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Erfolgreiche Strategien aufzeigen und weitergeben

Arno Zengerle Bürgermeister Wildpoldsried, Regierungsrat Willi Haag, Stephan Kleiner, Vertreter der bayrischen Energieagentur.
Arno Zengerle Bürgermeister Wildpoldsried, Regierungsrat Willi Haag, Stephan Kleiner, Vertreter der bayrischen Energieagentur. ©VLK
St.Gallen - Wie wird eine Gemeinde Vorreiterin in Sachen Energie? Acht Gemeinden aus Bayern, Graubünden, Salzburg, St.Gallen, Südtirol, Tirol, Trentino und Vorarlberg stellten an der Arge Alp-Tagung "Wege zur Energiestadt" in St.Gallen ihre erfolgreichen Projekte vor und zeigten ihren individuellen Weg auf. Für Vorarlberg hat die Marktgemeinde Wolfurt teilgenommen.

Der Kanton St.Gallen stellt sein Vorsitzjahr in der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Arge Alp) unter das Thema “Die Alpen: Quelle erneuerbarer Energie”. Insbesondere die Rolle der Gemeinden sowie deren Anstrengungen und Leistungen sollen gewürdigt werden. An die Tagung “Wege zur Energiestadt” vom Donnerstag und Freitag (3. und 4. Mai) in St.Gallen wurden acht Gemeinden aus dem Arge Alp-Gebiet in Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz eingeladen, ihren individuellen Weg zur Energiestadt vorzustellen. Der St.Galler Regierungsrat und Vorsitzender der Arge Alp, Willi Haag, sagte einleitend: “Wir wollen die vielfältigen, gemeindespezifischen Themen im Energiebereich aufzeigen, Netzwerke bilden und Handlungsspielräume ausloten. Wir wollen erfahren, wie andere Regionen die Themen Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien in Angriff nehmen und inwiefern solche Massnahmen – vielleicht sogar regional übergreifend – realisierbar sind.”

Acht Wege zur Energiestadt

   Die Gemeinden Wildpoldsried (Bayern), Landquart (Graubünden), Weissbach bei Lofer (Salzburg), Buchs (St.Gallen), Toblach (Südtirol), Virgen (Tirol), Trento (Trentino) und Wolfurt (Vorarlberg) haben im Bereich der erneuerbaren Energien Herausragendes geleistet und gelten in ihren Ländern, Regionen und Kantonen als Vorbilder. Groß und Klein haben sich in St.Gallen getroffen – von der italienischen Mittelstadt Trento mit 117’200 Einwohnerinnen und Einwohnern bis zum österreichischen Dorf Weissbach an der Lofer mit 420 Einwohnerinnen und Einwohnern.

   Die Vorarlberger Gemeinde Wolfurt verfügt über zwei Biomasse-Nahwärme-Anlagen. Durch Lieferverträge mit lokalen Waldbesitzern wird sichergestellt, dass ein erheblicher Teil der Hackschnitzel direkt aus Wolfurter Wäldern stammt. Zudem wurde ein weiteres Biomasse-Nahwärmenetz im Dorfzentrum errichtet, das ebenfalls sechs teils kommunale, teils private Gebäude versorgt. Auf die Sanierung der Volksschule mit Passivhaus-Komponenten ist die Gemeinde besonders stolz. Eine große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Schule erzeugt im Jahresverlauf mehr Strom als für den Betrieb der Wärmepumpe benötigt wird.

   Die bayrische Gemeinde Wildpoldsried hat seit 1999 ein ökologisches Profil mit Einbindung der Bürgerinnen und Bürger erarbeitet. Schritt für Schritt konnte dabei das Vertrauen der Einwohnerinnen und Einwohner für erneuerbare Energien gewonnen, Anreiz geschaffen und die örtliche Wertschöpfung ausgebaut werden. Im Jahr 2000 wurde die erste Bürgerwindkraftanlage in Wildpoldsried erbaut. Mittlerweile stehen fünf Windkraftanlagen im Ort, zwei weitere sind im Bau. Zudem wurden fünf Biogasanlagen realisiert sowie Photovoltaik und thermische Anlagen installiert. Wildpoldsried betreibt auch ein ökologisches Bildungszentrum, um die vielen Erfahrungen aus eigenen Projekten weiterzugeben.

   Die Bündner Gemeinde Landquart hat 2011 die gesamte Straßenbeleuchtung saniert und ist die erste Gemeinde in der Schweiz mit flächendeckender Straßenbeleuchtung mit Leuchtdioden (LED). Dadurch konnte die Gemeinde 60 Prozent Strom sparen. Die eingesparten Kosten amortisieren die Investitionen in acht Jahren. Landquart verfügt zudem über ökologische Beschaffungsrichtlinien für Verwaltung und Schulen sowie ein Förderprogramm für Umbauten und Solaranlagen für Privathaushalte. Das ehrgeizige Ziel, die Sonnenkollektorenfläche in vier Jahren zu verdoppeln, wurde bereits nach drei Jahren erreicht.

