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Ein Schneemann für Anna Sophia

Feldkirch - Fabian ist ein Wunschkind, auf das seine Eltern sechs Jahre warten mussten. Anna Sophia war es auch. Doch der Bub hat sein lang ersehntes Schwesterchen nur einmal gesehen.

Bevor es in einen kleinen weißen Sarg gelegt wurde. Einen Tag vor dem festgelegten Geburtstermin starb das zweite Kind von Monia und Alexander Allgäuer im Mutterleib. Ohne Anzeichen. Ohne Vorwarnung.

Ein kleiner Dank

Monia Allgäuer wirkt nach außen stark und gefasst. ,,Die Leute tun sich leichter, wenn ich sage, dass es mir wieder einigermaßen gut geht“, erzählt sie. Ihre Seelenqualen stellt die 32-Jährige nicht ins Schaufenster. Die hat sie niedergeschrieben. Nur für sich. Einen kurzen Auszug schickte Monia Allgäuer aber auch an die ,,VN“. Weil ,,ich nicht weiß, wie ich mich sonst bei jenen bedanken kann, die meiner Familie in den schweren Stunden beigestanden sind“. Es waren einige: Die Rotkreuz-Mitarbeiter Thomas, Wolfgang und Daniela, Primar Dr. Peter Schwärzler, Leiter der Geburtshilfeabteilung am LKH Feldkirch, und sein Team, die Hebammen Sonja und Caroline, Frau Dr. Länge und die Beraterinnen von ,,schwanger.li“. ,,Sie haben uns so sehr geholfen“, sagt Monia Allgäuer mit bewegter Stimme. Das noch immer Unfassbare geschah vor sechs Wochen. Die junge Frau aus Feldkirch war zum zweiten Mal schwanger. Sie erlebte eine unkomplizierte Zeit. Weil es beim ersten Kind Probleme gab, planten die Eltern aber von Beginn an einen Kaiserschnitt. Nach einer ausführlichen Untersuchung im LKH Bludenz wurde die Entbindung auf den 13. November fixiert. Der offizielle Geburtstermin wäre am 21. November gewesen. Kaum hatte das Paar das Krankenhaus verlassen, bat die Ärztin telefonisch um eine Verschiebung des Termins um zwei Tage. ,,Natürlich war das für uns kein Problem“, so Monia Allgäuer. Auf zwei Tage kam es nicht mehr an. Donnerstag, 15. November 2007, würde jetzt auf der Geburtsurkunde von Anna Sophia stehen. Noch eine Untersuchung am Montag. Alles war in Ordnung. Dienstagabend setzten bei der Mutter erste Wehen ein. Sie beunruhigten Monia Allgäuer nicht. Im Gegenteil: ,,Mein Mann und ich scherzten noch, dass das Baby wohl doch auf normalem Weg geboren werden will.“

Dramatische Stunden

Trotz der Wehen schläft die Hochschwangere schließlich ein. Eine Erklärung dafür hat sie bis heute nicht. Mitten in der Nacht wacht Monia Allgäuer auf. Keine Schmerzen mehr, aber nass bis zum Brustkorb, weil Fruchtwasser abgegangen war. Sie behält die Nerven, ruft die Rettung und gibt ihrem Mann Anweisungen, die Sachen zusammenzupacken. Dann geht plötzlich alles sehr schnell. ,,Das Fruchtwasser kam in großen Mengen, ich begann zu frieren, spürte jedoch keine Kälte“, erinnert sich Monia Allgäuer. Die Sanitäter kommen und tragen sie ins Rettungsauto. Dort stellen sie fest, dass die Mutter Blut verliert. Sofort wird die Fahrt mit Blaulicht fortgesetzt.

Abschied genommen

Im Krankenhaus bringen alle Untersuchungen das gleiche Ergebnis. Anstelle des pulsierenden Herzchens ist nur noch ein kleiner schwarzer Fleck zu sehen. ,,Unser Baby. Tot. Einen Tag vor seiner Geburt.“ Monia Allgäuer sagt es ganz leise. Die Szenerie im Kreissaal: Eine unwirtliche. Der Vater bricht fast zusammen. Ärzte und Hebammen reagieren tief betroffen. Am Mittwochnachmittag wird Anna Sophia per Kaiserschnitt geholt. Ein kerngesundes Baby. Wie es aussieht, wird es keine Erklärung für sein spontanes Sterben geben. An seinem eigentlichen Geburtstag findet das Mädchen im Familiengrab die letzte Ruhe. Alle haben sich von ihm verabschiedet. Auch Fabian bekommt die Möglichkeit. Zu Hause baut er dann einen Schneemann für Anna Sophia.

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