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Einheitliche Regeln für Verbraucherkredite

Selten hat ein Vorhaben der EU-Kommission so viel Kritik hervorgerufen wie die von Verbraucherschutzkommissar Byrne geplante EU-Richtlinie für Privatkredite.

Die einen kritisieren „praxisferne“ Vorschläge, die anderen warnen vor dem „gläsernen Schuldner“ und der Diskriminierung kleiner Leute: Selten hat ein Vorhaben der EU-Kommission so viel Kritik und Ablehnung hervorgerufen wie die von Verbraucherschutzkommissar David Byrne geplante EU-Richtlinie für Privatkredite. Gegen diese Pläne stemmen sich viele der 15 EU-Regierungen – allen voran Deutschland – ebenso wie Banken, Sparkassen, Versicherungen und Vertreter von Industrie und Handel.

Skeptisch äußern sich auch Verbraucherschützer und Vertreter des Europaparlaments, dessen Rechtsausschuss Ende April eine Anhörung zu den Plänen machte.

„Dabei hagelte es nur so an Kritik und Einwänden“, sagt der CSU-Abgeordnete Joachim Würmeling, der zum Berichterstatter ernannt wurde. Im Ausschuss gebe es „erhebliche Bedenken“ – und zwar “über die Fraktionsgrenzen hinweg“. Die erklärte Zielsetzung ist zwar auch in den Augen der meisten Kritiker löblich: Die Richtlinie soll EU-weit einheitliche Standards für die Vergabe von Verbraucherkrediten schaffen und damit deren Vergabe auch über Grenzen hinweg erleichtern. Gleichzeitig soll sie dafür sorgen, dass Geldinstitute Kredite „verantwortungsbewusst“ vergeben und nicht zu einer Überschuldung der Kreditnehmer beitragen.

Dieser Ansatz sei natürlich „absolut in Ordnung“, sagt Würmeling. Die Kommission schieße aber „weit über das Ziel hinaus“. So sollten Kreditgeber zu einer „ausführlichen Belehrung“ der Kunden, zur umfassenden Prüfung ihrer Zahlungsfähigkeit und zur Aufstellung von detaillierten Tilgungsplänen verpflichtet werden – und zwar schon für Kleinkredite ab 200 Euro. „Darunter fällt ja schon das Anschreiben in einer Kneipe“, fürchtet der Abgeordnete aus Bayreuth.

Ähnlich kritisch äußerte sich der Bundesrat in einer Stellungnahme zu den Brüsseler Vorschlägen: Diese seien „praxisfern“ und würden Privatkredite durch einen „unangemessenen und unnötigen Verwaltungsaufwand“ erheblich verteuern. Vor allem würden die geplanten Vorschriften dazu führen, dass „solvente, aber einkommensschwache Verbraucher“ künftig nur noch unter großen Schwierigkeiten Kredite erhalten.

„Erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken“ hat die Länderkammer schließlich gegen das von der Kommission vorgeschlagene EU-Zentralregister, in das – wie bei der deutschen Schufa – künftig alle Kreditverträge aufgenommen werden sollen. Dadurch würde ein „weitgehend gläserner Verbraucher“ geschaffen.

Auf Widerstand beim Handel stößt vor allem das geplante Verbot von so genannten Haustür-Kreditgeschäften. Sollte die Richtlinie verabschiedet werden, dürfen etwa Staubsaugervertreter, die unangemeldet an der Tür klingeln, keine Verträge für ein ratenweises Abstottern mehr abschließen. Eine solche Einschränkung würde „vielen wichtigen Unternehmen schaden und Arbeitsplätze in Industrie und Vertrieb gefährden“, warnt der Dachverband EuroCommerce in Brüssel.

Skeptisch äußert sich auch der Dachverband der europäischen Verbraucherzentralen (BEUC). Die Richtlinie würde in mehreren EU-Staaten, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien, zu einer Aufweichung des Verbraucherschutzes führen. Zwar sei das Ziel zu begrüßen, dem Bürger die Suche nach günstigen Krediten im EU-Ausland zu erleichtern. Dies werde jedoch nicht gelingen, wenn die Auflagen die Kreditaufnahme erheblich erschwerten.

Für Würmeling ist es ohnehin zweifelhaft, dass der Kredit-Binnenmarkt per Richtlinie in Schwung gebracht werden kann. Die Erfahrungen zeigten, dass die meisten Bürger sich mit Kreditwünschen an ein Geldinstitut in ihrer eigenen Stadt wenden. Der 43-Jährige Jurist ist davon überzeugt, dass die Richtlinie zumindest in der bisherigen Form keine Chance hat. „Das wird im Ministerrat so nicht abgesegnet“. Er will seinen Bericht im Herbst dem Plenum vorliegen und schließt nicht aus, dass es eine „Ablehnung en bloc“ geben wird.

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