Kind als Teil der Kaninchen-Geschichte
Der Erfolg von Carl-Johan Forssen Ehrlin zeigt, wie verzweifelt viele Eltern sind: Sein Buch “Das Kaninchen, das so gerne einschlafen will” liegt auf Platz Eins bei Amazon. “Daran sieht man, was Schlafstörungen für ein Riesenproblem darstellen”, sagt der Schlafforscher Alfred Wiater. Und das Buch verspricht völlig unbescheiden: “Ich kann jeden zum Einschlafen bringen.” Besonders aufregend ist es tatsächlich nicht. Aber darin liegt vielleicht auch sein Geheimnis. “Ich lasse das Kind Teil der Geschichte werden”, sagt der Autor. “Dadurch begleitet es das Kaninchen, wenn das versucht, einzuschlafen. Das Kind identifiziert sich hoffentlich damit und will auch einschlafen.”
Gebrauchsanleitung für Eltern
Damit es wirkt, sollen Eltern das Buch auf eine bestimmte Art und Weise lesen: “Das Buch beginnt mit einer Anleitung, die den Eltern sagt, wie sie das Buch lesen können – dass sie Wörter betonen können, die im Text fett gedruckt sind, dass sie manche Wörter ruhiger und langsamer lesen können”, erklärt Forssen Ehrlin. Um den Nachwuchs müde zu machen, sind etliche Gähner in die Geschichte eingebaut.
Von fünf Stunden auf zwölf Minuten
Die Techniken hat Forssen Ehrlin in Vorschulen ausprobiert, sein Buch Eltern versuchsweise mit nach Hause gegeben. “Viele sind überrascht, dass es wirklich funktioniert”, erzählt der Schwede. Ein paar Jahre hat es gedauert, bis er so überzeugt davon war, dass er es im Eigenverlag herausbrachte. Seitdem reißen es ihm die Eltern aus den Händen. Inzwischen ist es auch auf Englisch, Deutsch oder Spanisch erhältlich.
Den Erfolg des Buches erklärt sich der 37-Jährige so: “Es ist etwas Neues, und es hilft vielen Eltern und Kindern, Einschlafprobleme in den Griff zu bekommen.” Forssen Ehrlin bekomme Briefe von übermüdeten Eltern, bei denen es jeden Tag vier bis fünf Stunden gedauert hat, ihre Kinder ins Bett zu bekommen. “Und wenn sie jetzt die Einschlafgeschichte vorlesen, dauert es etwa zwölf Minuten.”
Schlafstörungen basieren auf der Eltern-Kind-Beziehung
Wenn Kinder empfänglich für die angewandten Techniken sind, meint Schlafforscher Wiater, könnten diese durchaus die gewünschte Wirkung zeigen. “Die Gefahr, die ich sehe, ist, dass solche Methoden natürlich auch manipulativ sind und bei Kindern dazu führen könnten, sich auch in anderen Situationen leichter manipulieren zu lassen.”
Schlafstörungen, erzählt der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, hätten oft mit der Beziehung zwischen Eltern und Kindern zu tun. In vielen Familien sei es gar nicht mehr üblich, dass sich die Eltern vor dem Zubettgehen Zeit für ihre Kinder nehmen. “Das wird mit dem Buch automatisch gewährleistet.”
Kein Wundermittel für Einschlafprobleme
Allerdings spiele eine Änderung in der Erziehung eine viel größere Rolle als das, was man durch ein Buch bewirken könne. Wer also ein magisches Einschlaf-Mittel erwartet, wird enttäuscht. In der Schlafforschung wäre man froh, wenn man so eine Methode hätte, meint Wiater: “Die gibt es aber nicht. Dafür ist die Problematik zu komplex.”
(APA)
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