AA

"Ein ungünstiger Jahrgang" / Teil 2: Der 2.Weltkrieg

Unteroffizier Engelbert Gorbach
Unteroffizier Engelbert Gorbach ©Sammlung Rupp (GAH)
Engelbert Jochum - 2.Weltkrieg

Vor dem Ausbruch des Weltkrieges hatte Engelbert Gorbach aus Hörbranz von 1908 bis 1911 bei der Firma F.B. Hörburger in Bregenz den Beruf des Kaufmännischen Angestellten erlernt und dann von 1911 bis 1913 in Dornbirn bei Gottfried Schelling gearbeitet. Nach der Heimkehr aus Italien trat Gorbach als Handelsgehilfe in die Buchdruckerei J. N. Teutsch in Bregenz ein. Im Laufe der Jahre wurde ihm auf Grund seines besonderen Eifers und seiner peniblen Genauigkeit die selbständige Führung der Kundenbuchhaltung übertragen. Insgesamt 23 Jahre lang (1920 bis 1943) arbeitete er nun bei J.N.Teutsch, bis er am 16.November 1943 wieder als Soldat – diesmal als Teilnehmer des 2.Weltkrieges – einrücken musste. Wieder gelangte Engelbert Gorbach nach Italien.

In seinem Privatleben war Engelbert Gorbach stark in das Gemeindeleben integriert. Dem Nationalsozialismus stand er sympathisierend gegenüber. “Vor allem der ‚Anschluss’ Österreichs an Deutschland freute ihn, da ihm die Grenze zuwider war. Zudem stammte seine Frau Fanny Seeberger aus Amtzell (D)”, erinnert sich sein Sohn Eugen.

In einer Auflistung für die Jahre 1939 bis 1942 führte Gorbach seine Tätigkeitsbereiche auf:
“1.Gemeinderat
2 Ortsschulrat
3. Betriebsrat
4. Fremdenverkehrsverein-Führer
5. Spar- und Darlehenskassa-Überprüfungs-Ausschuss-Vorsitzender
6. Gemeinde-Vermittlungsamt-Beisitzer
7. Reichsluftschutz-Untergruppen-Kassier
8. Vormundschaften
9. Gemeindebücherei-Leiter
10.Reichskrieger-Kameradschaft-Propagandist”

Engelbert Gorbach heiratete am 29.9. 1929 Fanny Seeberger, die ihm am 18.4.1933 einen Sohn (Eugen) gebar. Eugen Gorbach, pensionierter Postbus-Chauffeur, bewahrt das Andenken seines Vaters, der zu den “unglücklichen, ungünstigen” Jahrgängen zählte, die die Not und das Elend von zwei Weltkriegen und zwei Kriegsgefangenschaften miterleben mussten.

Im Jahre 1931 unternahm Engelbert Gorbach mit seiner Frau eine Reise nach Südtirol, wo er die Stätten seiner Stationierung während des 1.Weltkrieges in den Dolomiten aufsuchte. Bei der Begehung des Monte Piano gelangte er auch zu jener Kaverne (Anmerkung: künstlicher geschaffener Hohlraum im Fels), in der er als Kriegsgefangener im Jahre 1916 erstmals verhört wurde. Gorbachs persönliche Art der “Vergangenheitsbewältigung” äußerte sich darin, dass er “in dieses Felsloch hineinschiffte” (urinierte).
40 Jahre später – 1971 – unternahm Engelbert Gorbach mit seinem Sohn Eugen eine zweite Fahrt in die ehemals heiß umkämpften Dolomiten. Engelbert Gorbach konnte dabei auch den Platz seiner vorgeschobenen Feldwache, wo er in italienische Gefangenschaft geraten war, genau fixieren.

1943 bis 1945
Am 6.11. 1943 hatte sich Engelbert Gorbach in der Knabenvolksschule Belruptstraße (Bregenz) zur Musterung einzufinden. Mit 175 cm Körpergröße, mit ovalem Gesicht, Schnurrbartträger, blonden Haaren und blaugrauen Augen sowie Schuhgröße 43 wurde Gorbach – mittlerweile 51 Jahre alt – für tauglich befunden. “Dass mein Vater in diesem Alter sofort als tauglich eingestuft wurde, das machte ihn ein bisschen stolz”, so Eugen Gorbach. “Dass er nun einrücken musste, geschah ohne Begeisterung. Es war für ihn ein ‚eisernes Muss’.”
Am 15. November 1943 begann für ihn der 2.Weltkrieg, der ihn abermals nach Italien führte. Als Unteroffizier der Grenzwacht-Kompanie XVIII/1, die dem Landesschützen-Ersatz-Bataillon 18, Lienz, zugeteilt war, gelangte er wieder “in den Süden”. Gorbachs Dienstorte waren der Rangier-Bahnhof Branzoll, wo er als Wachkommandant des Militär-Stations-Kommandos fungierte. Andere Dienststellen waren das Wohnungsamt Bozen sowie die Kraftwerkswache Feltre bei Belluno.

