Ein Papst, der Donald Trump herausfordert

Rom erlebt einen seltenen Moment globaler Einigkeit: weißer Rauch, jubelnde Menschen auf dem Petersplatz, sonniges Maiwetter. Die Wahl eines neuen Papstes sorgt nicht nur in kirchlichen Kreisen für Emotionen – sie setzt Zeichen, auch politisch. Mit Robert Francis Prevost, 69, wird erstmals in der Geschichte ein US-Amerikaner zum Oberhaupt der katholischen Weltkirche gewählt. Doch es ist ausgerechnet einer, dessen Biografie, Sprache und Haltung dem aktuellen Kurs der US-Regierung diametral gegenübersteht.
Papst Leo XIV.: Sein erster Auftritt im Vatikan
Papst Leo XIV., wie sich Prevost künftig nennt, stammt zwar aus Chicago, doch die entscheidenden Jahrzehnte seines Wirkens verbrachte er in Lateinamerika – in einem Umfeld, das von Ungleichheit, Reformbedarf und spiritueller Erneuerung geprägt war. Sein erster Auftritt im Vatikan zeigt: Dieser Papst versteht sich als globaler Vermittler, nicht als Machtpolitiker. Und gerade deshalb dürfte seine Wahl im Weißen Haus auf wenig Begeisterung stoßen.
Frieden statt Konfrontation
Während Präsident Donald Trump in seiner zweiten Amtszeit erneut auf Stärke, nationale Interessen und kulturelle Abgrenzung setzt, verkündet Leo XIV. bei seinem ersten Auftritt nur wenige Worte – aber sie reichen: "Friede sei mit Euch." Kein einziges Wort auf Englisch, seiner Muttersprache, kein Appell an Amerika. Stattdessen spricht er Italienisch und Spanisch, um seine Verbundenheit mit der römischen Kurie und dem Globalen Süden zu unterstreichen.
Leo XIV. steht für eine Kirche, die soziale Gerechtigkeit über nationale Interessen stellt. Er spricht von "Brücken statt Mauern", vom "camino", dem Weg – nicht von Grenzen oder Gegnern. Damit ist seine Linie klar: Er bringt den Spirit Franziskus’ weiter – aber ohne dessen pastorale Müdigkeit am Ende des Pontifikats.
Unbequem für konservative Strategen
Die katholischen Hardliner im Team Trump hatten sich mehr erhofft: einen Rückschritt hinter die Öffnungen der vergangenen Jahre, mehr Kontrolle, weniger Debatte. Dass J.D. Vance, Vizepräsident und Sprachrohr religiös-konservativer Kräfte, am Tag vor Franziskus’ Tod noch in Rom war, wurde vielerorts als Zeichen gelesen – es sollte wohl Einfluss genommen werden. Geklappt hat es nicht.
Leo XIV. steht nicht für reaktionäre Dogmen, sondern für eine offene Weltkirche. Er wurde erst 2023 zum Kardinal ernannt – ein "Frischling", aber mit mächtigem Einfluss: Als Präfekt des Bischofsdikasteriums war er zuletzt für alle Bischofsernennungen weltweit mitverantwortlich. In dieser Rolle baute er ein Netzwerk auf, das über konservative und progressive Lager hinaus reicht. Und er kennt die Spaltungen – nicht nur in der Welt, sondern in der Kirche.
Mehr als Symbolik: Eine globale Haltung
Der neue Papst steht nicht nur zwischen zwei Kontinenten – er vereint sie bewusst. Mit seiner Biografie als US-Amerikaner mit jahrzehntelanger Lateinamerika-Erfahrung bringt er Nord und Süd, Zentrum und Peripherie in einen Dialog. Auch in seiner Ansprache wird das deutlich: die Kombination aus vatikanischer Sprache, südamerikanischer Symbolik und bewusster Abgrenzung vom US-Zeitgeist.
Dass er sich den Namen Leo gibt – eine Referenz an Papst Leo XIII., den Initiator der katholischen Soziallehre – ist kein Zufall: Dieser Papst will politisch sein – aber auf seine Weise. Nicht durch Macht, sondern durch Haltung. Nicht durch Druck, sondern durch die Kraft der Worte. Und: nicht durch Allianzen mit Staaten, sondern durch Nähe zu Menschen.
Trumps Amerika und Leos Kirche: zwei Welten
Donald Trump regiert mit Direktiven, Polarisierung und klaren Feindbildern. Papst Leo XIV. setzt auf Versöhnung, Gewaltlosigkeit und globale Verantwortung. Der eine sieht Religion als kulturelles Abgrenzungsmerkmal, der andere als transnationale Kraft für Gerechtigkeit.
Es ist kein Zufall, dass der neue Papst gleich zu Beginn seines Pontifikats das Thema Frieden in den Mittelpunkt stellt – in einer Welt, die von Konflikten, Aufrüstung und nationalem Egoismus geprägt ist. Und es ist ebenso wenig Zufall, dass er ausgerechnet jetzt auf die Weltbühne tritt: als spirituelles Gegengewicht zu einer neuen politischen Härte – auch aus den USA.
Trump gratuliert Leo XIV.
Trotz aller Gegensätze ließ Donald Trump es sich nicht nehmen, dem neuen Papst öffentlich zu gratulieren. "Es ist eine große Ehre, zu wissen, dass er der erste amerikanische Papst ist", schrieb der US-Präsident auf seiner Plattform Truth Social – ein Statement, das weniger ideologisches Bekenntnis als patriotischer Reflex zu sein scheint. Die Wahl eines Landsmanns auf den Stuhl Petri ist für Trump innenpolitisch verwertbar – unabhängig davon, ob Leo XIV. mit seiner friedensorientierten Agenda der Logik der Trump-Regierung folgt.

Dass Trump sich zugleich auf ein Treffen mit Leo XIV. freut, könnte diplomatische Routine sein – oder ein Versuch, Nähe herzustellen, wo tatsächlich eine weltanschauliche Distanz klafft. Die eigentliche Botschaft dieses Pontifikats richtet sich ohnehin nicht an das Weiße Haus, sondern an die Welt.
Wie geht Papst Leo XIV. mit Trump un den USA um?
Leo XIV. wird Trump vermutlich nicht angreifen. Er wird ihn eher ignorieren. Und genau darin liegt die Provokation für den eitlen Präsidenten und seine "Buddys". Der neue Papst spricht nicht für eine Nation, sondern für eine Weltgemeinschaft. Für eine Kirche, die nicht zurückweicht, aber auch nicht mitspielt im Spiel der Macht.
Ob das reicht, um weltpolitisch Wirkung zu entfalten, wird sich zeigen. Doch eines ist sicher: Dieser Papst steht nicht für das Amerika Donald Trumps. Sondern für eine andere Vision von Menschlichkeit.
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