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Entsetzen nach Übergriffen auf Dutzende Frauen in Köln - Krisentreffen in Köln

Die Vorfälle geschahen in der Silvesternacht am Hauptbahnhof Köln
Die Vorfälle geschahen in der Silvesternacht am Hauptbahnhof Köln
In der Silvesternacht sind rund um den Kölner Hauptbahnhof Dutzende Frauen massiv sexuell belästigt und ausgeraubt worden. Von bis zu 1.000 beteiligten Männern ist die Rede. Bisher liegen 60 Anzeigen vor. Polizei und Politik sind über das Ausmaß der Vorfälle geschockt. Es handle sich um eine "völlig neue Form der Gewalt". Für Dienstag wurde ein Krisentreffen einberufen. Indes ermittelt auch die Polizei in Hamburg wegen ähnlicher Übergriffe.

Nach massenhaften Überfällen auf Frauen durch Männer mit offenbar ausländischer Herkunft haben deutsche Politiker parteiübergreifend hartes Durchgreifen gefordert. Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) verurteilte die Übergriffe in der Silvesternacht in Köln als “abscheulich und nicht hinnehmbar”. Gleichzeitig wurden Warnungen vor einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge laut.

“Schockierende Gewaltexzesse”

Die offensichtliche Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund an den Taten dürfe “nicht dazu führen, dass nun Flüchtlinge gleich welcher Herkunft, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen, unter einen Generalverdacht gestellt werden”, sagte de Maiziere am Dienstag in Berlin. Wichtig sei jetzt, die Täter konsequent zu ermitteln. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sprach von “schockierenden Gewaltexzessen gegen Frauen”. Auch er forderte in der “Rheinischen Post” (Mittwochsausgabe), die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. “So etwas darf sich in unserem Land an keinem Ort wiederholen”, verlangte der CDU-Politiker.

 

Nach den Übergriffen auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvester-Nacht: Unser Reporter Henry Bischoff hat mit…

Posted by Aktuelle Stunde on Dienstag, 5. Januar 2016

Die Taten seien “nicht entschuldbar”, sagte der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) in Berlin. Auch er warnte zugleich vor “Pauschalisierungen” oder einer Verknüpfung der Vorfälle mit dem Flüchtlingsthema. “Es kommt im Strafrecht nicht darauf an, wo jemand herkommt oder welchen Pass er hat, sondern es geht um konkrete Tatnachweise und das ist jetzt Aufgabe der Ermittlungsbehörden”, hob der Minister hervor. Untersucht werden müsse aber auch, ob die Taten zielgerichtet organisiert worden seien.

“Neue Dimension von Gewalt”

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Täter an. “Ich bin entsetzt über die Eskalation der Gewalt in der Silvesternacht in Köln. Für die Opfer, insbesondere die betroffenen Frauen, waren das schreckliche, zutiefst verstörende Erlebnisse”, sagte die SPD-Politikerin dem “Kölner Stadt-Anzeiger” (Mittwoch). Es handle sich um eine “neue Dimension von Gewalt”, verübt “durch Männer-Banden”. Polizei und Justiz müssten konsequent vorgehen, verlangte die Regierungschefin. “Klar ist, dass dies unabhängig von der Herkunft erfolgen muss. In den Fällen, wo die Voraussetzungen gegeben sind, müssen kriminelle Straftäter dann auch abgeschoben werden.”

“Gleiche Kriminalitätsquote”

Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Roland Schäfer, warnte, solche Ereignisse wie in Köln förderten Ausländerfeindlichkeit. “Die Menschen, die zu uns kommen, haben die gleiche Kriminalitätsquote wie die Deutschen, nach meiner Erfahrung”, sagte er. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, betonte: “Sollte sich herausstellen, dass tatsächlich die weit überwiegende Zahl der Täter aus dem arabischen oder nordafrikanischem Raum stammen, so darf dies nicht verschwiegen werden.” Derart massive Straftaten dürften nicht hingenommen werden.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt forderte eine Bestrafung der Täter “mit der ganzen Härte des Gesetzes” unabhängig von deren Herkunft. “Es darf keine rechtsfreien Räume geben – ganz egal, ob hinter den Straftaten deutsche Staatsbürger, Ausländer oder Asylbewerber stecken”, sagte die Politikerin der “Thüringer Allgemeinen” laut Vorausbericht.

