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Eine Wahlwienerin ist im Rennen um den Deutschen Buchpreis

Die Wahlwienerin Fiona Sironic ist für den Deutschen Buchpreis nominiert
Die Wahlwienerin Fiona Sironic ist für den Deutschen Buchpreis nominiert ©APA
Am 13. Oktober wird in Frankfurt der Deutsche Buchpreis vergeben. Österreicher haben es nicht ins Finale geschafft, doch eine Autorin wird aus Wien anreisen: Die 1995 in Neuss geborene Fiona Sironic lebt seit 2016 hier. Dass ihr Debütbuch "Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft" nicht nur seit März bereits in die vierte Auflage geht, sondern auch im Rennen um den besten deutschsprachigen Roman der Saison ist, kam "sehr überraschend" für sie.

Nach Wien ist Sironic gezogen, um ihr in Hildesheim begonnenes Studium des Literarischen Schreibens mit einem Sprachkunst-Studium an der Universität für Angewandte Kunst Wien zu ergänzen. "Ich bin froh, dass ich beides gemacht habe", sagt sie im Gespräch mit der APA. "Hildesheim war straffer strukturiert, in Wien gibt es mehr Raum für Experimente." Der Austausch mit Lehrenden und Studierenden sei ebenso wichtig gewesen wie die dabei entstandenen Kontakte, von denen sie noch immer profitiere. Nach dem Abschluss 2019 hat sie noch ein Studium in Gender Studies an der Universität Wien an- und mit einer Masterarbeit über "Potentiale queertheoretischer Perspektiven für das Medium Videospiel" abgeschlossen.

"Unruhig, einfallsreich, konfliktfreudig und komisch"

In Wien fühlt sie sich wohl. Hier hat sie 2021 mit der Arbeit an ihrem ersten Roman begonnen. "Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft" habe nicht nur den längsten Titel in diesem Jahrgang, sondern sei auch der temporeichste Roman, hieß es in der Jurybegründung für die Buchpreis-Nominierung. Simple Nachfrage: Warum machen die Mädchen das, nämlich Sachen in die Luft jagen? Fiona Sironic lacht. "Aus verschiedenen Gründen - etwa, weil sie ein Ventil für starke Gefühle suchen, oder weil sie damit gegen den Kontrollverlust protestieren."

Das Buch spielt in einer Zeit, in der die Klimakrise fortgeschritten ist, die Wälder brennen und die Arten sterben. Die Töchter wehren sich gegen Bevormundung durch "Mommyinfluencerinnen" und wollen der allgegenwärtigen digitalen Präsenz die Zerstörung der gespeicherten Daten entgegensetzen. Kontrastiert wird dies durch eine Gegenbewegung: Die beobachtende Erzählerin strebt die Dokumentation dessen an, was gerade dabei ist, unwiederbringlich verloren zu gehen. Große Themen also, laut Jury "unruhig, einfallsreich, konfliktfreudig und komisch" umgesetzt.

"Die Zukunft unseres Planeten"

Es sei wichtig, "sich über die Zukunft unseres Planeten Gedanken zu machen", meint Fiona Sironic, denn "natürlich kann Literatur Augenmerk auf Themen legen und diese vertiefen". Mit dem sich entwickelnden Genre des Nature Writing kann sie sich aber nicht gänzlich identifizieren. Es gehe ihr mehr um die sozialen Gründe und Auswirkungen der Krise als darum, der Natur eine Stimme zu geben, betont sie. Dabei gelte es freilich, die "Aufmerksamkeitsökonomie" zu berücksichtigen: Wer raschen Impact anstrebt, muss sich kurz fassen. "Die längeren Erzählungen werden dennoch nicht aussterben."

Am 13. Oktober wird Fiona Sironic also neben Dorothee Elmiger, Thomas Melle, Kaleb Erdmann, Jehona Kicaj und Christine Wunnicke im Frankfurter Römer sitzen und der Bekanntgabe der Juryentscheidung entgegenzittern. Ob sie nun die 25.000 Euro Preisgeld erhält oder nicht - schon jetzt ist die Aufmerksamkeit und die Zahl der Lesungseinladungen stark gestiegen. Fiona Sironic ist dadurch ihrem Ziel, vom Schreiben leben zu können, deutlich näher gekommen. Und schreiben wird sie weiterhin. "Ich arbeite an einem neuen Projekt. Es wird wieder ein Roman." Auch an Ortsveränderung ist derzeit nicht gedacht: "Es müsste schon einen sehr guten Grund geben, wieder aus Wien wegzugehen."

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Fiona Sironic: "Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft", Ecco Verlag, 208 Seiten, 23,70 Euro, ISBN 978-3-7530-0106-7; )

(APA/dpa)

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