entscheidung. Diese werde Europa weniger wettbewerbsfähig machen und zu höheren Preisen für die Verbraucher führen, hieß es aus Moskau. Im Oktober entfielen noch zwölf Prozent der EU-Gasimporte auf Russland. Vor dem Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 waren es 45 Prozent. Zu den Ländern, die weiterhin Lieferungen erhalten, gehören Ungarn, Frankreich und Belgien. Die Kommission hat sich zudem verpflichtet, die verbleibenden Ölimporte aus Russland ebenfalls bis Ende 2027 auslaufen zu lassen. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag soll Anfang nächsten Jahres vorgelegt werden.

Der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, sagte: "Europa zieht einen Schlussstrich unter eine Geschichte, die vor über einem halben Jahrhundert begann."

Die Einigung soll auch rechtliche Sicherheit schaffen. Denn während die Sanktionen gegen Moskau alle sechs Monate verlängert werden müssen und Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten erfordern, sollen die nun vorgesehenen rechtlichen Änderungen dauerhaft gelten.

Russland macht Milliardengewinne mit Energielieferungen

Auch nach knapp vier Jahren Krieg erwirtschaftet Russland mit Energielieferungen in die EU weiterhin Milliardengewinne. So führten EU-Staaten nach offiziellen Zahlen im Jahr 2024 immer noch 52 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland ein, was rund einem Fünftel aller Einfuhren entsprach. Hinzu kamen 13 Millionen Tonnen Rohöl und mehr als 2.800 Tonnen Uran in angereicherter Form oder als Kernbrennstoff.

Im ersten Halbjahr 2025 importierte die EU nach Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat Flüssigerdgas im Wert von fast 4,5 Mrd. Euro aus Russland. Im vergangenen Jahr war demnach natürliches und verarbeitetes Gas im Wert von 15,6 Mrd. Euro von dort importiert worden. Zum Vergleich: Aus den USA kam Gas im Wert von 19,1 Mrd. Euro.

Importstopp soll Verbraucher kaum treffen

Einer Analyse der EU-Kommission zufolge würde der Komplettverzicht auf russisches Gas kein Risiko für die Versorgungssicherheit bedeuten. Auf dem Weltmarkt gebe es genügend andere Anbieter, heißt es aus Brüssel. Verbraucher müssten sich demnach keine großen Sorgen über steigende Gaspreise machen.

Die EU will die Importe auf Grundlage des europäischen Handels- und Energierechts verbieten. Mitte Juni hatte die EU-Kommission dafür Vorschläge vorgelegt. Die nun erzielte Einigung muss noch formell vom Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten im Rat bestätigt werden.

Ungarisch-slowakischer Widerstand

Ungarn lehnte den EU-Beschluss zum Ausstieg aus russischen Energieimporten ab. Es sei unmöglich, die Vorlage umzusetzen, da sie die Energiesicherheit Ungarns gefährde, sagt Außenminister Peter Szijjarto. Ungarn und die Slowakei würden Klage beim Europäischen Gerichtshof einreichen, sobald der Beschluss finalisiert sei.

Stimmen aus Österreich

Auch für die FPÖ stellt der EU-Gasimportstopp aus Russland einen "Angriff auf die Energiesicherheit Europas" dar, so EU-Abgeordnete Petra Steger in einer Aussendung. Der "letzte Rest an Versorgungssicherheit" werde mutwillig zerstört, so ihr Vorwurf. "Wer einem ideologisch getriebenen Verbot von russischem Gas zustimmt, gefährdet Arbeitsplätze, Wohlstand und die soziale Stabilität."

Ganz anders die außen- und europapolitische Sprecherin der Grünen, Meri Disoski: "Diese Einigung ist ein großer, längst überfälliger Schritt. Sie macht die EU unabhängiger und damit souveräner gegenüber Russland." Für Putin, der Gaslieferungen als Instrument seiner Erpressungspolitik einsetze und mit den Einnahmen auch den Krieg in der Ukraine finanziere, sei das eine sehr schlechte Nachricht.

SPÖ-EU-Abgeordneter Günther Sidl sieht nun die "Chance, Europas Energiezukunft stärker auf erneuerbare Beine zu stellen". Dafür gehöre der "grüne Wandel" entschlossen vorangetrieben.

NEOS-Europaabgeordnete Anna Stürgkh sprach von einem "historischen Befreiungsschlag. Europa sprengt endlich Putins Gasfesseln." Ihre liberale Fraktion habe Verschärfungen durchgesetzt, bezog sie sich auf russisches LNG, dessen Bezug nun schon zu Jahresbeginn 2027 ausläuft. Auch der Import über Pipelines ende früher.

Angelika Winzig, Wirtschaftssprecherin der ÖVP im Europaparlament, ortet einen Schritt Richtung Unabhängigkeit Europas. Österreich sei "längst vorangegangen: Seit Ende des letzten Jahres beziehen wir kein russisches Gas mehr." EU-Pläne wie der Clean Industrial Deal würden Wachstum schaffen und seien dank des Fokus auf neue, saubere Technologien "die bessere Antwort auf Energieerpressung Putins".

Kritik von einem deutschen CDU-Ministerpräsidenten

In der konservativen Parteienfamilie in Europa gab es unterdessen auch kritische Stimmen. So kritisierte der Regierungschef des ostdeutschen Bundesland Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), den Beschluss der EU zum kompletten Verzicht auf russisches Erdgas. Dieser sei unverständlich. Er halte das für eine Fehlentscheidung. Bezogen auf die Waffenstillstandsbemühungen im Ukraine-Krieg sagte er: "Warum man jetzt so einen Beschluss fassen muss, verstehe ich nicht". Kretschmar spricht sich stets dafür aus, nach dem Kriegsende wieder Energie aus Russland einzuführen.

(APA/dpa/Reuters)

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