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Eine von vier Absoluten am Prüfstand

Bregenz - Bei der Vorarlberger Landtagswahl am 20. September steht eine der derzeit noch vier absoluten Mehrheiten in den Bundesländern am Prüfstand. Die ÖVP unter Herbert Sausgruber hat sie 2004 mit fast 55 Prozent zurückerobert.

Die Meinungsforscher geben der ÖVP aber wenig Chancen, neuerlich über 50 Prozent zu kommen – und sogar der Verlust der absoluten Mandatsmehrheit ist möglich. Für diesen Fall hat LH Sausgruber seinen Rücktritt angekündigt.

Verloren ging die Absolute zuletzt im Nachbarland Tirol mit massiven Verlusten der ÖVP unter Herwig van Staa bei der Wahl 2008 – wobei die ÖVP wohl vorwiegend an den Partei-Dissidenten Fritz Dinkhauser Wähler verlor. In Niederösterreich war es Erwin Pröll wenige Monate zuvor gelungen, die 2003 wiedereroberte Absolute noch auszubauen. Somit sind Vorarlberg und NÖ derzeit (noch) die beiden Länder, wo die ÖVP bei mehr als 50 Prozent liegt. SPÖ-Absolute gibt es im Burgenland (Prozent) und in Wien (Mandate).

Vorarlberg gehört mit Tirol und Wien zu den Ländern mit den längsten “absoluten” Phasen: In Wien kam die SPÖ von 1945 bis 1996 und dann wieder ab 2001 meist auf mehr als 50 Prozent der Stimmen und zumindest auf mehr als die Hälfte der Mandate. In Tirol und Vorarlberg war dies für die ÖVP von 1945 bis 1999 durchgehend der Fall – und auch hier gelang der LH-Partei nach einer Periode “ohne” die Rückeroberung, in Tirol freilich nur vorübergehend.

In Vorarlberg nützte die ÖVP ihre Absolute nie, um allein zu regieren – obwohl dort die Regierung seit 1923 nach dem Mehrheitssystem gebildet wird. Sie gestand der FPÖ (seit 1949) und bis 1974 auch der SPÖ Regierungssitze zu. Die 35-jährige Koalition mit der FPÖ könnte nun zu Ende gehen – hat Sausgruber doch angesichts des “Exil-Juden”-Sagers von Parteichef Dieter Egger erklärt, mit den Blauen nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen.

Kein Thema ist die “Absolute” in Oberösterreich, wo eine Woche nach Vorarlberg gewählt wird. Dort braucht die ÖVP seit 1991 Koalitionspartner – und hat zuletzt statt der SPÖ die Grünen auserkoren.

Absolute Mehrheiten waren in den ersten Jahrzehnten der Zweiten Republik in den Landtagen beinahe die Regel. Mit dem Aufstieg der FPÖ unter Jörg Haider (1986 bis 2000) gingen sie aber reihum verloren, Ende der 90er-Jahre gab es keine einzige mehr. In fünf Ländern – Burgenland, Wien, NÖ, Vorarlberg und Tirol – brachte die erste Wahl unter der schwarz-blauen Bundesregierung den LH-Parteien die Absolute zurück. Damals verlor die FPÖ bei allen Wahlen dramatisch. Jetzt, mit ihrem Wieder-Erstarken, sind auch die Absoluten wieder gefährdet.

Statisktik der letzten Wahl:
Damals regierende Landeshauptleute sowie Stimmenanteil und
Mandate der stimmenstärksten Partei:

 Land       Landeshaupt-      Partei  Stimmen-  Mandate  Mandate
            mann/frau                 anteil    Partei   insges.

 Burgenland Hans Niessl        SPÖ     52,18     19       36
 Kärnten    Jörg Haider        BZÖ 	  42,43     16       36
 NÖ         Erwin Pröll        ÖVP     54,39     31       56
 OÖ         Josef Pühringer    ÖVP     43,42     25       56
 Salzburg   Gabi Burgstaller   SPÖ     39,37     15       36
 Steiermark Franz Voves        SPÖ     41,67     25       56
 Tirol      Herwig van Staa    ÖVP     40,50     16       36
 Vorarlberg Herbert Sausgruber ÖVP     54,92     21       36
 Wien       Michael Häupl      SPÖ     49,09     55      100

   Absolute Mehrheiten in den Bundesländern seit 1945:

   Burgenland:       ÖVP 1945-1953
                     SPÖ 1968-1972, 1977-1987, ab 2005
   Kärnten:          SPÖ 1970-1989
   Niederösterreich: ÖVP 1945-1993, ab 2003
   Oberösterreich:   ÖVP 1945-1949, 1955-1967, 1979-1991
   Salzburg:         ÖVP 1945-1949, 1984-1989
   Steiermark:       ÖVP 1945-1949, 1965-1970, 1974-1991
   Tirol:            ÖVP 1945-1999, 2003-2008
   Vorarlberg:       ÖVP 1945-1999, ab 2004
   Wien:             SPÖ 1945-1996, ab 2001
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