   Das Bergsteigerdorf Weissbach in Salzburg ist seit 1998 im e5-Programm aktiv und hat sich Energieautarkie zum Ziel gesetzt. Das Nahwärme-Heizwerk einer örtlichen Tischlerei sorgt dafür, dass mittlerweile 90 Prozent des Wärmebedarfs der Gemeinde aus Biomasse gedeckt wird. Weissbach lebt aber einen ganzheitlichen Ansatz für eine nachhaltige Entwicklung. Energie wird hier nicht nur als Wärme- und Stromspender gesehen. Wichtig sind der Gemeinde auch die zwischenmenschlichen Energien durch Kommunikation und der Umgang miteinander.

   Die Stadt Buchs im Kanton St.Gallen benötigt einen Drittel weniger Primärenergie als der schweizerische Durchschnitt. Basis dazu bilden die Wärme aus der Kehrichtverbrennungsanlage und der hohe Anteil an erneuerbaren Energien im atomfreien Strommix. Bis 2020 sollen 90 Prozent der Gebäude im Fernwärmeperimeter Buchs ans Wärmenetz angeschlossen sein. Die Stadt fördert mit dem gemeindeeigenen Wasser- und Elektrizitätswerk gezielt Naturstrom, der aus der Sonnenkraft und mit Trinkwasserkraftwerken gewonnen wird. Für die Anlage auf dem Vorderberg hat die Gemeinde den Schweizer Solarpreis erhalten.

   Die Südtiroler Gemeinde Toblach liegt auf 1245 Metern und hat deshalb einen hohen Energiebedarf. Durch verschiedene Maßnahmen und die Zusammenarbeit aller Akteure ist es gelungen, den Energiebedarf fast ausschließlich mit erneuerbarer Energie zu decken. Im November 2008 wurde in Toblach die Agentur für Energieeffizienz gegründet, welche die Bürgerinnen und Bürger in sämtlichen Energiefragen berät und grundlegend zur Verbreitung des Energie-Spargedankens in der Bevölkerung beigetragen hat. Die Bevölkerung wird stark mit einbezogen, beispielsweise durch Führungen im Fernheizwerk, einem Biomasse-Lehrpfad für Kinder und das Schulprojekt “Die kleinen Energieberater”. Ein besonderes Projekt in der Gemeinde: Der Tourismusverein Toblach bietet den Gästen klimaneutralen Urlaub an.

   Die Tiroler Gemeinde Virgen ist seit Beginn der 1990er-Jahre im Energie-, Verkehrs- und Umweltbereich aktiv. Mit dem Start im Jahr 1995 arbeitete sie aktiv am Programm “Energiebewusste Gemeinde in der Arge Alp” mit, im Jahr 1999 war sie eine der ersten Tiroler Gemeinden im e5-Landesprogramm für energieeffiziente Gemeinden. Seither ist sie Vorbild und Vorreiterin im Tiroler e5-Programm. Beim Verkauf von Baugründen verpflichtet die Gemeinde Virgen ihre Bürgerinnen und Bürger zum Bau in Niedrigenergiehaus-Qualität und zum Einsatz erneuerbarer Energieträger beziehungsweise zum Anschluss an die Dorfwärme.

   Energiesparen und die Förderung nachhaltiger Mobilität sind in der Stadt Trento, Hauptort der gleichnamigen italienischen Provinz, zentral. So verlangt etwa die Bauordnung, dass bei Neubauten und Renovierungsarbeiten Photovoltaikanlagen installiert werden. Mindestens die Hälfte des Warmwassers muss mit erneuerbarer Energie produziert werden – damit wurden erst später durch den Staat und die Provinz eingeführte Normen vorweggenommen. Zudem lancierte Trento ein Förderprogramm für nachhaltiges Bauen bzw. energieeffiziente Bauwerke. Bis heute wurden bei 93 Prozent der Straßenbeleuchtung Energiesparlampen eingesetzt.

Arge Alp

   Der 1972 in Tirol gegründeten Arbeitsgemeinschaft gehören neun Länder/Regionen/Kantone in vier Staaten an. Mitglieder sind die Kantone St.Gallen, Graubünden und Tessin, die österreichischen Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg, der Freistaat Bayern sowie die italienischen Regionen Südtirol und Trient. Der Vorsitzende der Arge Alp wird jeweils für ein Jahr von einem Mitgliedsland gestellt. Sitz der Geschäftsstelle ist Innsbruck. Die Arge Alp-Region umfasst eine Fläche von 118.504 Quadratkilometern und wird von 16 Millionen Menschen bewohnt.

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