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"Einen Traum erfüllt"

Familie Kohler mit "Ihne" Friedl wieder im Tal.
Familie Kohler mit "Ihne" Friedl wieder im Tal. ©Annemarie Kaufmann
Alpabtrieb in Großdorf

Tierarzt Hannes Kohler verbrachte mit seiner Familie drei Monate auf einer schwer zugänglichen Melkalpe.

Egg/Schoppernau. Etwas wehmütig ist Hannes Kohler schon zumute, als er am Samstagmorgen um 3 Uhr die Älplerhüte für seine Familie mit Rosmarinzweigen und roten “Mojen” schmückt. In wenigen Stunden wird es soweit sein und der lange Fußmarsch vom Egger-Ostergunten nach Großdorf wird ihn, seine Familie und die Tiere nach einem unfallfreien Sommer zurück ins Tal bringen.

Alpsommer

“Mit diesem Alpsommer auf 1400 Meter Seehöhe habe ich mir selbst einen Traum erfüllt”, erklärt Kohler, mit seinem wuchernden Wuschelbart kaum noch als der Tierarzt aus Andelsbuch zu erkennen. “Als langjähriger Pfister und Älpler wusste ich, was auf mich zukommt. Aber die wundervolle Einsamkeit in den Bergen und das ständige Zusammensein mit meiner Frau und unseren Kindern entschädigten für die harte Arbeit”, betont der Hobby-Älpler. Hannes Kohler konnte sich die Auszeit nehmen, weil sein Partner Dr. Oskar Sutterlüty während der drei Monate die Praxis allein geführt hatte. Die Tiere in der Region Andelsbuch mussten also nicht auf ärztlichen Beistand verzichten.

“Egger-Ostergunten”

Die Melkalpe “Egger-Ostergunten” liegt weitab jeglicher Zivilisation. Nur ein schwer begehbarer und besonders steiler Pfad führt von den “Auen” (zwischen Schetteregg und Sibratsgfäll) auf 1400 Meter Seehöhe. Deshalb werden seit Jahrzehnten Lebensmittel, die benötigten Utensilien sowie bei Bedarf Wassertanks und Heu ausschließlich mittels Materialseilbahn nach oben befördert. Die Hütte kann mit Recht als “urig” bezeichnet werden.

Sennküche

Doris Kohler, die drei Kinder Emma, Heinrich und Noah Gabriel verbrachten ihren ersten Sommer auf einer Alpe. Der Familie zur Seite stand Großvater (Ihne) Friedl Pfefferkorn, der aus jungen Jahren Alperfahrung mitbrachte. “Unterm Strich war es schön”, so Doris Kohler, “aber der Anfang war hart”, gibt die junge Frau unumwunden zu. Es sei nicht dasselbe, einen Sechspersonenhaushalt zu Hause oder in einer Alphütte mit einer primitiven Sennküche zu führen, meint Doris. Trotzdem bereut sie ihren Entschluss nicht. “Mein Mann hat als Tierarzt einen sehr hektischen und zeitaufwändigen Beruf”, weiß sie. “Vor allem ihm hat die Alpzeit sehr gut getan”.

Wetterkapriolen

Das Wetter meinte es im Sommer 2010 nicht besonders gut mit den Älplern. “Wochenlange Hitze hatte Wassermangel zur Folge, weshalb Wassertanks und Heuballen auf die Alpe befördert mussten”, erzählt Friedl Pfefferkorn. “Danach kam die lange Regenperiode, die teilweise sintflutartige Regenfälle und Schneefall mit sich brachte”, so der “Ihne”. Die Kinder der Familie ließen sich die Ferien aber von den Wetterkapriolen nicht vermiesen. 30 Kühe, zwei Pferde, der familieneigene Esel “Felix”, zehn Ziegen, Hühner und Hasen sorgten während der Sommermonate Tag für ausreichend Abwechslung.

Empfang

Sechs Stunden waren die Heimkehrer bereits auf den Beinen, als sie bei Familie Meusburger in Großdorf-Hinteregg eintrafen. Und halb Großdorf war versammelt, als der Alpzug bei der Tischlerei Meusburger um die Ecke bog. Michaela und Hermann Meusburger ließen es sich nicht nehmen, den Älplern einen gebührenden Empfang zu bereiten. Nachdem die Tiere von den Besitzern abgeholt und auf die Weiden gebracht wurden, stieg ein großes Fest. Lediglich die beiden Kleinsten, Emma und Heinrich, bekamen nicht mehr viel davon mit. Nach einer ordentlichen Portion Leberkäse mit Kartoffelsalat schliefen die wackeren Älpler selig in den Armen von Mama Doris ein. AK

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