60 Frauen erstatten nach Übergriffen Anzeige

Der Polizei lagen bis Montag 60 Anzeigen vor, darunter auch Diebstähle von Taschen, Handys und Geldbörsen. Die Ermittler gehen von weiteren Opfern aus, die sich bisher noch nicht gemeldet haben.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) reagierte scharf auf die Ereignisse. “Wir nehmen es nicht hin, dass sich nordafrikanische Männergruppen organisieren, um wehrlose Frauen mit dreisten sexuellen Attacken zu erniedrigen”, zitierten der Kölner “Express” und der “Kölner Stadt-Anzeiger” (Dienstag) den Minister. “Deshalb ist es notwendig, dass die Kölner Polizei konsequent ermittelt und zur Abschreckung Präsenz zeigt.”

Die FDP-Landtagsfraktion forderte am Montag, dass Minister Jäger im Innenausschuss Ende Januar Rede und Antwort zu den Übergriffen stehen müsse. “Wenn es selbst mit einem aufgrund der Silvesternacht bereits verstärkten Aufgebot an Einsatzkräften der Polizei nicht mehr gelingt, Straftaten mit Nachdruck zu unterbinden und Täter unverzüglich festzusetzen, gerät unser Rechtsstaat ins Wanken”, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Marc Lürbke, laut Mitteilung.

Polizei räumte Platz vorrübergehend – von Missbrauch nichts mitbekommen

Erst im Laufe der Silvesternacht und in den Folgetagen war das Ausmaß der Gewalt deutlich geworden, die von der Gruppe ausgegangen sein soll. Nach Polizei-Angaben sollen alle Einsatzkräfte, die zur Verfügung waren, vor Ort gewesen sein. Doch die Beamten hatten anscheinend nichts von den sexuellen Übergriffen und Diebstählen gemerkt.

Die Polizei hatte die Ansammlung auf dem Bahnhofsplatz in der Silvesternacht nach eigener Darstellung beobachtet und den Platz schließlich vorrübergehend räumen lassen, weil Böller in die Menge geworfen wurden – der vielfache Missbrauch sei den Beamten zunächst nicht aufgefallen.

Die Kölner Polizei hat nach den Vorfällen eine Ermittlungsgruppe eingerichtet. Am Sonntag nahmen Polizisten in der Nähe des Kölner Hauptbahnhofs fünf Männer fest, die Frauen bedrängt und Reisende bestohlen haben sollen. Ob sie auch etwas mit den Taten in der Silvesternacht zu tun haben, ist nach Angaben der Ermittler noch unklar.

Zivilpolizistin in die Hose gefasst

Die stark alkoholisierten Täter seien “völlig enthemmt und gewaltvoll” vorgegangen. “Ein Täter hat einer Zivilpolizistin in die Hose gefasst”, berichtete Arnold Plickert, NRW-Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft. Bei den am Einsatz beteiligten Polizeibeamten herrsche eine “tiefe Betroffenheit”.

Polizeigewerkschaft sieht organisiertes Vorgehen

“Das ist im Prinzip ein organisiertes Vorgehen, was wir da festgestellt haben”, sagte Plickert. Es müsse ermittelt werden, wie es eigentlich möglich gewesen sei, “dass diese Tausend nach Köln gekommen sind und sich da getroffen haben”.

Auch Übergriffe in anderen deutschen Städten

Auch die Polizei in Hamburg ermittelt wegen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht. Die Opfer seien jeweils von mehreren Männern an der Reeperbahn umringt und an der Brust oder im Intimbereich angefasst worden, sagte Polizeisprecher Holger Vehren am Dienstag. Zugleich hätten ihnen die Täter Handys, Papiere und Geld weggenommen. Es gehe um neun Fälle von sexueller Beleidigung, Raub und räuberischem Diebstahl.

Die Täter sollen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren gewesen sein. Die Polizei sucht nun Zeugen. Vehren zeigte sich optimistisch: In der Tatzeit zwischen 1.00 und 3.00 Uhr am Neujahrsmorgen hätten die zahlreichen Feiernden auf der Reeperbahn sicherlich viele Fotos gemacht.

Daneben sollen auch in Stuttgart zwei 18-Jährige von einer Gruppe bestehend aus rund 15 Männern umringt, sexuell belästigt und bestohlen worden sein. Passanten und ein Türsteher eilten Medienberichten zufolge zu Hilfe. (APA/dpa/red)

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