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Ein Polster für den Notfall

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Birgit Entner-Gerhold im Gespräch mit Helmut Mennel.
Birgit Entner-Gerhold im Gespräch mit Helmut Mennel. ©VOL.AT
Die Gasspeicher sind gefüllt. Das ist die gute Nachricht der illwerke vkw, auf die allerdings ein großes Aber folgt.

So reichen die 700 Gigawattstunden zwar nach Angaben des Energieversorgers aus, um den Bedarf im Land zu decken. Ist er aber aufgebracht, habe man auch den Notgroschen ausgegeben, sagt Energielandesrat Daniel Zadra (Grüne). Die Gaskrise sei also keineswegs abgewendet. „Oberstes Ziel muss nach wie vor sein, Energie zu sparen. Was wir nämlich nicht verbrauchen, bleibt in den Speichern.“

Volldeckung erreicht

Helmut Mennel, Vorstand bei illwerke vkw, sprach bei Vorarlberg LIVE von einer Situation, die Sicherheit für den kommenden Winter gebe. Es sei Volldeckung erreicht.

Um überhaupt zum Gas zu kommen, ist Vorarlberg aber von Deutschland abhängig. Eine Absichtserklärung zwischen Energieministerin Leonore Gewessler und dem deutschen Vizekanzler Robert Habeck (beide Grüne), sollen das Durchleitungsrecht sichern. Das dafür notwendige nachbarstaatliche Abkommen steht aber noch aus. „Die technische Umsetzung wird gerade bilateral besprochen“, erklärt Zadra. Aus dem Energieministerium heißt es auf VN-Anfrage, dass derzeit mit allen Nachbarstaaten Solidaritätsabkommen verhandelt würden. „Mit Deutschland wurde ein entsprechendes Abkommen bereits im Dezember 2021 unterzeichnet. Darüber hinaus wird ein Ressortabkommen für die Verantwortung der Speicherbefüllung ausgearbeitet. Das Abkommen liegt derzeit in Deutschland zur fachlichen Prüfung.“

Füllstand bei 98 Prozent

Die illwerke vkw sicherten sich bereits im Frühjahr einen Speicher in einem ehemaligen Erdgaslagerfeld im Grenzgebiet von Salzburg und Oberösterreich auf den sogenannten 7Fields. Dabei handelt es sich nicht um ein Gebäude, sondern um stillgelegte Förderstätten, wo einst Erdgas aus den Gesteinsschichten gewonnen wurde. Jetzt wird dort eingelagert. Die zwei Speicherscheiben, welche die illwerke vkw übernommen haben, sichern insgesamt einen Verbrauch von 700 GWh, und sind direkt ans deutsche Netz angeschlossen. Der Füllstand liegt bei 98 Prozent.

Mennel zufolge ist der Bedarf der Haushalte abgedeckt, ebenso bei den Gewerbe- und Industriekunden, die schon Gas zugekauft und bestellt hätten. Er verweist darauf, dass Industriebetriebe Gas und Strom bis zu drei Jahre in die Zukunft mit den aktuellen Terminmarktpreisen einkaufen können. Besser steht es demnach für jene, wer das schon frühzeitig gemacht hat.

Verschiedene Verträge

Auch Zadra verweist auf die unterschiedlichen Vertragsmuster. „Es gibt Unternehmen, die haben Verträge, die zwei Jahre mit gesicherten Preisen gültig sind. Andere kaufen zu Spotmarktpreisen ein.“ Das heißt, dass sich ihre Stromrechnung vervielfachen werde. Das Land könne da nicht in die Bresche springen. „Da hilft nur eine europäische Lösung, um den Preisbildungsmechanismus zu adaptieren.“ Zadra spricht damit das sogenannte Merit-Order-Prinzip an. Demnach sind Storm- und Gaspreis aneinandergekoppelt, was die Strompreise massiv treibt.

Wirtschaftskrieg

„Es handelt sich nicht um irgendeine Besonderheit des Strom- oder Gasmarktes“, sagt Mennel zu diesem System. Derzeit befinde man sich aber in einem Wirtschaftskrieg um Gas, die Preise seien jenseits jeder Vorstellungskraft gestiegen und hätten jene am Strommarkt mitgezogen. In diesem Zusammenhang thematisiert er den Energieministerrat am Freitag in Brüssel, bei dem das Merit-Order-Prinzip besprochen werden soll. Änderungen könnten mitunter Effekte auslösen, die nicht beabsichtigt sind, warnt er. „Aber wir sind jetzt in einer außerordentlichen Situation, ich würde es fast als Notsituation sehen, und da muss man notwendige Überlegungen anstellen, ob man in den Markt eingreifen kann.“ Dies habe aber auf europäischer Ebene zu geschehen.

Eiserne Reserve

Für Zadra bleibt zentral zu betonen, dass die nun vollen Gasspeicher nur eine eiserne Reserve sein können. „illwerke vkw haben hier sehr vorausschauend geplant. Man muss sich für schwierige Zeiten aber einen Notgroschen zurückhalten. Wir haben eine gute Ausgangslage, die uns aber nicht darüber hinwegtäuschend darf, dass Energiesparen nötig ist.“ Jetzt beginne die Heizsaison, hier sei also jede und jeder aufgerufen, was zu tun.

Im Energiebereich gebe es viele Unsicherheitsfaktoren. Unter anderem sei Russland kein verlässlicher Partner mehr. „Das einzige was von dort beständig kommt sind Ausflüchte und Lügen.“ Gleichzeitig müsse der Ausbau erneuerbarer Energie vorangetrieben werden. „Das ist mittel- und langfristig der einzige Weg aus der Abhängigkeit.“

(VN/VOL.AT)

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