AA

Englisch als zweite Amtssprache

Über die lückenhaften Fremdsprachenkenntnisse der Japaner werden weltweit Witze gerissen. [2.2.2000]

Für die zweitwichtigste Wirtschaftsmacht der Welt ist dieser Zustand allerdings keineswegs zum Lachen, sondern ein ernstes Problem. Japan ist eine der Nationen, in der Englisch am seltensten gesprochen wird. Wenn das Land mit dem Tempo der Globalisierung Schritt halten will, hat es keine andere Wahl, als die Sprache zu lernen.

Das verlangten nun auch japanische Experten in einem offiziellen Bericht zu den „Aufgaben Japans im 21. Jahrhundert“. In dem kürzlich vorgelegten Regierungsdokument wird nachdrücklich gefordert, die Sprache Shakespeares zur zweiten offiziellen Amtssprache des Landes zu machen.

Das umfassende Gutachten, das die Richtlinien der Politik der kommenden Jahrzehnte umreißt, wurde Mitte Jänner Regierungschef Keizo Obuchi vorgelegt. „Vor allem für ein Land wie Japan, das auf das Exportgeschäft angewiesen ist, ist die Lage besonders besorgniserregend“, heißt es in dem Bericht. Die Einführung von Englisch als zweite Amtssprache könne diesen ernsten Missstand beheben.

Die Nachzüglerrolle Nippons in Sachen Englisch hinter allen anderen asiatischen Ländern wurde in den vergangenen Jahren mit der Öffnung des einheimischen Marktes für ausländische Unternehmen, der zunehmenden Globalisierung und der Explosion des Internets immer offensichtlicher.

Bezeichnend für den traurigen Stand der Fremdsprachenkenntnisse in Japan sind die sprachlichen Fertigkeiten der Elite: Kaum ein japanischer Politiker, mit Ausnahme von Finanzminister Kiichi Miyazawa, kann sich ohne Dolmetscher auf dem internationalen Parkett bewegen.

Hinzu kommt, dass sich ausländische Besucher in Japan nur schwerlich zurechtfinden, denn nur in den seltensten Fällen sind Dokumente in Englisch verfasst. Immerhin denken einige Straßenverkehrsbehörden seit ein paar Jahren fortschrittlicher:
Englischsprachige Hinweisschilder regeln mittlerweile mancherorts den Verkehr.

In der Schule ist Englisch zwar Pflichtfach. Doch bei der Auswertung des international anerkannten englischen Sprachtests TOEFL (Test on English as a foreign language) steht Japan in Asien an letzter Stelle.

So wird zum Beispiel das Internet mit „intanetto“, Infrastruktur mit „innfula“ und sexuelle Belästigung mit „sekuhara“ (nach dem englischen Begriff „sexual harrassment“) übersetzt. Diese Wortschöpfungen stiften Verwirrung. Einer kürzlichen Umfrage zufolge verstehen 78 Prozent der Japaner nicht immer, was mit den neuen Wörtern gemeint ist.

(Bild:APA)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Welt
  • Englisch als zweite Amtssprache