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Entführter Saddam-Anwalt tot aufgefunden

Einen Tag nach Beginn des Prozesses gegen den irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein ist ein an dem Verfahren beteiligter Anwalt ermordet worden.

Saadoun Sughaiyer al-Janabi wurde am Donnerstagabend von zehn Bewaffneten aus seiner Kanzlei entführt. Sie hätten sich als Mitarbeiter des Innenministeriums ausgegeben, berichteten Augenzeugen. Schon wenige Stunden nach der Geiselnahme wurde die Leiche des Verteidigers gefunden, wie die Polizei am Freitagvormittag mitteilte. Al Janabi wurde mit zwei Kopfschüssen getötet, seine Leiche wies auch Einschüsse im Oberkörper auf. Er wurde bei der Fardus-Moschee in der Nähe seines Büros entdeckt.

Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand. Das Innenministerium erklärte, keine Informationen über die Täter zu haben. Laut Anwälten war Janabi ein alter Freund Saddams. Die irakische Juristenvereinigung erklärte, die Ermordung Al Janabis werde schwere Folgen haben. „Dies wird Anwälte daran hindern, diejenigen zu verteidigen, die aus politischen Gründen festgehalten werden“, sagte ein Mitarbeiter der Organisation, Diaa al Saadi. Auch Regierungssprecher Laith Kubba verurteilte den Mord. Er sei weder im Interesse des Verfahrens noch des politischen Prozesses.

Keine Schutzvorkehrungen

Al Janabi gehörte zum Team der Verteidiger von Awad Hamed al Bandar, dem früheren Vorsitzenden des Irakischen Revolutionsgerichts, das 1982 über 143 Einwohner der schiitischen Ortschaft Dujail die Todesstrafe verhängte. Wegen der Hinrichtungen in Dujail steht Al Bandar seit Mittwoch gemeinsam mit Ex-Präsident Saddam Hussein und sechs weiteren Vertretern des gestürzten Regimes vor Gericht.

Sein Anwalt Al Janabi saß bei der vom Fernsehen übertragenen Prozesseröffnung am Mittwoch zusammen mit zwölf weiteren Verteidigern im Verhandlungssaal. Während von den Staatsanwälten und Richtern aus Sicherheitsgründen nur der Vorsitzende des Sondertribunals öffentlich identifiziert und gefilmt wurde, galten für die Verteidigung keine derartigen Schutzvorkehrungen.

Reporter freigelassen

Der Überfall auf Al Janabi ereignete sich im Stadtbezirk Shaab. Dort kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Anschlägen und Gewalt zwischen Sunniten und Sunniten. Im benachbarten Sadr City kam am Donnerstag unterdessen ein entführter Reporter der britischen Zeitung „The Guardian“ unversehrt wieder auf freien Fuß. Er war einen Tag zuvor verschleppt worden. Ein Bewohner des schiitischen Viertels sagte, der Journalist sei von Kriminellen gekidnappt worden, die ein Lösegeld erpressen wollten. Eine Gruppe von Anrainern habe das Gebäude gestürmt und den 33-Jährigen befreit.

Bei einem Angriff auf ein nicht gekennzeichnetes Fahrzeug des Innenministeriums wurden am Freitag vier Polizisten getötet und vier weitere verletzt. Zudem wurden die Leichen von drei Polizisten in die Hauptstadt übergeführt, die von Aufständischen nahe der jordanischen Grenze erschossen worden waren. Die irakische Polizei fand am Freitag auch die Leichen von sechs Zivilisten, die in Latifija, 40 Kilometer südlich von Bagdad, ermordet worden waren. Die Täter hatten den Opfern die Augen verbunden und ihnen die Hände hinter dem Rücken gefesselt, bestätigte die örtliche Polizei. Ihre Identität war zunächst unklar.

NOch kein Abstimmungs-Ergebnis

Sechs Tage nach dem Verfassungsreferendum waren am Freitag irakische und internationale Wahlbeobachter in mehreren Provinzen unterwegs, um die dort unerwartet hohe Zahl der Ja-Stimmen zu überprüfen. Ein Ergebnis der historischen Volksabstimmung liegt noch immer nicht vor. Die EU bezeichnete das Referendum sowie die Parlamentswahl am 15. Dezember als „Meilenstein im derzeitigen politischen Übergangsprozess“, wofür die EU „der größte internationale Geldgeber“ sei. Brüssel werde die Wahlvorbereitung mit weiteren 30 Millionen Euro unterstützen. Damit erhöht sich die EU-Hilfe für das Land in diesem Jahr auf 80 Millionen Euro.
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