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EU: Abstimmung über Kommission offen

Die Abstimmung im Europaparlament über die neue EU-Kommission ist einen Tag vor dem entscheidenden Votum völlig offen. Jose Manuel Barroso selbst ist nicht zu Umbau seines Teams bereit.

Der designierte EU-Kommissionspräsident erklärte sich am Dienstag vor den EU-Abgeordneten in Straßburg nicht zu einer Umbildung seiner Kommission bereit, wie dies Sozialdemokraten, Liberale, Grüne und Linke im Streit um den designierten italienischen Justiz- und Innenkommissar Rocco Buttiglione gefordert hatten. „Falls die Kommission nicht die notwendige Unterstützung bekommt, wäre es schlecht für Europa“, warnte Barroso.

„Mein Team wird Ihnen vielleicht nicht vollkommen erscheinen, es ist aber ein starkes und ausgewogenes Team“, betonte Barroso. Er versicherte das Engagement seiner Kommission im Kampf gegen Diskriminierung und verwies auf neue Initiativen der EU in diesem Bereich. So sollen Maßnahmen gegen sexuelle Diskriminierung in der bestehenden EU-Anti-Dikrimierungs-Richtlinie stärker verankert werden. Ebenso verwies er auf die Aufwertung der in Wien ansässigen EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zur EU-Menschenrechtsagentur. Weiters kündigte er ein Aktionsprogramm der künftigen Kommission gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit an.

Der Chef der größten politischen Gruppe im EU-Parlament, der konservativen EVP-Fraktion, Hans Gert Pöttering, warb für Zustimmung zu Barrosos Team. Die zweitstärkste sozialdemokratische SPE-Fraktion droht jedoch weiter mit Ablehnung, ebenso wie Grüne, Linke und ein Teil der Euroskeptiker. SPE-Fraktionschef Martin Schulz kritisierte Barrosos Festhalten an Buttiglione „Wenn das so bleibt, wird es für uns sehr schwierig, Ihrer Kommission das Vertrauen auszusprechen.“ Der SPÖ-EU-Abgeordnete SPE-Fraktionsvize Hannes Swoboda betonte, Barroso habe „nicht überzeugt“. Die von ihm vorgeschlagenen Anti-Diskriminierungs-Maßnahmen seien „alter Wein in neuen Schläuchen“.

Das Zünglein an der Waage dürften somit die Stimmen der drittgrößten Liberalen-Fraktion sein. Deren Chef Graham Watson empfahl am Dienstag zwar die Zustimmung zur Kommission. Er räumte jedoch ein, dass seine Fraktion gespalten sei und etwa die Hälfte der insgesamt 88 Abgeordneten anderer Meinung sei als er. Ihre Ablehnung der künftigen Kommission bekräftigten Grüne, Vereinigte Europäische Linke und ein Teil der Euroskeptiker. „Ihre Kommission ist nicht in der Lage zu arbeiten“, so der Grüne Ko-Vorsitzende Daniel Cohn-Bendit. „Wir haben genug von dieser autoritären Haltung.“

In die Kritik war vor allem der Christdemokrat und Papst-Berater Buttiglione durch seine konservativen Ansichten zu Homosexualität und Ehe geraten. Aber auch andere designierte Kommissare wie Neelie Kroes (Wettbewerb), Laszlo Kovacs (Energie), Mariann Fischer Boel (Landwirtschaft), Ingrida Udre (Steuern und Zölle) und Stavros Dimas (Umwelt) sind strittig.

Zur Bestätigung seines Teams braucht Barroso eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen von allen 732 Abgeordneten. Enthaltungen zählen somit nicht. Sollte das Parlament die neue Kommission ablehnen, wäre dies ein Novum in der Geschichte der EU. Die Abgeordneten hatten bisher noch nie einer Kommission die Zustimmung verweigert.

Von den 18 österreichischen EU-Abgeordneten wollen nur die sechs ÖVP-Parlamentarier und der freiheitliche Mandatar Andreas Mölzer für Barrosos Team stimmen. Die SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament, Maria Berger, betonte, die Tatsache dass mit Buttiglione ein „Berlusconi-Mann“ das Justizressort führen soll, sei „das eigentliche Problem“. Sollte die Kommission abgelehnt werden, „erleidet die europäische Integration einen Rückschlag“, warnte dagegen ÖVP-Delegationsleiterin Ursula Stenzel. Ein Nein würde nicht dem Parlamentarismus dienen, sondern vielmehr die Kommission auf Kosten der Macht der Regierungen der EU-Staaten schwächen.

Der Grüne EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber bekräftigte seine Ablehnung gegen die Kommission, die „wirtschaftspolitisch offen neoliberal, bedingungslos transatlantisch und europapolitisch schwach“ ausgerichtet sei. „Skandalträchtig bleiben nicht nur die Kandidatinnen für Wettbewerb und Landwirtschaft. Auch der vorgesehene Energiekommissar erwies sich als erschreckend inkompetent“, erklärte der fraktionslose Abgeordnete Hans Peter Martin. Ein „Signal gegen political correctness“ und „linken Tugendterror“ will dagegen der FPÖ-Mandatar Andreas Mölzer mit seiner Ja-Stimme setzen.

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