Ein Jahr nach der US-Wahl: Trumps Griff zur Macht ist ungebrochen
Am Mittwoch ist es ein Jahr her, dass Trump unerwartet deutlich zum 47. US-Präsidenten gewählt wurde und ihm ein Comeback nach seiner ersten Amtszeit (2017 bis 2021) gelang. Der Griff des Rechtspopulisten nach Macht ist seitdem ungebrochen. Denn für Trump bedeutet "ein großartiger Präsident" sein vor allem eines: Exekutivbefugnisse in einem Ausmaß auszuüben, wie es die fast 250 Jahre alten Vereinigten Staaten bisher nicht gesehen haben.
Trump habe "absolut einen autoritären Zug", sagt der Direktor des Programms für politisches Management an der George-Washington-Universität, Todd Belt. So reißt Trump die Kontrolle über alle Regierungshebel an sich, schickt Truppen in US-Städte, nimmt Rache an politischen Gegnern und macht Medien mundtot.
"Wir gegen sie"
Der Mord an dem ultrarechten Podcaster und Trump-Unterstützer Charlie Kirk vor knapp zwei Monaten habe diese Tendenzen noch verstärkt, sagt Belt. Für Trump gelte nun noch stärker als zuvor das Prinzip "Wir gegen sie".
Während der US-Präsident im Ausland unermüdlich den Friedensnobelpreis für sich einfordert, hat er in den USA den "Feind im Inneren" ins Visier genommen, seien es nun politische Gegner zu seiner Linken oder Migranten. In einer Rede vor führenden Militärvertretern sprach er kürzlich von demokratisch regierten US-Städten als "Übungsplätzen" für Soldaten. Auf Trumps Geheiß hin haben Beamte des Justizministeriums zudem den in Ungnade gefallenen früheren nationalen Sicherheitsberater John Bolton und den ehemaligen FBI-Chef James Comey angeklagt.
Zugleich kokettiert Trump mit der Rolle des Alleinherrschers: ob er über eine – verfassungswidrige – dritte Amtszeit sinniert, nach Massenprotesten in den USA ein Video veröffentlicht, in dem er mit einer Krone auf dem Kopf an Bord eines Kampfjets Fäkalien über Demonstranten ausschüttet, oder ob er die Nachbildung einer historischen Krone in Südkorea in Empfang nimmt.
Umfragen deuten auf geringeren Spielraum hin
Allüren eines Sonnenkönigs zeigt er zudem während der Haushaltssperre, die kurz vor dem Jahrestag seiner Wiederwahl am Dienstag zur längsten der US-Geschichte werden dürfte. Kurz bevor durch den Shutdown Lebensmittelhilfen für mehr als 40 Millionen US-Bürger – darunter zahlreiche Trump-Wähler – ausliefen, feierte der Immobilienmogul auf seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida eine rauschende Halloween-Party, bei der Champagner in Strömen geflossen sein soll.
Doch es gibt Warnsignale aus der Bevölkerung. Dazu zählen nicht nur die Proteste unter dem Motto "No kings" (Keine Könige). "Umfragen deuten darauf hin, dass (der Präsident) nicht mehr so viel Spielraum hat wie in den ersten zehn Monaten", sagt William Galston von der Denkfabrik Brookings Institution. Viele Leute "denken, er sei zu weit gegangen", betont Galston.
Der von Trump angeordnete Abriss des Ostflügels des Weißen Hauses für seinen Traum eines pompösen Ballsaals versinnbildlicht für viele Bürgerinnen und Bürger, wie der Präsident mit der Demokratie umgeht. Eine am Sonntag veröffentlichte Ipsos-Umfrage im Auftrag der "Washington Post" und des Senders ABC zeigt: Die Mehrheit der US-Wähler ist der Meinung, Trump habe seine Amtsbefugnisse überschritten.
Demokraten im Umfragetief
Das bedeutet jedoch nicht, dass Trump sein Blatt überreizt hat. Bisher hat der Oberste Gerichtshof der USA mit seiner konservativen Richtermehrheit dem Präsidenten große Handlungsfreiheit gegeben.
Zu Trumps Stärke trägt zudem die Schwäche der oppositionellen Demokraten bei, die sich seit der Niederlage ihrer Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris vor einem Jahr von Umfragetief zu Umfragetief hangeln. Als großen Test für Trump sehen Politikexperten die Zwischenwahlen zum Kongress im kommenden Jahr. "Wenn die Leute sagen, alles ist in Ordnung, dann wird Trump weitermachen", ist Galston überzeugt.
(von Danny Kemp/AFP)
(APA/AFP)
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