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"Es beginnt alles im Elternhaus"

Vorarlberg stellt momentan keinen Gruppe-eins-Läufer im Weltcup, nur 355 Weltcuppunkte wurden erzielt. Warum aber kommt der Skirennsport im Ländle nicht vom Fleck? Vier Fachleute bei der Bestandsaufnahme.

VN: Vorarlberg ist im Skirennsport momentan von einstigen Erfolgen weit weg. Wo sind die Gründe zu suchen?
Rolf Amann: “Schon in der Vergangenheit haben wir schwere Jahre gehabt, auch damals haben wir uns durch gute Arbeit wieder an die Spitze gekämpft. Aber Talent alleine reicht heute nicht mehr. Es spielen mehrere Dinge mit hinein: Schule, berufliches Umfeld, finanzielle Absicherung, das Freizeitverhalten spielen immer mehr eine Rolle. Ich glaube nicht, dass wir als Verband weniger gut arbeiten als in der Vergangenheit.”
Rainer Salzgeber: “Es gibt ein starkes Ost-West-Gefälle. Der Skisport hat im Osten einen größeren Stellenwert als bei uns. Die großen Probleme sehe ich ganz unten an der Basis, beginnend beim Elternhaus. Es findet sich kaum jemand, der mit den Kinder Skifahren geht. Das geht in den Vereinen weiter, es ist nicht einfach, Funktionäre zu finden.”
Hans Lerch: “Stimmt, die Freiwilligen in den Vereinen sind dünn gesät. Es wird in den Bezirken anständig gearbeitet, der Zuspruch in die Ski-Hauptschule in Schruns ist gut. Ein Kriterium ist das Alter. Die Kinder müssen mit zehn Jahren von zuhause weg. Das ist für manchen einfach zu früh.”
Walter Hlebayna: “Im Zweifelsfalle heißt es gegen den Sport. Von der Elternseite her werden die Kinder nicht genügend unterstützt und gepusht. Im Sinne der nachfolgenden Ausbildung geht in letzter Zeit der Fokus nicht mehr Richtung Skisport.”

VN: Wie gut sind Schule und Skisport unter einen Hut zu bringen?
Amann: “Es braucht junge Leute, die menschlich schon sehr gefestigt sind. Dieser Doppelbelastung muss man erst gewachsen sein.”
Salzgeber: “Das Verständnis für den Sport ist bei den Lehrpersonen vielfach nicht vorhanden. Man unterstützt die Kinder nicht, sondern legt ihnen Steine in den Weg. Das hat schon zu meiner Zeit angefangen.”
Hlebayna: “Die schulischen Voraussetzungen in Vorarlberg sind nicht gut. Nach der Ski-Hauptschule gibt es im Ländle außer dem Gymnasium Schoren nichts. Es wäre wünschenswert eine Mittelschule, wie die Tourismusschule in Bludenz, mit einem Ski-Zweig einzuführen.”

VN: In Vorarlberg wird die Infrastruktur bemängelt: Es fehlt auch eine geeignete Strecke für die schnellen Dis ziplinen, nur wenige Skigebiete sind bereit, Pisten für den Rennlauf zu präparieren.
Amann: “Hier vermisse ich vor allem das Bekenntnis der Politik dazu, dass man sagt, wir brauchen das nötige Umfeld um schnelle Trainings organisieren zu können.”
Lerch: “Uns kommt man am Hochjoch sehr entgegen. Aber man darf nicht vergessen, dass in Salzburg das Vier- oder Fünffache an Skigebieten angeboten wird. Dazu kommt: Die Sicherheitsvorschriften haben sich gegenüber früher unglaublich verschärft. Weil die entsprechenden Netze oder Absperrungen fehlen, ist es nur schwer möglich, einen anspruchsvollen Super-G zu stecken. Da steht man mit einem Bein im Gefängnis.”
Salzgeber: “Ich erinnere mich zurück, wie wir damals trainiert haben: Da gab es keine Beschränkungen, da wurde voll gefahren. Was Hans Lerch damals mit uns alles gemacht hat, das würde heute auf den Pisten nicht mehr gehen”.

Die Diskussionsteilnehmer:

  • Rolf Amann: Präsident Verband Vorarlberger Skiläufer
  • Walter Hlebayna: ÖSV-Damentrainer, Spezialcoach von Renate Götschl
  • Hans Lerch: Trainerreferent Vorarlberger Skiverband
  • Rainer Salzgeber: Ex-Rennläufer, Rennlauf-Manager Head, Talente-Scout
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