Am 21.7. 1944 wurde die Wache beim Kraftwerk in Fonzano, die Gorbach gemeinsam mit 10 Kameraden zu bewachen hatte, nachts zwischen 3 und 4 Uhr “von einem wilden Haufen Partisanen” überfallen. Glücklicherweise blieb die Wache – wie auch die Nachbarwachen – in dieser Nacht ohne Verluste. Die Überfälle durch Partisanen sowie das Verschleppen und Töten von Kameraden, ließen Gorbach in den letzten Kriegsmonaten wieder auf “Distanz” zum Nationalsozialismus gehen. Mehrere Partisanenüberfälle machten die Kraftwerksbewachung zum gefährlichen Unternehmen. Zu seinen Untergebenen sagte Unteroffizier Gorbach, dass im Falle einer Partisanenübermacht ein Widerstand sinnlos sei und jeder danach trachten solle, sein Leben zu retten. Einmal – in einer besonders brenzligen Lage, eilte Gorbach ins Obergeschoss des Wachlokals, um seine Zivilkleider anzuziehen. Es blieb unbemerkt, denn innerhalb der Deutschen Wehrmacht, wäre dieses Verhalten bestimmt nicht ohne Folgen geblieben.
Eine andere lebensgefährliche Situation erlebte Gorbach in Bozen: “Ich hatte damals am Walther-Platz ganz in der Nähe des alten Hotel ‚Greif’ das Militär-Quartieramt zu betreuen und ging bei dienstfreier Zeit des öfteren nach Runkelstein. Auch einmal mit Onkel Georg und nach dem Heimgang in Bozen mussten wir einen schweren Bomben-Angriff in Kauf nehmen.”

Am 5.5. 1945 geriet Gorbach in Kriegsgefangenschaft und wurde nach Rimini, Lager 5B, gebracht. Dort war er mit seinen Kameraden in Zelten untergebracht. Zwischen Cervia im Norden und Riccione im Süden Riminis lebten bei Kriegsende und in den folgenden Monaten und Jahren 150.000 deutsche Gefangene in einer Reihe von großen Lagern. (vgl. Matthias Weindel: Leben und Lernen hinter Stacheldraht). “Mein Vater konnte Wärme und Hitze gut ertragen, sodass ihm die gnadenlos herunter brennende Sonne in Rimini nichts ausmachte”, erinnert sich Eugen Gorbach. “Mein Vater sagte, dass wenn er Krieg und Gefangenschaft im Norden oder im Osten hätte erleben müssen, er eher nicht mehr nach Hause gekommen wäre.”

Am 10. August 1945 – nach knapp mehr als dreimonatiger Kriegsgefangenschaft – kehrte Engelbert Gorbach wohlbehalten nach Hörbranz zurück. “Obwohl mein Vater Parteimitglied gewesen war und sogar – ohne sein Wissen (?) eine ‚Illegalen-Nummer’ besaß – bekam er keine nennenswerten Probleme. Er hatte mit dem Nationalsozialismus abgeschlossen, stand jedoch dazu, dass er zwischen 1938 und 1945, mit dem neuen Regime sympathisiert hatte. Nicht so wie viele andere, die vor 1945 niemals irgendwo dabei gewesen sein wollten.”

Die Jahre nach dem Krieg
Die beiden Weltkriege mit den Gefangenschaften hatten nachhaltig in das Leben von Engelbert Gorbach und vielen anderen seiner Generation eingegriffen. Wertvolle Jahre, oft auch Gesundheit sowie Berufs- und Familienplanung waren für den Kaiser und dann den Führer “geopfert” bzw. “verschoben” worden. Kinder mussten jahrelang ohne Väter aufwachsen, Ehefrauen trugen die gesamte Last von Beruf, Kindererziehung, Haus und Garten.

Von 1945 bis 1949 arbeitete Engelbert Gorbach im “Wasserwerk Diezlings”, anschließend knapp vier Wochen bei Franz Hainzl in Hörbranz, bis er am 27. Juni 1949 bei der Firma Sannwald als “Rauher” eine Beschäftigung fand, die er 10 Jahre lang ausübte. Am 28. Februar 1959 trat er in den wohlverdienten Ruhestand. Engelbert Gorbach konnte noch viele Jahre der Pension genießen, bis er am 21. Februar 1977 im Alter von 85 Jahren verstarb.

Bericht: Willi Rupp,

  • VOL.AT
  • Hörbranz
  • "Ein ungünstiger Jahrgang" / Teil 2: Der 2.Weltkrieg