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Eine Lehre, die Zukunft stickt

Bei Hoferhecht Stickereien in Lustenau lernt der 17-jährige Sahel Soltani den Beruf des Textiltechnologen – ein Handwerk zwischen Tradition, Präzision, Hightech und internationaler High Society.

Stickerei hat in Lustenau eine lange und bedeutende Geschichte. Bei Hoferhecht, einem traditionsreichen Familienbetrieb in fünfter Generation, trifft sie auf modernste Technologie und internationales Flair: Die bestickten Stoffe aus Vorarlberg finden ihren Weg in die Haute Couture in Paris, auf die roten Teppiche Hollywoods, in europäische Königshäuser – ebenso wie in die farbenfrohe Festkultur Nigerias oder die Mode arabischer Länder. Im Gespräch gibt der 17-jährige Sahel Soltani, der derzeit die Lehre zum Textiltechnologen absolviert, einen Einblick in seinen Ausbildungsalltag in der Stickerei in Lustenau.

Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus? Welche Aufgaben hast du? Ich bereite Stoffe und Garne vor, spanne sie auf, kontrolliere die Maschinen und bespreche mit Kolleginnen und Kollegen die nächsten Arbeitsschritte. Besonders gerne arbeite ich direkt an der Stickmaschine – da kann man nämlich beobachten, wie das Muster Schritt für Schritt Form annimmt.

Was gefällt dir besonders an deiner täglichen Arbeit? Mich fasziniert, dass aus einfachen Stoffen mit jedem Arbeitsschritt etwas Einzigartiges entsteht – feine, hochwertige Stickereien, die Präzision und Kreativität vereinen. Am meisten Freude habe ich, wenn ein Stoff fertig bestickt ist und man das Design auf dem finalen Produkt erkennt. Dann wird greifbar, wie viel Arbeit und Feingefühl in jedem Stück steckt – und dass sich die Mühe wirklich lohnt. Die bestickten Stoffe sind das Ergebnis von Technik, Geduld und Sorgfalt. Besonders schön ist es, wenn man weiß, dass sie später ihren Weg in die große, weite Welt finden und manchmal sogar von berühmten Persönlichkeiten getragen werden. Das macht mich stolz und motiviert mich jeden Tag aufs Neue.

Eine Lehre zum Textiltechnologen ist ja eher selten. Wie bist du darauf gekommen? Ich habe die Lehrstelle damals über das AMS gefunden. Dann habe ich mir Videos angesehen, um mehr über den Beruf zu erfahren und mir besser vorstellen zu können, was man als Textiltechnologe so macht. Ich habe gleich gemerkt, dass mich das interessiert und mich beworben.

Du bist jetzt im zweiten Lehrjahr. Wie ist die Ausbildung eigentlich genau aufgebaut? Die Ausbildung dauert insgesamt dreieinhalb Jahre. In der Berufsschule Dornbirn haben wir Blockunterricht über zehn Wochen, danach geht es wieder in den Betrieb. Das ist super, weil man sich in der Schule ganz auf das Lernen konzentrieren kann. In der Theorie geht es unter anderem um Textilwirtschaft und Textilkunde – also um die Beschaffenheit verschiedener Materialien wie Leinen oder Seide, ihre Besonderheiten und die unterschiedlichen Produktions- und Verarbeitungsprozesse, vom Weben der Baumwolle über das Stricken und Spinnen bis hin zum kunstvollen Sticken. Im Betrieb steht dann die Praxis im Mittelpunkt: Dort wird gezielt an der jeweiligen Spezialität des Unternehmens gearbeitet – bei mir ist das eben die Stickerei. Vorgesehen ist zudem auch der österreichweite Austausch unter den Lehrlingen, die für eine gewisse Zeit in einen weiteren Betrieb schnuppern dürfen.

Ein besonderer Moment in deiner Lehrzeit, an den du dich gerne erinnerst? Als ich das erste Mal die Stickmaschine selbst führen durfte – das war eine ziemlich große Verantwortung. Mein Ausbildner hat mir damit viel Vertrauen entgegengebracht. Das schätze ich sehr.

Was möchtest du nach der Lehre machen? Ich möchte mich auf jeden Fall weiterbilden – denn Lernen hört für mich nie auf. Besonders interessiert mich das Punschen, also das gezielte Programmieren der Stickmaschinen, damit diese das Design exakt umsetzen. Dieser Bereich erfordert höchstes technisches Know-how, und Erfahrung, die über die Lehre hinausgeht.

Was rätst du anderen, die sich vielleicht für den Beruf interessieren? Probiert es aus! Seid offen, neugierig und bringt eine gute Portion Geduld mit. Wer gerne mit Technik, Farben und Stoffen arbeitet, findet in der Stickerei ein wirklich spannendes Berufsfeld, das viele Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bietet – sowohl regional als auch international.

Factbox:

• Ausbildungsdauer: 3,5 Jahre (Berufsschule Dornbirn 2, Blockschule – einzigartig in Österreich).

• Inhalte: u. a. Führung und Rüsten von Großstickmaschinen, Wartung, kleine Reparaturen; Produktionsüberwachung; Arbeiten an der Punchanlage, Textilkunde

• Voraussetzungen:
Pflichtschulabschluss, Interesse an Technik, Gespür für Textilien, handwerkliches Geschick

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