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Eine Wahl der Rekorde: Österreich wählt einen neuen Bundespräsidenten

Eine Wahl der Rekorde und Premieren steht heute, Sonntag, bevor. Die Kandidaten der Regierungsparteien müssen sich darauf gefasst machen, so schlecht wie keiner ihrer Vorgänger auszusteigen - während die von der Opposition unterstützten Bewerber erstmals Chancen auf den Einzug in die Stichwahl und dann die Hofburg haben. Bisher gelang beides nur Kandidaten von SPÖ und ÖVP.


Schneiden Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Andreas Khol (ÖVP) so schlecht ab wie von den Meinungsforschern prognostiziert, kommt es heuer zur ersten Stichwahl ohne Beteiligung der Traditionsparteien. Wobei in den bisher zwölf Volkswahlen seit 1951 insgesamt nur dreimal ein zweiter Wahlgang nötig war. Bei fünf Wahlen standen überhaupt nur die beiden von SPÖ und ÖVP nominierten Kandidaten zur Wahl – zuletzt im Jahr 2004, bei der ersten Kür Heinz Fischers.

Die Rekordmarken der Bundespräsidentenwahl:

    1. Richard Lugner mit seinen 83 Jahren ist der älteste Kandidat, der je am Stimmzettel stand.
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    2. Da er nicht damit rechnen kann, in die Hofburg einzuziehen, wird der nächste Bundespräsident gewiss nicht der älteste der Zweiten Republik. Dieser ist nämlich mit 78 Jahren bei seiner Wahl im Jahr 1951 Theodor Körner. Der nach Lugner älteste Bewerber heuer ist Andreas Khol mit 74, gefolgt von Alexander Van der Bellen mit 72 Jahren.lugner-cathy-richard
    3. Sollte Norbert Hofer (FPÖ) das Rennen machen, wäre er mit 45 Jahren der mit Abstand jüngste Bundespräsident. Rudolf Kirchschläger war 1974 bei der Wahl 59 Jahre und 3 Monate alt, nur wenig älter war Thomas Klestil mit 59 Jahren und 6 Monaten im Jahr 1992.norbert-hofer2
    4. Um den FPÖ-internen Rekord zu überbieten, muss Norbert Hofer mehr als die 16,96 Prozent Willfried Gredlers 1980 einfahren. Mit Blick auf die Partei liegt seine Latte weit höher: Bei der Nationalratswahl 2013 holte die FPÖ 962.313 Stimmen und damit 20,51 Prozent, in den Umfragen rangiert sie seit fast einem Jahr auf Platz mit nunmehr über 30 Prozent. Über die 30er-Marke kamen die Blauen auch im Vorjahr bei den Wiener und oberösterreichischen Wahlen.hofer
    5. Alexander Van der Bellen würden streng genommen schon 5,76 Prozent für den Rekordwert reichen – denn Robert Jungk hatte 1992 5,75. Misst man Van der Bellen an Gertraud Knoll – die 1998 von Grünen, aber auch einzelnen SPÖ- und LIF-Politikern unterstützt wurde -, braucht er 14,0 Prozent. Für den Einzug in die Stichwahl ist aber noch viel mehr nötig, und Unterstützung weit über die Parteigrenzen hinaus. Bei der NR-Wahl 2013 gab es “nur” 582.657 Grün-Wähler (12,42 Prozent) und in den Umfragen bekennen sich derzeit an die 15 Prozent zu Grün.
    6. Bewerber der Regierungsparteien müssen sich auf den geringsten Zuspruch einstellen, den je einer aus ihren Reihen erhielt. Um nicht die rote Laterne zu bekommen, dürfte Rudolf Hundstorfer (SPÖ) nicht unter die 39,15 Prozent Theodor Körners 1951 fallen – der dann die Stichwahl dennoch gewann. Und zwar gegen den bisher schwächsten ÖVP-Bewerber, Heinrich Gleißner. Er erhielt im ersten Wahlgang 1951 40,14 Prozent – die sich für Andreas Khol (ÖVP) heuer bisher auch nicht abzeichnen.hundstorfer2
    7. Angesichts der düsteren Prognosen könnten Hundstorfer und Khol schon mit den NR-Ergebnissen ihrer Parteien sehr zufrieden sein. Die SPÖ kreuzten 2013 1,258.605 Österreicher (26,82 Prozent) an, die ÖVP 1,125.876 (23,99). In aktuellen Sonntagsfrage-Umfragen liegen die Koalitionspartner jeweils bei 22 bis 24 Prozent.khol
    8. Die Wahl 1951 ist von der Anzahl der Kandidaten her gut vergleichbar mit der heurigen: Auch damals traten sechs Bewerber an – so viele wie bis heuer nicht mehr. Nur 1998 war das Kandidatenfeld mit fünf Bewerbern fast so groß.
    9. Bewerber ohne Unterstützung einer Partei hatten es bisher schwer. So liegt die Rekord-Latte für Irmgard Griss nicht allzu hoch: Gemessen an Gertraud Knoll reichen ihr 14,0 Prozent. Knoll wurde von den Grünen und einigen SPÖ-Politikern unterstützt – und für Griss engagierten sich auch viele NEOS-Politiker. Deren 232.946 Stimmen (4,96 Prozent) bei der NR-Wahl 2013 und auch die fünf bis sieben Prozent Pink in den Umfragen bringen Griss aber bei weitem nicht in die Stichwahl.
    10. Richard Lugner, der einzige Kandidat ohne jegliche Partei-Unterstützung, kann sich an sich selber messen: 9,91 Prozent schaffte er bei seinem ersten Hofburg-Versuch 1998 – das nach Knoll zweitbeste Ergebnis eines Kandidaten, der nicht von einer Parlamentspartei nominiert wurde bzw. nicht aus einer solchen kam.
    11. Noch nicht als Messlatte taugt im ersten Wahlgang das bisher beste Ergebnis eines Bundespräsidenten – die 79,87 Prozent Rudolf Kirchschlägers (SPÖ) im Jahr 1980.
    12. Die zu erwartende Stichwahl ist die vierte – und wäre die erste ohne Beteiligung der Traditionsparteien, wenn weder Hundstorfer noch Khol den Einzug schaffen. Auch bei den neun in der ersten Runde entschiedenen Wahlen lagen immer die Kandidaten von SPÖ und ÖVP vorne. Wobei bei fünf Urnengängen gar nicht mehr als diese beiden Kandidaten antraten.
    13. Angesichts des großen Kandidatenfeldes und der Tatsache, dass es nicht um eine Wiederwahl geht, wird der Negativrekord der Wahlbeteiligung heuer wohl nicht unterboten. Bei Heinz Fischers Wiederwahl im Jahr 2010 übten nur 53,57 Prozent ihr Wahlrecht aus. 2004 lag die Beteiligung – nach einem beständigen Rückgang – noch bei 71,60 Prozent. Am höchsten fiel sie 1957 mit 97,16 Prozent aus, wobei damals noch Wahlpflicht bestand.

 

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