Unbelastet von der europäischen Operntradition hat der 1926 geborene Carlisle Floyd die Themen seiner Zeit aufgegriffen. Die drohenden Rassenunruhen der frühen 1960er Jahre sind in die Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges zurückverlegt. Aber sie würden in jeden Krisenherd dieser Welt passen, wo Ignoranz, Borniertheit und Überheblichkeit alle versöhnlichen Ansätze im Keim ersticken.
Jonathan Wade ist ein Nordstaatenoffizier, der im besiegten Columbia für Ordnung und Versöhnung sorgen will. Aber er gerät zwischen die Fronten und wird zermalmt von den Scharfmachern auf beiden Seiten. Zwischen den nach wie vor rassistischen Südstaatlern und den Radikalen aus dem Norden, die den Besiegten ihren Willen aufzwingen wollen. Am Ende wird Wade erschossen, und alle sind Mörder.
“The Passion of Jonathan Wade” ist tonal komponiert. Dramatisch wirkungsvolle und einfach schöne Arien gibt es in dieser Oper, die weit davon entfernt ist, Musical zu sein und auf den Popular-Effekt zu schielen. Harmonisch krasse Reibungen dienen ausschließlich dem dramatischen Ausdruck von Spannung, Bedrohung und Zerstörung und nicht einem kompositionstechnischen Gesetz oder einer musikalischen Tradition. Floyd hat auch das Libretto selbst geschrieben. Und mit seiner Musik trägt er die eigene Geschichte auf Händen.
Auf die Bühne in Salzburg gebracht wurde “The Passion of Jonathan Wade” vom nicht immer aufmerksamen, aber alles in allem gut disponierten Mozarteumorchester unter der Leitung von Adrain Kelly, von Regisseurin Arila Siegert, von Bühnenbildner Hans Dieter Schaal und von Kostümbildnerin Marie-Luise Strandt. Sie alle lieferten solides und gutes Bühnenhandwerk. Siegert gelang es vereinzelt, den Druck auf Wade zu inszenieren. Zudem führte die Regisseurin die Figur des im Krieg getöteten Bruders ein, der in den Schlüsselszenen stumm über die Bühne wandelt. Die mobile Bretterverschlag-Bühne von Schaal sollte das zerstörte Land, die Verarmung durch den Krieg und den Beginn des Wiederaufbaus deutlich machen. Chor und Statisten stecken in urbanen Billig-Klamotten der Gegenwart, während die Kostüme der Hauptfiguren im Südstaaten-Design des 19. Jahrhunderts gehalten sind.
Darin machen vor allem Hubert Wild als Jonathan Wade, Jeniece Golbourne als Dienstmädchen Nicey und Julianne Borg als Wades Geliebte und Frau Celia hervorragende Figur. Alle drei spielen gut, wobei durch feingliedrigere Personenregie bestimmt noch mehr an dramatischer Wirkung herauszuholen wäre. So aber kommen sie als Sänger besonders zur Geltung, und das ist in der Oper ja auch nicht schlecht. Zusammen mit Marcell Bakonyi als Richter Townsend wurden die Drei am längsten beklatscht.
Berechtigte Begeisterung für diese Opern-Wiederentdeckung in Salzburg. “The Passion of Jonathan Wade” möge – wenn auch verspätet – seinen Weg machen auf Europas Opernbühnen. Salzburg hat den Anfang gemacht.
“The Passion of Jonathan Wade”, Oper in drei Akten. Musik und Libretto von Carlisle Floyd. Europäische Erstaufführung im Salzburger Landestheater. Regie: Arila Siegert, Bühne: Hans Dieter Schaal, Ausstattung: Marie-Luise Strandt. Mit Hubert Wild als Jonathan Wade, Julianne Borg als Celia, Jeniece Golbourne als Nicey, Marcell Bakonyi als Richter Townsend, Juan Carlos Navarro als Leutnant Patrick, Simon Schnorr als Riddle, Eric Fennell als Lucas, John Zuckermann als Pratt. Es musizierten Chor und Extrachor des Salzburger Landestheaters sowie das Mozarteumorchester Salzburg unter der Leitung von Adrian Kelly. Weitere Vorstellungen: 18., 21.5., 2. und 9.6., 19.30 Uhr; 0662 / 87 15 12-0, http://www.salzburger-landestheater.at
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