Für Alex Ollé von der spanischen Gruppe La Fura dels Baus sind die Geschehnisse in Richard Wagners 1865 uraufgeführter Oper Tristan und Isolde nichtmehr im irdischen Bereich angesiedelt. Immer tiefer senkt sich der riesige Erdtrabant über jenes Schiff, auf dem Isolde, begleitet von Tristan, ihre Reise zu König Marke antritt. Kommt das Irrationale in diesem Stück, das auf einer mittelalterlichen Erzählung basiert, ins Spiel, hebt die Szene völlig ab. Der Todestrank, den die Frau dem Mann reicht, der einst ihren Gefährten tötete, erweist sich als Liebesdroge.
Die Zuneigung, die sich trotz der tragischen Vorgeschichte schon andeutete, wird Leidenschaft nicht erklärlich, damit auch bar jeder Vernunft und abseits damals vorherrschender Moral. Mit viel filmischem Zauber verweist Ollé auf die Entrücktheit dieser Gefühlswelt. Das ist schön, ästhetisch reizvoll, zeitlos, völlig unpolitisch interpretiert und entspricht den Vorlieben des Publikums, das bei der Premiere am Samstagabend im Opernhaus Lyon auch nichts daran auszusetzen hatte. Was die Sänger betrifft, sind die Zuhörer recht kundig und äußern Missfallen. Clifton Forbis (Tristan) ist stellenweise überfordert, der absolut höhensicheren Ann Petersen (Isolde) fehlt die dunkle Färbung, die der Partie gut tun würde. Auch wenn Kurwenal (Jochen Schmeckenbecher) für vieles entschädigt, kommt man zum Schluss, dass Kirill Petrenko eine bessere Besetzung verdient hätte.
Ein Markstein
Der in Omsk geborene Vorarlberger wurde im Vorjahr in Lyon für einen Tschaikowsky-Zyklus gefeiert, sein Wagner-Dirigat erweist sich als Markstein in der bemerkenswerten Laufbahn, in der nichtsmehrunerreichbar scheint. Mehrfach ausgezeichnet, wird er 2013 in Bayreuth (im Jahr des 200. Geburtstages von Richard Wagner) die Neuinszenierung des Ring des Nibelungen leiten. Auf welchem Platz er sich im Aufführungsdauer-Ranking des Vierteilers positioniert, wird man sehen, seinem Tristan gibt er jedenfalls Zeit, was den Klang wohltuend entschlackt und ihm auch angesichts manch simpler Einfälle, die offenbar werden, nicht schadet.
Puccini-Festival mit Pountney
Einen starken Vorarlberg-Bezug weist das Programm der Oper Lyon in der nächsten Spielzeit auf. David Pountney, der Bregenzer Festspiel-Intendant, inszeniert die drei gängigen Kurzopern Il Tabarro, Suor Angelica und Gianni Schicchi von Puccini. Beginnend am 27. Jänner werden sie im Rahmen eines außergewöhnlichen Festivals in Kombination mit kaum bekannten Einaktern von Arnold Schönberg (Von heute auf morgen), Paul Hindemith (Sancta Susanna) und Alexander von Zemlinsky (Eine florentinische Tragödie) präsentiert. Angesichts der leider zunehmend risikofreien Programme vieler großer Häuser lässt dies aufhorchen.
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