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Einfach nur da sein können

Seit über zehn Jahren ist Elmar Kalb eine wichtige Stütze der Hospizbewegung.

Sein berufliches Dasein gestaltete sich einigermaßen bewegt. Handwerk erlernt, Sozialakademie absolviert, Bürgermeisteramt bekleidet, mit Behinderten gearbeitet, über kaufmännischen Büchern gesessen und dann wieder als Handwerker unterwegs. Man könnte meinen, Elmar Kalb hätte ein beschauliches Pensionistenleben geradezu herbeigesehnt. Doch weit gefehlt. Der 75-jährige Schlinser ist nach wie vor höchst aktiv. Mit einem Unterschied: „Jetzt kann ich tun, was ich möchte, und dabei auch einmal Nein sagen.“ Manchmal schafft er das sogar, außer, es geht um die Hospizbewegung, wo sich Elmar Kalb seit über zehn Jahren ehrenamtlich engagiert.

Unterstützung geben

Wird er bei Schwerkranken, Sterbenden oder Trauernden gebraucht, ist er da. Und zwar ganz. Keine Musik. Kein Buch. Keine Ablenkung anderer Art. Selbst, wenn er stundenlang ohne ein Wort an einem Bett sitzen muss. „Die Leute spüren, ob man bei ihnen ist oder nicht“, gibt sich Elmar Kalb überzeugt. Den Begriff „Helfen“ hört der ehemalige Schlinser Bürgermeister trotzdem nicht gerne. Helfer würden sich nämlich oft besser vorkommen als die Hilfsbedürftigen. Er lässt sich deshalb lieber von Gedanken der französischen Philosophin Simone Weil leiten, die in einem für ihn wichtigen Satz münden: „Von mir wird nichts verlangt, als da zu sein.“ Ausschlaggebend für sein Engagement bei der Hospizbewegung war der Tod seines Bruders in der Heiligen Nacht. „Damals habe ich gespürt, wie hilflos Angehörige oft am Bett eines Sterbenden stehen“, erzählt er. Bereits kurze Zeit später begann Elmar Kalb einen Ausbildungslehrgang. „Aber“, meint er im Rückblick, „mitentscheidend dürfte wohl auch meine Tätigkeit beim Verein ‚Abschied in Würde‘ gewesen sein.“ Über 160 Trauerfeiern hat er im Laufe von vielen Jahren gestaltet. Und dabei gemerkt, dass „die Hinterbliebenen wohl oft schon früher Unterstützung gebraucht hätten“.

Auch für die Lebenden

Die kann er ihnen im Rahmen der Hospizarbeit geben. Dort erlebt Elmar Kalb immer wieder, dass Kranke und Angehörige zwar wissen, wie es steht, aber nicht miteinander darüber sprechen können. Der sechsfache Familienvater erinnert sich an ein konkretes Beispiel: „Ich habe mit dem Schwerkranken gesprochen, als ob wir den Tod schon öfters thematisiert hätten. Und siehe da: Auch er konnte plötzlich ohne Hemmungen darüber sprechen.“ Die Menschen sollten sich seiner Ansicht nach generell früher mit Sterben und Tod auseinandersetzen. Deshalb hält Elmar Kalb den morgigen Welt-Hospiztag auch für so wichtig. „Die Hospizarbeit muss noch besser bekannt werden“, sagt er. Denn sie richte sich ja nicht nur an Sterbende, sondern auch an die Lebenden, verweist er auf die Trauerbegleitung, die angeboten wird.

Zeit als wichtigstes Kapital

Er selbst hat eigene Strategien, um Begegnungen mit Tod und Trauer zu bewältigen. „Zum einen muss man mit sich selbst klar sein und die Ohnmacht am Sterbebett aushalten können“, betont Elmar Kalb. Um Erlebtes verarbeiten und wieder loslassen zu können, dokumentiert er auch seine Arbeit. Und er geht ins Holz. „Hospizarbeit ist mit viel Ruhe und Sitzen verbunden.“ Der körperliche Ausgleich für ihn daher wichtig. Ebenso, dass die Familie, allen voran seine Frau, die ehrenamtlichen Einsätze trägt. Denn Zeit gehört mit zum größten Kapital, das ein Hospizmitarbeiter einbringen muss. Zeit, die anderswo fehlt. „Meine Frau beklagt sich nie, dass ich zu viel zu Hause und lästig bin“, sagt Elmar Kalb und lacht. Und geht dann ins Holz. Ohne Handy. Was er macht, macht er ganz.

ZUR PERSON

Elmar Kalb Geboren: 29. Jänner 1936 in Dornbirn Familienstand: verheiratet, 6 Kinder Wohnort: Schlins Hobbys: die Waldarbeit

(VN)

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