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Wieder Putschversuch im Sudan - Premier festgenommen

Sudans Premier unter Hausarrest gestellt
Sudans Premier unter Hausarrest gestellt ©APA/AFP
Nach wochenlangen Spannungen zwischen dem Militär und der zivilen Übergangsregierung im Sudan hat die Armee Regierungschef Abdalla Hamdok festgenommen.

Hamdok habe sich zuvor geweigert, den "Putsch" der Soldaten zu unterstützen, teilte das Informationsministerium am Montag mit. Er sei an einen "unbekannten Ort" gebracht worden. Weitere führende Regierungsmitglieder waren bereits zuvor festgenommen worden.

Putsch nicht unterstützt

"Nachdem er sich geweigert hatte, den Putsch zu unterstützen, wurde Premierminister Abdalla Hamdok von einer Armee-Einheit festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht", erklärte das Ministerium. Die Festnahmen hätten in den Häusern der Regierungsvertreter stattgefunden, hieß es aus Regierungskreisen am Montag.

Internet weg, Straßen gesperrt

Nach Angaben des Informationsministeriums wurden im ganzen Land die Internetdienste unterbrochen und die wichtigsten Straßen und Brücken, die mit der Hauptstadt Khartum verbunden sind, gesperrt. Nach Angaben der britischen Organisation Netblocks, die weltweit Internetsperren dokumentiert, sind seit den frühen Morgenstunden auch das Mobilfunknetz und Teile des Festnetzes gestört.

Patriotische Lieder im Staatsfernsehen

Das Staatsfernsehen begann mit der Ausstrahlung patriotischer Lieder. Der Gewerkschaftsdachverband Association of Professionals rief auf Twitter angesichts eines "Staatsstreichs" auf, "heftigen Widerstand" zu leisten. In der Hauptstadt Khartum versammelten sich Demonstranten und blockierten Straßen. Nach Angaben eines Augenzeugen war es in der Früh im Wohnviertel Riad ruhig. Allerdings habe der Himmel sich schwarz verfärbt, sagte der Augenzeuge; nach Berichten sollen Demonstranten Reifen verbrennen.

USA "zutiefst beunruhigt"

Washington zeigte sich alarmiert über die Ereignisse. "Die USA sind zutiefst beunruhigt über Berichte über eine militärische Übernahme der Übergangsregierung", erklärte der US-Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika, Jeffrey Feltman, auf Twitter. "Dies würde gegen die Verfassungserklärung und die demokratischen Bestrebungen des sudanesischen Volkes verstoßen". Die Verfassungserklärung regelt den Übergang des Landes zu einer Zivilregierung.

Omar al-Baschir im April 2019 gestürzt

Die Übergangsregierung befand sich bereits zuvor in einer Situation, die Hamdok als "schwerste und gefährlichste Krise" seit dem Sturz des autoritären Langzeit-Machthabers Omar al-Baschir im April 2019 bezeichnete. Bereits am Samstag hatten Befürworter einer zivilen Regierung vor einem "schleichenden Staatsstreich" gewarnt. Hamdok bezeichnete jedoch Berichte, wonach er einer Kabinettsumbildung zugestimmt habe, als "nicht zutreffend". Er betonte außerdem, dass er nicht das Recht habe, über das Schicksal der Übergangsregierung zu entscheiden.

Im Osten des Landes gibt es seit Wochen Proteste. Seit September blockieren Demonstranten den Warenhandel im Seehafen Port Sudan. Unterstützer der Regierung beschuldigten Sympathisanten des Ex-Machthabers al-Baschir, die Proteste in Khartum orchestriert zu haben.

Zehntausende auf den Straßen

In der vergangenen Woche gingen zehntausende Sudanesen in mehreren Städten auf die Straße, um die vollständige Machtübergabe an die Zivilbevölkerung zu unterstützen. Andere Demonstranten forderten bei einer mehrtägigen Sitzblockade vor dem Präsidentenpalast in der Hauptstadt Khartum eine Rückkehr zur "Militärherrschaft".

Ende September hatte die Regierung in Khartum nach eigenen Angaben einen Putsch von Unterstützern al-Baschirs vereitelt. Seither hat sich die politische Lage im Sudan weiter zugespitzt. Demonstranten verlangen den Rückzug des Militärs aus der Regierung und demokratische Reformen.

Fast 30 Jahre lang unter al-Baschir

Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 durch monatelange Massenproteste und einen Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen soll. Eine hohe Inflation, wirtschaftliche Schwierigkeiten und tiefe politische Spaltungen verschärfen die Lage.

In den vergangenen Monaten hatte die amtierende Übergangsregierung eine Reihe von Wirtschaftsreformen auf den Weg gebracht, um sich für einen Schuldenerlass des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu qualifizieren. Im Zuge der Reformen wurden unter anderem die staatlichen Subventionen für Treibstoff gekürzt. Auch andere Maßnahmen führten zu massiven Vertrauensverlusten in die Übergangsregierung.

(APA/AFP/dpa)

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